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Rezension zu
Der Wille zum Bösen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Bestechende „böse“ Familienbande

Von: Michael Lehmann-Pape
29.05.2018

Anders als es der Klappentext zunächst suggeriert, ist dieser umfangreiche Thriller beileibe keine einfache und gradlinig erzählte Geschichte über einen Psychologen auf „Serienmörder-Jagd“. Sondern ein vielfach verflochtenes „Familiensystem“, dass sich dem Leser erst mit der Zeit aus verschiedenen Perspektiven und ausführlichen Rückblicken her erschließt. So beginnt das Buch zwar mit der vermeintlichen Hauptperson Dustin Tillmann, ein Psychologe mit kleiner Praxis, der zuallererst einmal ein (weiteres) persönliches Drama in der Gegenwart erlebt und eher am Rande mit einem merkwürdigen Todesfall, scheinbar durch Ertrinken, zu tun bekommt. Dann aber räumt Chaon erst einmal einem der Teenager Söhne Tillmanns viel Platz ein, ohne dass der Leser zunächst eine Ahnung davon hätte, wohin diese Exkursionen in das Partyleben und den Drogengenuss des jungen Mannes führen könnte. Was sich am Ende dieses Teils des Thrillers mit überraschenden Wendungen plötzlich bestens ergibt. Spätestens ab da und im Rückblick auf die tödliche Familienfeier in Dustin Tillmanns Jugend, infolge derer sein Adoptivbruder Rusty Jahrzehnte als verurteilter Mörder im Gefängnis saß, zieht das Buch den Leser wie in einen Sog mithinein in die vielfachen, erst langsam zu erkennenden, dann aber zwingend zuschlagenden Verbindungen zwischen all den Personen und Familienmitgliedern, die je ihre Perspektive der Ereignisse mit ins „Spiel“ bringen werden. Verwirrend, teils abstoßend (das „inzestiöse Leben“ mitsamt frühreifer junger Mädchen und versagender Eltern), teils mehr Fragen als Antworten aufwerfend (die Person des (vermeintlichen?) Polizisten Aquin, der den Psychologen mit einer ganz speziellen Theorie nicht in Ruhe lassen wird, selbst aber soviel Fragen ums eine Person und Motive aufwirft, dass sich daraus fast wieder eine ganz eigene Geschichte ergeben wird) und Seite für Seite interessanter, so ergibt sich die Dynamik des Thrillers. In dem Chaon, leider, sprachlich mit den geschilderten Ereignissen nicht immer ganz mithalten kann. Zu dokumentarisch angehaucht, zu distanziert bildet Chaon (nicht immer, aber teilweise) komplexe Emotionen ab. Mit der Folge, dass es eben dauert (aber passiert), bis der Leser auch emotional in der Tiefe der verschiedenen Charaktere im Buch angelangt ist. Insgesamt aber ein lesenswerter, andersartiger, Thriller, der weniger mit konkreter Spannung arbeitet, sondern eher in großer Breite die Frage entwirrt, was genau damals passiert ist und im Heute des Romans vonstattengeht. Und ob „Onkel Rusty“ nun zu Unrecht im Gefängnis saß oder ein überaus perfider Mensch ist, der strategisch geschickt mit den Gefühlen anderer spielt. Oder ob jemand anderes der Frauen und Männer des Romans eben jenen „Willen zum Bösen“ ausgeprägt in sich trägt, der all das ins Rollen brachte und bis in die Gegenwart des Thrillers am Rollen hält. Überraschungen sind dabei garantiert.

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