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Rezensionen zu
Mittagsstunde

Dörte Hansen

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Ein wunderbares und unbedingt lesenswertes Stück Heimatkunde

Von: Sigismund von Dobschütz/Buchbesprechung

08.02.2019

Drei Jahre mussten wir auf den zweiten Roman von Dörte Hansen (54) warten, deren Debüt „Altes Land“ auf Platz 1 der Jahresbestsellerliste 2015 geschafft hatte. Im Oktober erschien nun ihre „Mittagsstunde“ und verspricht, ein ähnlich großer Erfolgsroman zu werden. Hatte Hansen im „Alten Land“ die Landflucht der Großstädter zum Thema, die das Landleben zum Bauerntheater verkommen lassen, so nimmt Hansen in ihrem Folgeroman das Thema erneut auf, schildert hier aber die Flucht – oder ist es eher eine Vertreibung? – der Dorfbewohner in die Stadt. Die Bewohner von Brinkebüll, die im Dorf ihrer Vorfahren keine Zukunft sehen, geben ihre angestammte Heimat auf, um in der Stadt neues Glück zu suchen. „Es war so still im Dorf, kein Hund, kein Hahn. Kein Schleifen aus der Tischlerei, kein Hämmern mehr auf Haye Nissens Amboss. …. Man hörte keine Tiere mehr. Auch nicht die Stimmen, die die Tiere riefen, laut genug, um große Felder zu beschallen.“ Der große Umbruch kam Mitte der sechziger Jahre mit der Flurbereinigung. Haine, Hecken und Knicks am Rand jener kleinbäuerlichen Felder, die ihre Vorväter über Jahrhunderte beackert hatten, waren verschwunden. Sogar den riesigen Findling, der Jahrtausende an derselben Stelle mitten im Acker gelegen hatte, wurde, als Denkmal für die Flurbereinigung missbraucht, an die Ortseinfahrt verbracht. Nichts blieb wie früher, die alte Ordnung der Dörfler war zerstört. Wie sich das kleinbäuerliche und dörfliche Leben im nordfriesischen Geestdorf über Jahrhunderte nach ungeschriebenen Regeln abgespielt hatte, zeigt Hansen in lebendigen, prallen Bildern und atmosphärisch stimmiger Sprache mit plattdeutschen Einschüben. Voller Mitgefühl beschreibt sie ihre teilweise skurrilen Charaktere voller Ecken und Kanten. Als Leser liebt und leidet man mit diesen Dörflern. Doch trotz aller Empathie schafft es die Autorin, durch die Augen ihres vor Jahrzehnten ausgewanderten Protagonisten Ingwer Feddersen, Archäologe an der Universität Kiel, den objektiven Blick auf die eingeborenen „Dörpsminschen“ mit ihren Ecken und Kanten zu halten. An keiner Stelle ihres Romans läuft sie Gefahr, „die gute alte Zeit“ zu verherrlichen. Denn gut war die alte Zeit auf dem Land sicherlich nicht – einer der Gründe für den dörflichen Wandel. In den Erinnerungen ihrer Hauptfigur spult Hansen fünf und mehr Jahrzehnte zurück und zeigt diesen Wandel ländlichen Lebens. Der knapp 50-jährige Ingwer Feddersen hat sich in Kiel eine einjährige Auszeit genommen, um seine 90-jährigen Großeltern Sönke und Ella in seinem Heimatdorf zu pflegen. Ella leidet an zunehmender Demenz, aber Sturkopf Sönke steht sogar mit Rollator noch tagtäglich am Tresen seines Dorfkrugs. Doch längst bleiben die Gäste aus. Erst verschwanden die Hecken, dann die Störche. Die alten Kastanien am Straßenrand wurden gefällt, die Chaussee verbreitert, begradigt und asphaltiert. Die von den Bewohner früher stets eingehaltene Mittagsruhe wird jetzt gestört. Wenige Höfe wachsen, die Nebenerwerbshöfe werden aufgegeben. Städter kaufen die leerstehenden Hofgebäude und zimmern sich ihre eigene, unwirkliche Landidylle. In detailreichen und mit Humor geschilderten Episoden, die sich kapitelweise wie ein Puzzle zu einem farbigen Gesamtbild erschließen, erfahren wir einiges aus dem Dorfleben – auch manches, worüber dort niemand spricht: Nicht einmal Ingwer Feddersen kennt seinen Vater. Auch dass nicht Großvater Sönke, sondern Dorflehrer Steensen der leibliche Vater seiner schrulligen Mutter ist, wissen zwar alle, aber man spricht nicht drüber. Hansen beschreibt das Dorfleben als hartes, oft erbarmungsloses und tragisches Dasein. Doch die Dörfler hatten sich immer klaglos in ihr Schicksal gefügt: Nur drei Käsesorten im kleinen Laden, „mehr bruukt wull keen normale Minsch!“ Auch den Dorfladen gibt es längst nicht mehr. Dörte Hansens Roman „Mittagsstunde“ ist ein wunderbares und unbedingt lesenswertes Stück Heimatkunde.

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Mittagsstunde ist eine Reise in die Vergangenheit, humorvoll und einfühlsam erzählt. Dörthe Hansen beschreibt die Landschaft Nordfrieslands und die besondere, manchmal auch skurrile Art der Menschen sehr detailliert und einfühlsam. Die Charaktere sind ganz wunderbar gezeichnet und die Autorin weiß, mit einer sehr ruhigen und undramatischen Geschichte zu bezaubern. Mittagsstunde ist ein sehr empfehlenswertes Buch, das mich von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann ziehen konnte.

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Ich habe das Buch innerhalb von drei Tagen gelesen und es war ein wahrlicher Genuss. Im Zentrum des Romans steht das fiktive Dorf Brinkebüll und seine Bewohnerinnen und Bewohner, die teilweise mit skurrilen Charaktereigenschaften ausgestattet sind, so dass ich beim Lesen oftmals richtig schmunzeln musste. Im Buch werden die ca. letzten 50 Jahre des Dorfes geschildert und seine Veränderungen, die sehr plastisch dargestellt werden. Das Dorfleben wird so erzählt, wie ich es mir als Stadtmensch vorstelle: ein Gasthaus, wo Feste gefeiert werden, ein Lehrer, der Heimatkunde unterrichtet und manchmal etwas „gröber“zu den Kindern ist, Verhältnisse und Geheimnisse, die nicht sein dürften, Kuckuckskinder, Bauernhöfe, die bewirtschaftet werden und ein einziges Geschäft, wo man noch bedient wird. Das Dorfleben ändert sich jedoch mit der sogenannten Flurreinigung. Nach und nach wird erzählt, was das für Brinkebüll und seine Leute bedeutet. Für mich ist das Konzept des Romans voll aufgegangen, Vergangenheit und Gegenwart werden in den Kapiteln abwechselnd erzählt, so dass es auf ein stimmiges Ende des Buches hinausläuft, immer wieder gespickt mit Plattdeutsch, genial

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"De Welt geiht ünner!" Wenn auch ganz anders als von der leicht ver-rückten Marret immer wieder angekündigt, geht in Dörte Hansens Roman „Mittagsstunde“ tatsächlich eine Welt unter. Es ist der Untergang des Dorfes in Deutschland, hier des fiktiven nordfriesischen Dorfs Brinkebüll, der damit verbundenen Verlust von dörflichem Leben und der gesellschaftliche Wandel, der damit einhergeht, von dem die Autorin, die aus einem ebensolchen Dorf in Norddeutschland stammt, hier erzählt. Bereits ihr 2015 sowohl zum bestverkauften deutschsprachigen Roman als auch zum Lieblingsbuch der unabhängigen Buchhandlungen gekürter Erstling „Altes Land“ hatte den ländlichen Raum zum Schauplatz, hier allerdings als Rückzugsort heutiger gestresster Städter. In „Mittagsstunde“ setzt die Autorin viel früher an. Eine Handlungsebene führt in die Jahre 1965/66 zurück, die andere wechselt zu 2013/14. Im Rahmen der mit dem 1953 verabschiedeten gleichnamigen Gesetz beschlossenen Flurbereinigung kommen gewaltige Veränderungen auf Brinkebüll zu. Jahrhundertelang gewachsene Strukturen, Ordnungen und Traditionen werden durchgerüttelt und verlieren sich mit der Zeit. Das sind zunächst die kleinen Parzellen, die zur effektiveren Bearbeitung, auch durch die modernen, immer gigantischer werdenden Landwirtschaftsmaschinen, zusammengelegt werden, die Hecken und Gehölze, die gerodet werden, die Bäume und Findlinge, die weichen müssen. Zunächst freuen sich die Bewohner von Brinkebüll, dass ihre Straße begradigt und schön glatt geteert wird, auch wenn die uralten Kastanien dafür weichen müssen. Dafür lässt es sich nun formidabel Rad und Rollschuh laufen auf der neuen Wegdecke. Bis das erste Kind unter die Räder eines Lastwagens gerät. Mit der Flurbereinigung kommen auch die Landvermesser aus der Stadt ins Dorf. Einer davon macht der labilen, 17 jährigen Marret wohl „schöne Augen“, jedenfalls wird neun Monate nach den Vermessungsarbeiten der kleine Ingwer Feddersen geboren, der Hauptprotagonist des Romans. Mangels eines Vaters und angesichts der zunehmenden Verwirrtheit seiner jugendlichen Mutter, nehmen sich die Großeltern, das Wirtsehepaar Ella und Sönke, seiner an. Ihre Dorfkneipe bleibt lange, auch lange nachdem der Dorfladen der strengen Ella Koopmann und die Dorfschule geschlossen worden sind, das eigentliche Herz des alten Weilers. Hier treffen sich die Männer, wenn sie den Gottesdienst bei Pastor Ahlers überstanden haben, hier feiert das ganze Dorf Taufe, Konfirmation, Hochzeit, silberne und goldene, und schließlich Beerdigung, all die Bahnsens, Martensens, Hamkes und Ketelsens. Mit großer Liebe und Sorgfalt charakterisiert Dörte Hansen eine Dorfgemeinschaft, ohne in die Kitsch- oder Stereotypenfalle zu tappen. Ein wenig Nostalgie und Sentimentalität ist schon dabei, aber auf die angenehmste Art, und wie sollte auch nicht, wenn man vom Verschwinden etwas lange Gewachsenen erzählt. Niemals verschweigt der Roman aber, dass sich das Leben im Dorf wandeln musste, dass die Beschränktheit der Möglichkeiten, die soziale Kontrolle und Engstirnigkeit dort auch zur Last werden konnten. Es ist schon schwindelerregend, wenn man sich vergegenwärtigt, wie rasant die Veränderungen in den letzten fünfzig Jahren waren. Haben sich die Strukturen in den Jahrhunderten zuvor nur geringfügig verschoben, wird nun alles umgekrempelt. Neben der Flurbereinigung und damit unmittelbar verbunden der Konzentrierung im Agrarsektor – die „Großen“ können die riesigen Flächen immer gewinnbringender bewirtschaften, die „Kleinen“, die sich die modernen Maschinen nicht leisten können, geben auf und verkaufen an „die Großen“ -, ist es vor allem die wachsende Mobilität der Bewohner, die das Leben im Dorf so grundlegend verändert. Nicht nur die Hausfrauen werden von Dora Koopmann dabei erwischt, bei Aldi auf der grünen Wiese statt bei ihr einzukaufen, auch die Jugend flieht, zumindest Samstagnacht. So ist die Dorfdisko bei Ella uns Sönke nicht länger angesagt. Einige der Jugendlichen verlieren ihr Leben an der langgezogenen Kurve kurz hinter dem Dorfausgang. Gleichzeitig kommen die Städter nach Brinkebüll, besiedelt eine Künstlergruppe die alte Mühle, werden Alpakas gezüchtet, ein Dorfkulturverein gegründet und in der Kneipe probt die Line Dance-Gruppe. Nur Hanni Thomsen knattert immer noch mit seinem Mofa durch die Gegend. Damit befinden wir uns auf der zweiten, der gegenwärtigen Handlungsebene, die in unregelmäßigen Perspektivwechseln immer wieder gegen die Kindheit und Jugend Ingwer Feddersens geschnitten wird. Marret ist schon lange aus dem Dorf verschwunden, keiner weiß wohin. Und auch Ingwer hat sich nach dem Studium in Kiel niedergelassen. Hier lehrt er an der Universität Frühgeschichte und lebt in einer etwas unentschiedenen Ménage à trois in einer Wohngemeinschaft mit Ragnild und Claudius. Nun hat sich Ingwer ein Sabbatjahr genommen, um seine greisen Großeltern im Dorf zu pflegen. Ella ist dement und Sönke lebt mit der Sorge, dass sie die bald bevorstehende Gnadenhochzeit, die sie natürlich bei sich in der Kneipe feiern wollen, nicht mehr erleben könnte. Auf anschauliche, leise melancholische Weise schildert Dörte Hansen die Entwicklungen im Dorf, erzählt von den Menschen und lässt darüber nachdenken, wie uns unsere Herkunft prägt, was uns Zugehörigkeit bedeutet. Neben dem von ihr selbst so bezeichneten „Ende der Sesshaftigkeit“ stehen Themen wie Verlust von sozialen Bindungen, Verödung von ländlichen Gemeinden, aber auch Gegenentwürfe dazu, zudem die Sorge um die alternden Eltern völlig unangestrengt auf der Agenda des Romans. Dörte Hansen schreibt nicht nur wunderbar, sie konstruiert ihren Roman auch äußerst geschickt und spannend, lässt genau so viel Nostalgie hinein, dass es nicht sentimental zu werden droht und es dem Leser doch ordentlich warm ums Herz wird. Alle Kapitel tragen Titel von Liedern, von Schlagern, gerne auch vom von Schriftstellern aller Art offensichtlich sehr geschätzten Neil Young. „Junge, komm bald wieder“ und „Wir wollen niemals auseinander gehen“ schallen durch die Dorfkneipe. Es fällt tatsächlich schwer, sich von diesem wieder äußerst gelungenen und auch bereits die Bestsellerlisten stürmenden Roman zu trennen. Und dass sehr bald ein neues Buch von Dörte Hansen kommen wird, darauf darf man hoffen.

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Die Wolken hängen schwer über der Geest, als Ingwer Feddersen, 47, in sein Heimatdorf zurückkehrt. Er hat hier noch etwas gutzumachen. Großmutter Ella ist dabei, ihren Verstand zu verlieren, Großvater Sönke hält in seinem alten Dorfkrug stur die Stellung. Er hat die besten Zeiten hinter sich, genau wie das ganze Dorf. Wann hat dieser Niedergang begonnen? In den 1970ern, als nach der Flurbereinigung erst die Hecken und dann die Vögel verschwanden? Als die großen Höfe wuchsen und die kleinen starben? Als Ingwer zum Studium nach Kiel ging und den Alten mit dem Gasthof sitzen ließ? Mit großer Wärme erzählt Dörte Hansen vom Verschwinden einer bäuerlichen Welt, von Verlust, Abschied und von einem Neubeginn. Ich habe „Altes Land“ ein bisschen verpasst und war deshalb wirklich brennend daran interessiert, Dörte Hansen als Autorin zu entdecken. Nachdem ich dann die Inhaltsangabe zu diesem neuen Roman von ihr gelesen habe, stand für mich fest, dass ich ihn einfach haben muss, und zum Glück hat das bloggerportal mir diesen Wunsch erfüllt. Also habe ich es mir neulich auf der Couch gemütlich gemacht und was soll ich sagen, ich habe dann direkt in einem Rutsch dieses Buch verschlungen. Die Charaktere in dem Buch werden mit wenigen und kräftigen Pinselstrichen gezeichnet, und dennoch ergibt sich aus allen ein so facettenreiches Bild. Das Verhältnis von Ella und Sönke, Ingwers Mutter Maaret, Ingwer selbst und seine Dreiecksbeziehung – die Figuren wirken lebensecht, es sind nicht einfach nur Typen, sondern wirkliche Charaktere. Mit vielen ihrer Handlungen musste ich mich im Nachhinein noch beschäftigen. vieles wird nur angedeutet in diesem Roman, der immer wieder das Nichtsprechen thematisiert. Überhaupt, das Sprechen. Oder im Fall eiens Romans – die Sprache. Immer wieder gab es Passagen, die ich mir laut vorlesen mussste – manchmal auch mehrfach – weil sie so schön klingen, so einfach und doch sso tief gehen. Grade die Dialoge der Geestbewohner, die so wenig sprechen und damit so viel sagen – Dörte Hansen schafft es so gekonnt, diesen norddeutschen Geist einzufangen, dass ich einfach alles vor mir gesehen habe. Was Dörte Hansen beherrscht ist, in Nebensätzen ganze Abgründe aufzutun, ihre Gedanken ganz klar zu strukturieren und trotzdem einen solcehn Stream of Consciousness loszulassen, wie man ihn sich nicht besser wünschen kann. Ich bin absolut begeistert von diesem Buch und muss mir jetzt unbedingt „Altes Land“ besorgen. Ein absolutes Highlight für 2019 habe iich also schon direkt im Januar gefunden.

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Das ist endlich mal wieder ein Buch in dem man vollkommen ein- und untertauchen kann. Dörte Hansen hat die seltene Gabe eine ganze Welt zwischen 2 Buchdeckeln erstehen zu lassen und ihre Leser darin leben und miterleben zu lassen. Wunderbar die Schilderung des dörflichen Lebens und der Menschen die dort leben. Das Dorf verändert sich, zunächst unmerklich, dann immer gravierender und mit ihm die Menschen. Dörte Hansen braucht kein Mord und Totschlag, keine komplizierte Liebesbeziehung oder überspitzt dargestellte Charaktere - ihre Bücher leben von einer "natürlichen Spannung", ruhig geschrieben und trotzdem überraschend, nicht überzogen sondern fein in der Ausdrucksweise. Immer wieder hielt ich inne, dachte, ja, so ist das, so war das, alles wahr. Ich bin selbst „Dorfkind“, mein Auto parkt jeden Tag in der alten Scheune, direkt neben dem Eingang zum früheren Schweinestall. Zu Zeiten meines Opas hatte fast jeder im Dorf Land, ein paar Kühe, und obwohl die meisten keine Vollzeitbauern waren, mein Opa auch nicht, haben sie so ihren eigenen Verbrauch an Lebensmittel gedeckt. Heutzutage gibt es 2, 3 große Bauern im Dorf und der Rest spielt allenfalls noch Landwirtschaftssimulator. Ein ganz tolles Buch, eines meiner Jahreshighlights 2018, mit unbedingter Empfehlung zum Lesen!!

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„De Welt geit ünner“

Von: Literaturwerkstatt-kreativ / Blog

06.01.2019

„Literaturwerkstatt- kreativ / Blog“ stellt vor: „Mittagsstunde“ (Hörbuch) von Dörte Hansen Nordfriesland – Brinkebüll Der 47 jährige Ingwer Feddersen ist promovierter Archäologe und seit langem an der Uni in Kiel als Hochschullehrer tätig. Er nimmt ein Sabbatjahr, um in sein Heimatdorf Brinkebüll, wo er geboren und aufgewachsen ist, zurückzukehren. Seine Großmutter Ella ist dement und auch bei seinem Großvater Sönke lassen die Kräfte nach; dennoch hält Dieser stur wie eh und je die Stellung in der alten Dorfkneipe. Diese hat allerdings schon bessere Zeiten gesehen, genauso wie Brinkebüll. „ ……keine Schule mehr, kein Bäcker und kein Kaufmann. Keine Störche auf dem Dach der Kirche, auf den Feldern keine Kühe, nur noch Mais und Wind. Als wäre eine ganze Welt versunken“ Ingwer kümmert sich nun um die Kneipe und um seine Großeltern, die ihn groß gezogen haben. Er nutzt die Zeit um über sein Leben nachzudenken und es Revue passieren zu lassen. Dabei stellt er fest, dass er sich eigentlich nach einer dauerhaften Partnerin sehnt. Denn, so richtig glücklich ist er in seiner Kieler WG, zusammen mit Ragnhild und Claudius, nicht mehr. Und so gehen Ingwer Feddersen Gedankengänge weit zurück, eng verbunden ist dieser Streifzug natürlich mit dem Dorf Brinkebüll und dessen Geschichte. Fazit: Dörte Hansen hatte mich bereits mit ihrem Debütroman „Altes Land“ in ihren Bann gezogen und mit „Mittagsstunde“ hat sie jetzt noch eins drauf gesetzt. Ich bin einfach hin und weg. Die Autorin schafft mit Brinkebüll ein fiktives Dorfes – welches natürlich stellvertretend für viele Dörfer steht – das sich Mitte der Sechzigerjahre, mit der großen Flurbereinigung, nach und nach veränderte. Aus den kleinen Feldern wurden große Ackerflächen, Hecken verschwanden und mit Ihnen die Tiere. Die Autorin hat hervorragend für ihren Roman recherchiert und ich fand es absolut spannend, von den dörflichen Veränderungen, aber auch den Menschen die dort lebten, mehr und mehr zu erfahren. In Brinkebüll kannte jeder jeden und Geheimnisse blieben nicht lange geheim und natürlich hatte jedes Dorf auch ihre Sonderlinge. In Brinkebüll war es Marret Feddersen, die Mutter von unserem Protagonisten Ingwer Feddersen. „Marret Feddersen, die in Klapperlatschen durchs Dorf zog und prophezeite: „De Welt geit ünner“.“ Auch die anderen Charaktere des Romans hat Hansen hervorragend herausgearbeitet, ja kreiert – zum Lachen, zum Weinen, zum Schreien, zum Schütteln – alles erdenkliche Potenzial ist dabei und wird von der Autorin hervorragend in Szene gesetzt. Einfach tolle Charaktere, die man so schnell nicht vergisst. Hervorzuheben ist auch ihre sehr genaue, auf den Punkt kommende, treffsichere und facettenreiche Sprache, mit der die Autorin Kopfkino par excellence entstehen lässt. Besonders gefallen hat mir auch die immer wiederkehrende plattdeutsche Sprache, die von Hannelore Hoger als Sprecherin hervorragend umgesetzt wird. Ihre knarzige und knorrige Stimme ist einfach wie geschaffen für diese geniale Erzählung. Ich glaube solch einen dichten und ergreifenden Roman kann man nur schreiben, wenn man Land und Leute gut kennt, mit ihnen groß geworden ist und eine gute Beobachtungsgabe hat. In den Sätzen und Formulierungen spürt man deutlich die tiefe Zuneigung von Dörte Hansen zu den Menschen und der nordfriesischen Gegend. Einfach grandios und absolut empfehlenswert !!!

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Lesenswert

Von: Sabine Mach

02.01.2019

"Mittagsstunde" trifft genau meinen Nerv. Ich bin selbst 1962 geboren und in einem kleinen Dorf aufgewachsen. Zwar nicht in Norddeutschland, sondern in Bayern, aber gibt es hier überhaupt Unterschiede? Ich glaube nicht. Abgesehen von der hier eingestreuten plattdeutschen Sprache, die den Roman angenehm bereichert, sehe ich wenige. Das Dorfleben ist wohl überall gleich. Da gibt es viel Gerede und seltsame, skurrile Charaktere.  Dörte Hansen jongliert wahrhaft meisterlich mit ihren Worten. Kaum ein Satz, der nicht passt, kaum ein Abschnitt der nicht die Situation bis ins letzte Detail widergibt. Oft ist das tragisch, traurig, macht betroffen, aber dann blitzt da wieder dieser subtile Humor durch und lässt den Leser schmunzeln. Die Autorin schreibt beinahe nebensächlich, ohne Aufregung, aber trotzdem ist man wie gefesselt vom Buch. Es ist, als ob man in seine eigenen Vergangenheit reist und alles wieder von vorne beginnt. Mich hat das Buch sehr berührt und mich über meine Jugend nachdenken lassen. Ich konnte, wie Ingwer Feddersen, auch nicht schnell genug wegkommen. Wenn ich heute in mein Heimatdorf fahre, ist es fast ausgestorben, es gibt kaum noch Bauern.  Die Charaktere hat die Autorin sehr fein gezeichnet. Sie wirken wie aus dem echten Leben. Genau solche Menschen bringt das Landleben hervor.  Ich kenne Dörte Hansens Debütroman nicht, was ich schleunigst ändern werde, denn wenn man den Rezensionen trauen darf, ist er sogar noch besser, als dieser hier. Fast nicht vorstellbar, denn Mittagsstunde gehört zu meinen absoluten Highlights aus dem vergangenen Jahr.

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