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Rezension zu
Strafe

Dieser Erzählband ist keine "Strafe" - ganz im Gegenteil!

Von: Sigismund von Dobschütz
04.03.2018

Es scheint völlig gleichgültig zu sein, in welcher literarischen Form der deutsche Schriftsteller Ferdinand von Schirach (54) seine juristischen und philosophischen Gedanken zu Papier bringt: Es werden immer Bestseller! Nach den beiden Romanen „Der Fall Collini“ (2011) und „Tabu“ (2013), seinem Essay-Band „Die Würde ist unantastbar“ sowie seinem viel beachteten Theaterstück „Terror“ (2015) kam nun endlich wieder nach „Verbrechen“ (2009) und „Schuld“ (2010) ein dritter Band mit Kurzgeschichten „Strafe“ im Februar beim Luchterhand-Verlag heraus. Gerade einmal 190 Seiten stark, in großer Typographie, in wenigen Stunden leicht zu lesen, haben diese zwölf Erzählungen in ihrer Tiefgründigkeit mehr Aussagekraft als mancher dicke Roman. In bewährter Erzählweise, in kurzen Sätzen, ohne ein schmückendes Wort zuviel, geht es in „Strafe“ um die Frage, was eigentlich Wahrheit bedeutet, und um die Persönlichkeitsbildung der unterschiedlichen Figuren – oder um uns selbst: Wie wurden wir, wer wir sind? Wie in den zwei Vorgängerbänden gibt es bei Schirach auch in „Strafe“ keine guten und keine bösen Menschen. Oft sind die vermeintlichen Täter schicksalsbedingt eher Opfer, wie Schirach in seiner früheren Laufbahn als Strafverteidiger wohl wiederholt hat feststellen müssen. Es sind gerade diese philosophischen Gedanken um die Lebenswege seiner doch so normal-menschlichen Protagonisten, die Schirachs Bücher von den Werken anderer Autoren maßgeblich unterscheiden. Man spürt in seinen Erzählungen, wie der Jurist seine Figuren für ihre Handlungen bis hin zu Mord und Totschlag niemals verurteilt, sondern mit ihnen fühlt, ihr Handeln wenn nicht entschuldigt, so zumindest verstehen kann. Er erzählt in diesen zwölf Geschichten von Einsamkeit und Fremdheit, vom Streben nach dem kleinen Stückchen Glück, das sich doch jeder von uns im Leben wünscht, und über das klägliche Scheitern dabei. Auch in Schirachs drittem Erzählband geht es also nicht um die geschilderten Kriminalfälle - manchmal sind es nicht einmal solche. Sondern es geht in den zwölf Geschichten um uns, die Menschen und ihre Schicksale, ihre Sehnsüchte und Leiden. Sicher wird auch „Strafe“ im Buchhandel wieder zu einem Mega-Bestseller hochgepriesen. Doch unabhängig davon: Liebhaber guter Literatur sollten sich diesen Erzählband keinesfalls entgehen lassen. Wer noch kein Schirach-Fan ist, dürfte durch diese Lektüre einer werden.

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