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Rezension zu
DIE SONNE, DER MOND & DIE ROLLING STONES

Die Sonne, der Mond und die Rolling Stones

Von: Thursdaynext
01.06.2018

Ladies and Gentlemen, The Rolling Stones … Böse Schreiberlinge nannten die Stones vor etlichen Jahren – Jagger und Richards waren da gerade mal 51 – die „Strolling Bones„. Sie waren not amused. Keith Richards nölte, dass die Band an einem durchschnittlichen Abend immer noch ne „verdammt gute Band“ wäre, an einigen sogar die „beste Band der Welt“. Man kann von ihnen halten was man will, wenn man den Blues liebt, kommt man um die Typen nicht rum, genauso wie um den Rolling Stone, einst DAS Musikmagazin für Liebhaber lärmiger Töne. Autor Rich Cohen wurde vom RS in den 90ern gesandt um die „Schtones“, wie sie hier im Schwabenland liebevoll genannt werden auf ihrer US Tour zu begleiten. Über die Jahre hinweg ergab sich so, die „beste Stones Bio seit langem“ (O-Ton Klappentext und ausnahmsweise komplett zutreffend). Cohen kann verdammt gut schreiben und erzählt seine zusammengetragenen Fakten rund um das Stones – Universum super interessant und begnadet flüssig, obwohl er gerne ein wenig abschweift, aber gerade dieses macht die Bio so reizvoll. Sie ist ein Pageturner der sich nur so wegliest und rockt, so dass unbeteiligte Nichtleser, die sich im Umkreis des Lesers aufhalten damit rechnen müssen, mit Buchinterna belästigt zu werden. Cohen mag die Band, bleibt aber meist distanziert kritisch. Nur bei Keef (Nickname etlicher Fans für Keith Richards) – für mich absolut nachvollziehbar – macht er da ab und an Ausnahmen, diese allerdings durchaus reflektiert. So entspringt der Titel dieser Band – Biographie einer Frage von Richards an ihn, als er 94 mit auf Tour durfte: Ich frage dich. Ich weiß es nämlich nicht. Was ist das für ein Gefühl, in einer Welt aufzuwachsen, in der es die Stones schon immer gab? Die Sonne, der Mond und die Rolling Stones – damit bist du doch aufgewachsen? Mir geht es, wie Keith Richards es schildert. Die Stones waren immer da, seit ich auf der Welt bin. Ihre Musik begleitete mich und die alten Songs brennen manchmal noch immer. Auch die Faszination, die von dieser Bluestruppe ausgeht ist nach wie vor vorhanden. Wie Rich Cohen es beschreibt, sie haben Charisma und er behauptete dieses würde sich geradewegs aus ihren Exzessen speisen. Sie hatten zu viel gezecht, zuwenig geschlafen, hatten bereits schlappe Hirnlappen und knorrige Finger – aber bei Gott: Sie konnten spielen. Sie waren die letzten einer Generation großer Rockstars, die inzwischen ebenso vom Aussterben bedroht ist, wie der Schneeleopard. Er nennt sie „Relikte eine Ära“, in der Musik wichtiger und bedeutsamer, ja weltrettend war. Klar er ist ein Nerd, aber einst war ich, was Musikhören und besonders das Erleben betrifft, genauso nerdig, wie viele aus Cohens und meiner Generation. Musik hatte früher zu Zeiten von LPs und meinetwegen auch CDs einen anderen Stellenwert als heute für die Kids. Cohen recheriert akribisch, – im reichhaltigen Anhang gut zu erkennen – er analysiert die feinen und weniger feinen Seiten der Bandmitglieder, erzählt ihre Geschichte und Entwicklung von Beginn bis heute mit immensem Fach- und Hintergrundwissen. Wer bisher keine Stones Interna kannte ist mit diesem Buch bestens bedient und Fans der Zeit und/oder der Band kommen um Cohens Werk nicht herum, weil er die wichtigen Fragen stellt und sie fast immer auch beantwortet. Interessant ist für ihn Musikgeschichte, Entwicklung und ja, auch ein wenig Philosophie. Cohens und die Geschichte der Stones sind in diesem Buch miteinander auf unaufdringliche und seinerseits sympathisch bescheidene Weise verwoben. Er glorifiziert nicht, arbeitet jedoch den verdienten Nimbus und die Rolle der Stones für die Musik und den Raum, den Musik damals im Vergleich zu heute einnahm, sauber heraus. Auch im Hinblick auf die Veränderungen und die gesellschaftliche Entwicklung von den 50ern bis heute, die von etlichen Bands und Künstlern angestoßen oder zumindest supported wurde. Dabei trauert er den alten Zeiten nicht nach, versucht aber zu verstehen und ja, ein wenig Mitleid mit den heutigen Kids kann er sich nicht verkneifen. Mir geht es genauso. Die fortschreitende Kommerzialisierung ist ein seelenloses Drecksgeschäft, das der Musik viel von ihrem Zauber nehmen kann. Kann, nicht zwingend muss. Cohen beschreibt diesen Zauber, beleuchtet das Mysterium und belässt ihm seine Würde. So bleibt mir ein Buch voll mit Klebezetteln zu Ideen, Anekdötchen, Aussagen, Tipps zu weiterführender Lektüre und Zitaten. Eine Hommage an den Rock ’n Roll und dessen Wurzeln und Stars, angefangen bei Robert Johnson. Ein Buch für Liebhaber, Fans voller Reminiszenzen an die Großen des Genres. Die Ursprünge der Musik der Stones, die Faszination, die sie als junge Männer gepackt hatte, als sie den Aufnahmen alter Blueser und Jazzer lauschten. Noch gibt es die Stones und die Faszination ist noch immer existent. Mit Rich Cohen kommt man ihr auf die Spur und weiß sie zu würdigen. Die Stones, jene lebenden Dinosaurier des Rocks, die es nicht nötig haben in Würde zu altern, sondern das tun können, worauf sie Bock haben. Vielleicht ist das die ewige Faszination des Rock.

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