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Rezension zu
Junktown

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Mordermittlung in einer schönen neuen Welt

Von: Gabis Laberladen
11.07.2017

Darum geht’s: Für die Bewohner von Junktown ist es Pflicht, ständig Drogen zu konsumieren. Umso wichtiger sind Maschinen, die die Arbeit erledigen. Diese Maschinenwesen sind gleichberechtigte Einwohner und deshalb wird es auch als Mord angesehen, als eine maschinelle „Brutmutter“ getötet wird und ihre 800 ungeborenen Kinder damit ebenfalls nicht überleben können. Solomon Cain, Inspektor der Geheimen Maschinenpolizei, wird mit den Ermittlungen beauftragt. So fand ich’s: Was für eine Welt, die Matthias Oden erschaffen hat. Auf den ersten Blick eine scheinbar traumhafte Zukunftsvision, in der es nicht nur legal ist, sämtliche Drogen zu konsumieren, sondern in der es sogar erwartet wird. Doch bei näherem Hinsehen erscheint das gar nicht mehr so paradiesisch und nicht umsonst sind alle scharf auf einen ABS, einen Abstinenzberechtigungsschein, der es einem erlaubt, mal für einen Tag auf Drogenkonsum zu verzichten. Neben den „Weichen“, den Menschen aus Fleisch und Blut, gibt es auch HMWs, die höheren Maschinenwesen, denen ein Sozialleben und eine Persönlichkeit zugesprochen werden. Und eine dieser HMWs, die mit 800 Föten schwangere Brutmutter BM17, wurde ermordet. Mit ganz viel Liebe zum Detail und gespickt mit Anspielungen auf Begriffe (früher) real existierender Gesellschaftssysteme (z. B. das Auto namens Tripbant) hat mich die dystopische Zukunftsvision von Matthias Oden begeistert. Es wurden ganz viele neue Begriffe erfunden, die zum Teil deutlich aussagten, was dahinter steckte, bei denen man aber auch teilweise mit seiner Fantasie alleingelassen wurde. Obwohl ich als Krimifan natürlich den Mordfall grundsätzlich für am wichtigsten halte, hätte ich doch noch gerne viel mehr über diese Welt erfahren. Man wird hineingeworfen und muss sich nach und nach die Informationen zusammen sammeln, während Solomon Cain versucht, den Mordfall aufzuklären. Und am Ende bekommt man doch nur einen oberflächlichen Einblick, der nicht alle meine Fragen zu dieser neuen Gesellschaftsform und wie es dazu kam, beantwortet hat. Cain ist ein alter Hase bei den Ermittlern, nach außen hin ein hoch angesehenes Mitglied der Gesellschaft, ein „Alter Kämpfer“ und Witwer einer „Goldenen Schützin“, die sich zur Ehre des Staates den goldenen Schuss gesetzt hat. Doch den Tod seiner Frau hat er nie verkraftet und rettet sich in einen Zynismus, der immer besser zu dem System passt, in dem er lebt, je mehr man hinter die Kulissen schaut. Cain fühlt sich zu alt und ist verbittert – und doch kann er es nicht lassen, den Mordfall ernst zu nehmen und sich mit all seinem Wissen und seiner Erfahrung zu engagieren. Der anfangs ganz eindeutige Mordfall wird immer undurchsichtiger, und je mehr Cain gräbt, desto mehr Widerstand wird ihm entgegengebracht. Matthias Oden schafft eine sehr ungewöhnliche Welt, die dicht gewebt und in sich schlüssig ist und setzt einen spannenden und intelligenten Kriminalfall hinein. In düsteren Bildern wird ein menschenverachtendes System gezeigt, in dem Cain versucht, über die Runden zu kommen und diesen Mordfall zu lösen. Manches wirkt auf den ersten Blick skurril, und doch bleibt einem oft genug das Schmunzeln im Hals stecken, wenn man Zeit hat, ein bisschen darüber nachzudenken, welches Zukunftsbild Oden da zeigt. Wer abseits vom 08/15 Krimi etwas durch und durch Ungewöhnliches lesen möchte und nicht vor einer düsteren Welt zurückschreckt, dem kann ich „Junktown“ nur wärmstens empfehlen.

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