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Rezension zu
Junktown

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Anders - aber genial

Von: Kerstin von Kejas-Blogbuch
11.07.2017

Zuerst – drückt bitte die große „DELETE“-Taste in Eurem Kopf. Vergesst alles, was Ihr über das Kinder machen wisst. Vergesst alles, was Ihr über das Kinder bekommen wisst. Vergesst alles, was mit Mensch sein zu tun hat. Löscht Euer Wissen und löst den Drang dagegen anzukämpfen. Sagt nicht, das geht nicht, sondern lasst ~ wenn Euer Kopf frei ist ~ diese Geschichte einfach mal wirken. „Soll der Staat ewig dauern, muss die Kontrolle es auch.“ Der Fall BM 17 ruft Inspektor Solomon Cain auf den Plan. Eine tote Mutter – nicht irgendeine, sondern Brutmutter 17,eine Gebärmaschine inklusive ihrer 600 Föten. Mutwillig beschädigt, zerstört, ermordet? Viel mehr als nur ein Kapitalverbrechen, ein Angriff gegen alle geltende Regeln, grausam, furchtbar – ähm, Moment einmal. Eine Brutmutter? So habe ich auch gestaunt, nach den ersten Seiten. Wo bin ich da gelandet? Was ist das für ein Ort? Ein Inspektor der unter Drogeneinfluss zu ermitteln beginnt und vom Kollegen mal eben so einen Schuss angeboten bekommt? Willkommen in Junktown!!! Dieser Roman ist sehr dystopisch. Irgendwann vor 25 oder 30 Jahren gab es wohl eine Revolte, ein Umsturz, wie auch immer man es nennen mag. Der neu gegründete Staat setzte alles auf Kontrolle und wer ließe sich besser kontrollieren als eigens dafür, im Laufe der Jahre immer mehr perfektionierte und selbst kreierte Humans. Menschenwesen, die so weit von einem selbstständigen Denken, Handeln und Hinterfragen entfernt sind, dass sie alles schlucken was der Staat vorgibt. Drogen in allen Varianten, solche die schöne Träume bescheren, solche die aufputschen oder runterfahren. Damit keiner mehr in die Versuchung kommt Fragen zu stellen und besonders diesen Staat in Frage stellt, gibt es eigene „Zuchtprogramme“ – Biotech sein Dank, oder auch nicht. Die Humanklassen von AAA bis D sind eine Stufe des Geistes- und Gesundheitszustandes. Wer nicht mehr funktioniert, was bei dem immensen Angebot kaum verwunderlich ist wird nicht einfach getötet – nein, hier in Junktown wird recycelt. Alles hat seine Ordnung, alles wird überwacht, alles kontrolliert, selbst der Tod. „Fragen führen zu Gerüchten, Gerüchte führen zu Nachforschungen, Nachforschungen zu Enthüllungen.“ Gehen wir mal wieder zum Ausgangspunkt zurück – der ermordeten Brutmutter und Inspektor Solomon Cain. Als Angehöriger der GEMAPO (Geheime Maschinenpolizei) hat er die Aufgabe den Mörder zu schnappen. Cain ist noch einer von den Alten. Er hat noch Erinnerungen an die Zeit davor und doch beugt er sich diesem von Staatswegen vorgegebenen Dauerrausch. Er lässt die regelmäßigen Kontrollen über sich ergehen und gibt doch in der Geschichte so nach und nach ein Stück von sich preis. Emotionen werden in Junktown nur durch Party machen gelebt – alles andere ist vorgegeben und nicht wirklich lustig. Wer will schon durch das Raster fallen, weil der Urintest gezeigt hat das man enthaltsam war? Die Hygienepolizei und das Sozialgericht warten – genauso wie der Recyclinghof. Cain ist die tragende Figur im gesamten Buch. Ihm zu folgen hat sehr großen Spaß gemacht auch wenn es immer wieder erstaunlich war, was es so alles in Junktown gibt. Ein Junkie als Ermittler? Ja, und zwar ein sehr guter. Cains Ermittlungen bringen Dinge ans Tageslicht die für manche gefährlich werden, vor allem für Cain selbst. Sein Stil zu ermitteln zeigt von seiner Intelligenz und auch der Umgang mit den Kollegen hat was. Es gab immer wieder Dialoge die mich schmunzeln ließen, aber auch sehr ernsthafte Unterhaltungen und Gedanken. „Er hatte ein paar Fäden in der Hand, aber um daraus etwas zu weben, das einer Lösung ähnelte, brauchte er mehr.“ „Junktown“ ist so eine abgedrehte Geschichte, aber kein Sience Fiction. Sie ist sehr dystopisch und kommt ohne Monster aus. Mir kam es vor wie ein Krimi in einer ganz anderen Welt. Genau deshalb auch mein Rat, das „normale“ und „logische“ einfach mal zu vergessen. Denn der Schreibstil zieht einen in diese Geschichte. Absolut locker und flüssig. Man rätselt mit, möchte immer mehr erfahren und wird in Gedanken ein Teil von Junktown. Da sind diese „Kleinigkeiten“, die mir so sehr imponierten. Die goldenen Stehlen, Mahndenkmäler derer, die sich den goldenen Schuss setzten und dadurch zu Helden wurden, riefen automatisch Assoziationen zu den Friedhöfen mit ihren hunderten Kreuzen hervor. Das Denkmal des unbekannten Drogentoten, die Rauschparteitage, Widerstandsgruppen, Menschen die sich durch Propaganda leiten und verleiten lassen. Gehirnwäsche und Unterdrückung durch Kontrolle, Gewalt und Überwachung. Bloß nicht aus der Reihe fallen ~ vielleicht interpretiere ich zu viel hinein, aber so zukunftsträchtig ist das alles gar nicht. Was mich „ärgerte“ war die Liste am Ende des Buches mit den Abkürzungen und Erklärungen. Dieses zu Anfang des Buches, hätte mir so manches rätseln erspart. Aber vieles kann man sich einfach ableiten und die bildhafte Darstellungen im Buch sind sehr gut. Ich muss es erwähnen – die Brutmutter – eine metallene, riesige Maschine, mit Kammern, Treppen, Rohren, Elektronik und technischem Schnickschnack, sie hatte es – das kleine aber feine, wichtige Teil das benötigt wird für das Kinder machen 😉 Jetzt könnte ihr nachdenken und grübeln – oder das Buch selber lesen. Ein sehr gelungenes Debüt, das mich durch diese so ganz andere Geschichte und Welt, der bildhaften Sprache und einem mehr als sympathischen Cain überzeugte. Rezension verfasst von © Kerstin

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