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Rezension zu
Wacholdersommer

Kann eine weiße Autorin über "Indianer" schreiben, ohne, dass es schiefgeht?

Von: Elif
10.08.2017

"Wacholdersommer" hieß ursprünglich "Zweiherz" und erschien 2007. Content Note: Sexueller Missbrauch Meine Meinung Ich müsste 14 oder 15 gewesen sein, als ich "Zweiherz" das erste Mal gelesen hab. Damals habe ich alle Jugendbücher von Antje Babendererde verschlungen und auch dieses sehr gemocht. Nun habe ich inzwischen einen anderen Blick - wie finde ich das heute, dass sich eine weiße Autorin diese Kultur aneignet und darüber schreibt, obwohl sie kein Teil davon ist? Kann das gut gehen? Nun kann ich das als Person, die ebenfalls kein Teil der Kultur der amerikanischen Ureinwohner*innen ist, natürlich nicht zur Genüge beurteilen. Was ich beurteilen kann, ist, wie die Facetten eingefangen werden und ob der Umgang ein wertschätzender und kein westlich-überheblich angehauchter ist. Und da ist die Antwort ganz klar: Babendererde geht als Beispiel für weiße Autor*innen voran, die über Kulturen von Menschen of Colour schreiben wollen, der sie nicht angehören. Ich war, wie auch schon in Jugendjahren, begeistert. Die Geschichte um Zweiherz kann man nicht mögen, wenn man absolut nichts für Spiritualität und Glauben übrig hat. Zweiherz ist nämlich eine Art Geist, der in Gestalt eines Kojoten Menschen aufsucht - so auch Will in dieser Geschichte. Dabei stützt sich Babendererde auf den Glauben der Navajos und bindet ihn meinem Eindruck nach gekonnt ein. Zu gerne wüsste ich von jemandem, der*die selbst Navajo ist, ob alles akkurat ist - in diesem Fall vertraue ich aber der Autorin und ihren langen Recherchereisen und Kontakten mit amerikanischen Ureinwohner*innen. Dass ihr Umgang ein wertschätzender und lebensnaher ist, erkennt man unter anderem daran, dass die Autorin sich nicht davor scheut, Missstände aufzuzeigen: Polizeigewalt und -willkür, schlechtere Bildungsmöglichkeiten, Mittellosigkeit, Rassismus, die Erinnerung an den Völkermord, Aneignung von Land und Wasserverschmutzung, Kulturraub, Alkoholismus und Gangs als Folge von Perspektivlosigkeit und vieles mehr. Außerdem ist Kayes Vater weiß, genauso wie eine enge Freundin von ihr; dadurch zeigt die Autorin, welche Differenzen herrschen können und macht das auf eine Art und Weise, die - berechtigt - hart mit dem Weißsein ins Gericht geht. Das alles waren Punkte, die mich begeistert haben. In einem Jugendbuch findet sich so viel Facettenreichtum nicht oft. Gleichzeitig gilt es zu akzeptieren, dass Kaye eine traditionell eingestellte Protagonistin ist. Ihr großes Ziel ist nicht, Karriere zu machen und die Ländereien zu verlassen. Sie will einfach mit Will zusammen sein - ihn heiraten, Kinder mit ihm bekommen, sich um seinen Großvater kümmern. Mir hat das gut gefallen, weil es Kayes eigene Entscheidung ist und zu keinem Zeitpunkt etwas anderes vermittelt wird. Die Liebesgeschichte zwischen Will und Kaye war dadurch mal etwas ganz anderes. Beide wissen, dass sie sich lieben und füreinander bestimmt sind. Was zwischen ihnen steht, sind ganz andere Dinge, Dinge, die im Laufe des Buches aufgearbeitet werden. Neben den inhaltlichen Aspekten ist mir auch wieder aufgefallen, was für eine gute Schreiberin Babendererde ist. Ihr Schreibstil ist angenehm, flüssig und zieht einen sofort in den Bann. Ehe man sich versieht, schließt man die letzte Seite und hätte gerne noch viel mehr zu lesen. Ich fänd's fabelhaft, wenn die Autorin mal wieder ein Buch mit solchem Setting schreiben würde. Solange begnüge ich mich mit denen, die ich habe. Übrigens finde ich den ursprünglichen Titel viel schöner und passender - "Wacholdersommer" klingt doch sehr beliebig. Wenn die Neuauflage aber dafür sorgt, dass es wieder mehr gelesen wird, ist das etwas, womit ich leben kann. Fazit "Wacholdersommer" konnte mich auch zehn Jahre später vollkommen von sich überzeugen. Antje Babendererde ist eine weiße Autorin, die als Beispiel vorangeht. Mich konnte sowohl ihr Umgang mit der Kultur und der heutigen Lebenswelt der Navajos als auch die Geschichte an sich vollends überzeugen. Ich wünsche mir mehr solcher Bücher in den Jugendbuchreihen! Von mir gibt es dafür volle 5 von 5 Sternen. ★★★★★

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