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Rezensionen zu
Ton für die Götter

Anuradha Roy

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Die Originalausgabe dieses Buches erschien 2021 unter dem Titel „The Earthspinner“, die deutsche Übersetzung von Werner Löcher-Lawrence 2023 im Luchterhand Literaturverlag unter dem Titel „Ton für de Götter“. Tatsächlich ist Töpfern das Leitmotiv dieses Romans, Töpfern als eine Möglichkeit künstlerischen Schaffens und eine Verbindung zur Welt und zur eigenen Geschichte: „Elango wusste, dass seine Vorstellung vielleicht nicht umsetzbar war, aber es gab keinen einfacheren Weg. Er würde auf dem Weg der Vollendung eine Reihe Fehler machen müssen. Manch einer würde es womöglich vergeudete Zeit nennen – kein Wunder, schufen die meisten Leute doch niemals etwas. Was wussten sie von den fruchtlosen, ermüdenden Tagen und Monaten, die notwendig waren, bis Hände, Herz und Verstand zusammenfanden “ S 146 Der Roman beginnt als Tagebuch von Sara, einer indischen Studentin in England, die schon als Kind bei Elango das Töpfern erlernt hat. Auf ihrem Uni-Campus gibt es auch eine Töpferwerkstatt, wo sie gerne arbeitet. „Es ist Herbst und ich studiere in England. Ich habe noch nie einen Herbst erlebt. Da, wo ich aufgewachsen bin, kommt mit dem Monsum ein milder Winter, den die Bäume nicht für bedeutsam genug erachten, um seinetwegen die Farbe zu wechseln, und schon nach Tagen beginnen die Infernos des Sommers von Neuem“ S 9 – Beginn des Romans Anuradha Roys bildhafte, sinnliche Sprache war für mich das Highlight dieses Romans. „Jetzt sitze ich auf der anderen Seite des Ozeans, an diesem Tisch an dem nichts in der Dunkelheit hinter der Lichtscheibe meiner Lampe zu erkennen ist. Ich sehe mein Spiegelbild im Fenster, und es ist, als wäre ich hier drinnen, aber mein Gesicht schwebt draußen und möchte hereingelassen werden. Ich kenne dieses Gesicht nicht. Ich muss herausfinden, wie ich mir ähneln kann. S21 Der Aufbau des Buchs ist unkompliziert: Sara, eine der Hauptfiguren des Romans schreibt in ihrer britischen Universitätsstadt ein Tagebuch, in dem sie ihr aktuelles Leben ebenso wie ihre Kindheit schildert. Sie schreibt als Ich-Erzählerin, es gibt aber auch Einschübe mit Wechsel der Perspektive und Übergang zu einem auktorialen Stil, wenn etwa die Geschichte des Hundes erzählt wird der auch eine wichtigere Rolle spielt oder der Töpfer Elango ins Zentrum des Geschehens rückt. Die Handlung des Romans ist ebenso unkompliziert wie sein Aufbau. Der indische Töpfer Elango sieht in einem Traum ein Pferd mit Flammenatem, das sich unter Wasser bewegt und beschließt so ein Pferd zu schaffen: „Ein Pferd stand in Flammen. Es streifte durch den Ozean und atmete Feuer, und wenn es die Mähne schüttelte, färbten die Flammen die Wellen feuerrot. Als es aus dem Wasser hervorbrach, war es groß wie ein Baum und das Feuer knisterte wie Papier beim Zerknittern S43 Später erfahren wir, dass das Erschaffen eines riesigen tönernen Pferds eine alte Tradition der Töpfer des Ortes ist, in dem Elango und Sara leben: „Der Teil unserer Stadt, der heute Kummarapet heißt, ging auf ein Dorf zurück, das sie ursprünglich in Andhra Pradesh gegründet hatten, und eines der Dinge, die sie aus der Vergangenheit erhalten hatten, war die Tradition, jedes Jahr ein tönernes Pferd zu schaffen – eine Tradition, die es heute nicht mehr gab, genauso wenig wie die Töpfer. Früher hatte einmal jährlich ein Fest im Tempel stattgefunden, zu dem das Pferd unbedingt dazugehörte. Die Götter verlangten ein Zeichen kollektiver Verehrung, der Grund dafür war nicht bekannt, aber die Töpfer akzeptierten es als Bestandteil ihres Lebens. Es kostete sie etliche Tage das Pferd fertigzustellen, es wurde geschmückt und geweiht und feierlich mit Musik durch die Straßen gezogen. Es war ein göttliches Pferd, den Söhnen Shivas gewidmet, dem Schutzgott des Dorfes, und bewahrte sie vor Krankheit, Banditen und allem Übel. Überbleibsel jener uralten Pferde standen noch auf dem Grund eines der alten Tempel, von Wind und Regen gezeichnet.“ S 102 Das zweite Hauptthema des Romans ist neben dem Töpfern die fast unmögliche Liebe zwischen Elango, einem Hindu und Zohra, die Muslimin ist. Eine Verbindung, die in Indien gelinde gesagt problematisch ist. Ein Freund Elangos meint dazu: „Gib den Gedanken auf (…) In diesem Land können allein Filmstars und Cricketspieler heiraten, wen sie wollen“ S 54 Elango hat die Idee Zohras Großvater, einen islamischen Schriftgelehrten und Kalligraphen zu bitten, etwas auf sein Tonpferd zu schreiben, in Urdu. Er schreibt: „Hör genau zu Weder der Veda Noch der Koran Wird dich das lehren: Leg ihm das Zaumzeug an, Den Sattel auf den Rücken, Setz deinen Fuß in den Steigbügel Und reite mit deinem ungestüm fliehenden Verstand Bis hinauf in die Himmel“ S 167 Es ist ein Gedicht von Kabir, einem indischen Mystiker des 15. Jahrhunderts, der das Ideal einer einigen Menschheit vertrat. Dies kann aber den fanatisierten Mob nicht aufhalten. Die über die Verbindung zwischen Elango und Zohra erbosten Nachbarn zerstören das Pferd, das Paar kommt mit dem Leben davon und flüchtet. „Tötet den Töpfer, zerschlagt das Pferd. Ein jeder schlage darauf ein – Gott wird mit euch sein, Gott wird mit euch sein“ S 189 Im letzten Drittel des Buchs übernimmt wieder die Stimme der Studentin Sara. Wir lernen etliche interessante Personen aus ihrem aktuellen Leben kennen. Einen Astrophysiker namens Darius, eine chinesische Studentin namens Karin, die Athletin auf olympischen Niveau ist, aber viel lieber Ingenieurswissenschaften studieren möchte. Das wichtigste Ereignis dieses Teils des Romans ist aber, dass Sara erfährt, dass Elango in London ausstellt und sie hinfährt und ihn dort trifft. Diese Begegnung schließt den Kreis der Geschichte. Der letzte Absatz gehört dem Traum des mittlerweile alten Hundes Chinna, der sich an seine erste Begegnung mit Elango erinnert: „Und dann ein tiefer, schöner Schlaf, in dem er von einem wuschelköpfigen Mann träumte, der ihn vor langer Zeit aus einem Wald mitgenommen, ihn in einem Teich gebadet, an sich gedrückt und mit Bissen aus dem eigenen Mund gefüttert hatte“ S 280 Eine Textstelle über ihren Vater, Leben und Tod, Vergänglichkeit und Metamorphosen, die mir besonders gut gefallen hat, muss hier unbedingt noch vorkommen: „Wir schliefen zum Geräusch auseinanderstebender, zusammenprallender und aneinander vorbeitreibender Erdplatten ein, die neue Berge auftürmen, Ozeane aufwühlen und Kontinente formen oder Zerreißen. Mein Vater wurde nur siebenundfünfzig Jahre alt, doch der Zeitrahmen seines Denkens umfasste Milliarden von Jahren. In seinem persönlichen Atlas waren Pangaea, Gondwana und Laurentia Kontinente wie Asien und Afrika, und einen versteinerten Ammoniten, dessen Spirale sich über Millionen von Jahren entrollte, fand er nicht unbedingt alt. (…) Ihn faszinierte die Vorstellung, dass der Himalaya einmal unter Wasser gestanden hatte, von Meereswesen bevölkert, und zwar vor nur etwa sechzig Millionen Jahren. Es fiel ihm leicht sich vorzustellen wie die afrikanische und die europäische Platte in Zeitlupe gegeneinanderstießen, wie unter dem Bersten und Knirschen titanischer Wellen neue Berge in die Höhe wuchsen und keuchende Fische und Kalamare mit sich nahmen, die langsam versteinerten. Wenn Meerestiere an Land als Fossilien weiterlebten, denke ich jetzt, ist auch mein Vater nur in ein anderes Element übergegangen, und ich werde ihn irgendwo in anderer Form wiederfinden. Aus warmem, lebendigen Fleisch wurde er zu Asche, die wir in den Fluss gestreut haben. Ich hatte gedacht, das sei die gründlichste Auslöschung jeder Spur körperlichen Seins. Aber jetzt, da ich mich mit Glasuren beschäftige, frage ich mich, ob er es amüsant oder entsetzlich finden würde, wenn ich mir von Zeit zu Zeit wünsche, seine Asche zu einer Glasur zu verarbeiten. Wusste er, dass seine Steine und Fossilien, ja sogar seine eigenen Knochen, dazu benützt werden können, Ton zu färben ? Könnte ich nur in das Element hineinreichen, in dem er sich im Moment aufhält, was immer es sein mag, ich würde ihm in meiner gerade fertiggestellten kobaltblau glasierten Tasse einen Tee servieren “ S17 ff

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Eine Liebe die die Gesellschaft nicht anerkennt, eine Liebe zur verlorenen Heimat - dieser Roman hat mich ganz besonders berührt. Der Töpfer Elango wacht  eines Tages auf und weiß, dass er ein Terrakotta-Pferd schaffen muss. Er will es für Zohra tun, eine Muslimin, die er schon lange liebt, obwohl diese Liebe immer noch ein Tabu ist in Indien. In England wiederum töpfert auch Sara, Elangos Schülerin, weil es im fremden Internat ihre einzige Verbindung zur verlorenen Heimat ist. 🌸Das ist eine Liebesgeschichte, die nicht nur abgedroschene Klischees nacherzählt. Es ist mitreißend, berührend, es macht wütend auf die Ungerechtigkeit und versöhnt durch die Liebe zwischen den Menschen. Die Themen des Buches sind unglaublich vielschichtig und interessant. Auch jetzt noch nach dem Lesen muss ich darüber nachdenken. 🌸Die Sprache und Erzählweise der Autorin ist nicht nur lebhaft, sondern auch so bildhaft, dass man sich wunderbar in die Geschichte und die Gefühle der Charakter einfühlen kann. . 🌸Mich hat das Buch sehr berührt und mitgerissen, ich würde es immer wieder lesen.

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Der neue Roman der indischen Autorin Anuradha Roy: „Ton für die Götter“ ist wieder ein wunderbarer Leseschatz! Der Töpfer Elango verliebt sich in Zohra. Eine Liebe, die so nicht sein darf, da Zohra Muslimin und Elango Hindu ist. Ein mystischer Traum, den Elango in einer stürmischen Nacht träumt, läßt in ihm den Entschluss zu einem besonderen Projekt reifen. Er wird ein großes Terrakotta-Pferd erschaffen um so seine Liebe zu Zohra zu besiegeln. Doch er hat nicht mit dem Pöbel und Aufstand der Dorfbewohner gerechnet. Einige Jahre später sitzt die junge indische Studentin Sara in ihrem Studentenwohnheim im kalten London. Fern der Heimat, und mit großem Heimweh im Herzen, erinnert sie sich an das Töpfern, dass sie als Kind erlernt hat. So setzt sie sich wieder an die Töpferscheibe, um ihrer Heimat nahe zu sein. Elango, Zohra, Sara und der Hund Chinna - diese vier Figuren bilden das Hauptquartett in dieser Geschichte. Wie und ob sie zueinander finden werden? Anuradha Roy erzählt von Menschen, Tieren und indischen Mythen von Vorurteilen und der Macht der Liebe. Schon den vorherigen Roman von Anuradha Roy, „Der Garten meiner Mutter“, habe ich sehr gern gelesen. „Ton für die Götter“ liest sich ebenfalls wieder genau so schön! (Tolle Übersetzung von Werner Löcher-Lawrence!)

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Ich habe das Buch im Bloggerportal entdeckt und musste es einfach anfragen. Ich töpfere selbst gerne und konnte es kaum erwarten, die Geschichte über einen Töpfer und seine Schülerin zu lesen. Zu Beginn des Buches erzählt die Ich-Erzählerin Sara in Tagebuchform von ihrer ersten Zeit im fremden England zu Beginn ihres Studiums. Im folgenden Abschnitt wechselt die Erzählung dann fließend zwischen personaler und auktorialer Perspektive und der Ich-Erzählerin. Dies macht allerdings beim Lesen keine Schwierigkeiten, da man immer genau weiß, um wen es gerade geht und wann und wo man sich befindet. Die Sprache ist bildhaft, poetisch und fesselnd. Die Schicksale der einzelnen Protagonisten sind berührend und spannend. Dabei wird die Handlung nicht hektisch erzählt, sondern unaufgeregt und ruhig. Anhand einer Liebesgeschichte nimmt uns die Autorin mit in das Indien 70er und 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts und beschreibt die politischen und religiösen Konflikte am Beispiel einer Dorfgemeinschaft am Rande einer wachsenden und sich ausdehnenden Stadt. Es gibt viele Parallelen zur heutigen Zeit und man möchte schreien bei so viel Ungerechtigkeit, Hass und Zerstörung. Aber es gibt auch so viele schöne und warme Momente des Zusammenhalts und der Liebe. Wunderbar beschrieben finde ich nicht nur die Liebesgeschichte, die Landschaft und das Verhältnis der Menschen untereinander. Es sind viele kleine Teile, die die Geschichte gekonnt verbinden und das mir fremde Land in mein Kopfkino holt. Beispielsweise wenn der Töpfer seinen Ton aus dem Teich fischt und nach und nach zur großen Pferdeskulptur verarbeitet. Oder wenn der fast blinde Kalligraph mit dem Hund Chinna durch die Straßen zu seiner alten Arbeitsstelle spaziert. Oder wenn Sara die Entfremdung zu ihrer jüngeren Schwester Tia beschreibt und erklärt, wie es dazu kommen konnte. Auch die mit der Zeit verschwundenen Traditionen rund um die Töpferei und mit damit verbundenen religiösen Festen in dem Dorf vervollständigen das Buch in meinen Augen zu einem Gesamtkunstwerk, das es wirklich zu lesen lohnt. Am Ende möchte ich einfach noch weiter mit Sara an der Uni bleiben und an der Töpferscheibe arbeiten. Zum Schluss kommt noch einmal Chinna zu Wort, was einen etwas melancholischen, aber auch friedlichen Abschluss bildet. Ich kann dieses Buch einfach nur empfehlen. Es hat mir sehr gefallen!

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