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Rezension zu
Mein Sommer auf dem Mond

Ein etwas anderes Jugendbuch mit wichtigem Thema

Von: queerBUCH - Der LGBT+ Buchblog
11.05.2018

Kurzbeschreibung Inhalt Fritzi, Bastian, Tim und Sarah – vier Jugendliche, die alle ihr Päckchen zu tragen haben. Vier Jugendliche, die in den Sommerferien keinen Urlaub machen, sondern ihren Sommer im Sonnenhof auf Rügen verbringen, einer Einrichtung für Jugendliche mit psychischen Problemen. Hier sollen sie gesund werden, oder zumindest einen Anfang dazu finden. Klar, dass diese Aussicht nicht gerade Luftsprünge bei den Betroffenen auslöst, zumal sich auch die Frage stellt, wie man sein Verschwinden seinen Freunden erklären soll. Doch irgendwie scheinen sich dir Schwierigkeiten im Sonnenhof langsam zu lösen, und auch aneinander können die Vier wachsen, wodurch auch eine zarte erste Liebe entsteht… Meine Meinung Schon bevor ich wusste, dass Mein Sommer auf dem Mond auch einen queeren Charakter beinhaltet, bin ich über den außergewöhnlichen Titel gestolpert. Mond? Echt jetzt? Das klingt ja interessant! Die Geschichte spielt aber nicht tatsächlich auf dem Mond, wie ihr euch vielleicht schon gedacht habt. Tatsächlich sind Fritzi, Bastian, Tim und Sarah auf dem Stockwerk der sogenannten »Astronauten« untergebracht, was immer wieder Anspielungen und Wortwitze zur Folge hat. Thematisch erinnert das Buch übrigens sehr an 100 schlimme Dinge, die mir bestimmt passieren, das könnte euch also auch gefallen. 🙂 Anders als ich erwartet hatte, wird die Geschichte nicht aus vier Sichtweisen erzählt, sondern nur aus Fritzis und Bastians. Das reicht allerdings auch vollkommen aus, irgendwie schafft es die Autorin trotzdem, dass man auch Tim und Sarah wie Hauptcharaktere wahrnimmt und kennen lernt. Die Frage nach dem »Warum bist du hier?« ist hier wohl ähnlich wie man das über Gefängnisse sagt: stell sie bloß nicht. Und wenn doch, erwarte keine Antwort darauf. Doch nicht nur das »Warum« vertrauen sich die Astronauten nach und nach gegenseitig an, auch das, wie es dazu kommen konnte. Plötzlich auftretende psychische Störungen kommen schließlich nicht von irgendwo her… Diese zarte Annäherung, das Fassen neuen Vertrauens und das Entstehen der Freundschaften fand ich wirklich berührend. Die Kapitelüberschriften sind mit die besten, die ich je in einem Buch lesen durfte. Sie orientieren sich an Filmen, Serien, Büchern, Comics und all dem nerdigen Zeug, das wir Bücherfans so lieben. Die erste Kapitelüberschrift lautet »Hogwarts«. Oh ja, einer unserer Protagonisten ist großer Harry-Potter-Fan, weshalb Harry Potter sogar zur Möglichkeit wurde, in Stresssituationen die Ruhe zu bewahren. Zahlreiche Anspielungen tummeln sich im Text und lassen unsere Fangirl/-boy-Herzen höher schlagen. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Wie schlagfertig doch gerade diejenigen sein können, die viel zu ertragen haben oder jeden Tag damit zu tun haben. Ob es die Wortwitze zu den Astronauten sind, Bastian mit seinem schwarzen Humor oder der Betreuer Ole, der überall das Positive sieht und sich konsequent selbst auf die Schippe nimmt. Das richtige Maß an Humor lässt die Charaktere so real wirken, dass ich mir gut vorstellen kann, dass es die Astronauten da draußen irgendwo gibt. Und es gibt sie bestimmt – wenn auch nicht genau die Vier, von denen diese Geschichte handelt. Denn Adriana Popescu hat gut recherchiert und mit den echten Astronauten über ihre Erfahrungen gesprochen. Doch daraus entsteht auch ein kleiner Klumpen in meinem Magen. Wie viel ist realistisch und was ist nur künstlerische Freiheit? Wo sollen wir die Grenze ziehen? Wie die Autorin das Auftreten von beispielsweise Panikattaken beschrieben hat, klingt für mich realistisch. Ich kann mir vorstellen, dass es sich so oder so ähnlich anfühlt. Was ich aber fragwürdig finde, sind die Stimmen im Kopf, die sowohl Fritzi als auch Basti hören. Damit will ich nicht sagen, dass es keine psychischen Störungen gibt, in denen der oder die Betroffene Stimmen im Kopf hört, sondern nur, dass es mir in dem Zusammenhang suspekt vorkam und ich mich frage, ob das besonders bei jüngeren Lesern einen falschen Eindruck hinterlässt. Ich habe hier wirklich kein Fachwissen, ich meinte bisher nur zu wissen, dass SPOILER eine bipolare Störung und das Hören böser Stimmen von Superschurken aus Filmen, Serien und Comics immer noch zwei unterschiedliche Krankheiten sind und nicht das eine automatisch mit dem anderen einhergeht SPOILER ENDE. Es mag sein, dass ebendiese Stimmen die Geschichte ungemein auflockern und sogar für den ein oder anderen Lacher sorgen, aber ein mulmiges Gefühl blieb zumindest bei mir zurück. Zur LGBT-Thematik habe ich noch gar nichts gesagt – das folgt jetzt. 🙂 Ich habe ja schon erwähnt, dass einer der Charaktere queer, oder genauer gesagt, homosexuell ist. Wer das ist, verrate ich euch nicht, ein bisschen Spannung soll ja noch dabei bleiben. Da ebendiese Homosexualität mit der Auslöser für desjenigen psychischen Störung ist, machte mich zunächst skeptisch (ja, ich weiß, ich alte Skeptikerin), weil das mit ein Vorurteil gegenüber homosexuellen Menschen ist: Dass wir ja sowieso alle einen psychischen Schaden hätten. (Ich meine mich zwar zu erinnern, dass psychische Erkrankungen bei homosexuellen Jugendlichen häufiger auftreten als bei heterosexuellen, das liegt aus meiner Sicht allerdings eher an den Ängsten vor dem Anderssein, vor Ablehnung oder an tatsächlicher Ablehnung aus dem direkten Umfeld und nicht an der Homosexualität selbst.) ABER: Ich finde, das hat die Autorin wirklich toll dargestellt. Die Homosexualität als solches ist hier überhaupt kein Problem. Ihre Unterdrückung allerdings kann einen wahnsinnig werden lassen. Die Autorin zeigt, dass es eben doch noch nicht so leicht ist, zu sich zu stehen und sich zu outen, wie es heutzutage vermeintlich der Fall ist. Es gibt noch genug homophobe Menschen oder gesellschaftliche Kreise, die Homosexualität ablehnen und keinen Hehl daraus machen, wobei ich sehr gut verstehen kann, dass man sein Coming Out nur so vor sich herschiebt. Auch wenn sich diese Selbsterkenntnis und die Lösung des »Problems« dann doch recht schnell löst, zeigt die Autorin, dass das nur ein Anfang ist. Dass es nicht mit einem Coming Out bei den Eltern getan ist. Dass dieses »Problem« aber das ist, das sich am einfachsten lösen lässt. Dieser Anfang gilt übrigens für alle Astronauten. Keiner ist nach einem Sommer plötzlich geheilt. Aber für alle geht es vorwärts. Für alle gibt es Hoffnung. Mein Sommer auf dem Mond hinterlässt ein hoffnungsvolles Gefühl. Es hinterlässt ein Gefühl von »Du bist okay, so wie du bist«. Wir alle brauchen manchmal Hilfe. Und sich Hilfe zu suchen und an sich zu arbeiten, demonstriert große Stärke. Trotzdem hat es mich nicht so sehr mitgerissen, wie ich erwartet hatte. Gegen Ende gibt es nochmal einen überraschenden Schlag – überraschend deshalb, weil ich wirklich nicht damit gerechnet hatte – der mich aber erschreckend kalt gelassen hat. Kaum Herzklopfen, kaum Mitfiebern… Da frage ich mich, ob ich durch das Viellesen irgendwann abgestumpft bin oder warum das Buch es sonst nicht geschafft hat, mich im Innersten zu erreichen. Das Buch ist toll, allerdings konnte ich es auch gut aus der Hand legen. Fazit Mein Sommer auf dem Mond ist ein etwas anderes Jugendbuch, das das wichtige Thema »Psychische Erkrankungen bei Jugendlichen« aufgreift und damit zum Nachdenken anregt. Die Einbindung eines homosexuellen Hauptcharakters hat die Autorin sehr souverän gelöst, obwohl ich zu Beginn bezüglich der Verbindung zu dem Thema etwas skeptisch war. Dabei schreibt die Autorin sehr leicht und unterhaltsam, gleichzeitig sehr lebendig, wodurch man die Charaktere schnell liebgewinnt. Es ist ein Buch, das mich zwar nicht aus der Bahn geworfen hat, aber immer noch mit sanften Schwingen nachklingt. Humor: ●●●●○ Anspruch: ●●●○○ Spannung: ●●○○○ Liebe: ●●●○○ Erotik: ○○○○○ Originalität: ●●●●○

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