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Rezension zu
Käsebier erobert den Kurfürstendamm

Zeitungsbranche, Kunstbetrieb, Bauskandale - ein Sittengemälde Berlins zwischen den Kriege

Von: Erika Mager aus Alfter
21.06.2017

Ein Hype, Merchandising, eine Blase … von den Machenschaften in der Zeitungsbranche, Pfusch am Bau, schnelles Geld auf Kosten anderer, davon und von noch viel mehr handelt das Buch von Gabriele Tergit: „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“. In atemloser Sprache, so schnell geschrieben wie gesprochen – meist sind es Dialoge oder die Schilderung der Ereignisse im Telegrammstil. Berliner Schnauze wechselt ab mit dem dünkelhaften Getue der High Society. Der Plot ist so einfach wie verblüffend. Aus Verlegenheit, unbedingt auf der ersten Seite einer Berliner Tageszeitung einen Aufhänger zu bringen, wird über einen stümperhaft singenden Schlagersänger – mit Namen Käsebier – berichtet, als wäre es Caruso persönlich. Eine Welle der Werbung, der Vermarktung bis hin zum Bau eines eigenen Theaters für Käsebier am Kurfürstendamm, wird losgetreten. Das Gemauschel, die Absprachen, die Profiteure, man kann es sich lebhaft vorstellen. So läuft es ab hinter den Kulissen der Macht und der Kommunalpolitik. Man denke nur an den neuen Berliner Flughafen und andere verpfuschten Projekte der letzten Zeit. Aber – die ganze Chose spielt 1929 folgende, geschrieben von einer jungen Gerichtsreporterin, veröffentlicht 1931! Nicht zu fassen, wie aktuell dieser alte Roman ist. Ein Leckerbissen auch für Kulturhistoriker und alle, die gerne lebendig über vergangene Epochen lesen. Hier wird ein pulsierendes Berlin am Ende der „roaring twenties“ geschildert, das ich noch nie so plastisch woanders gefunden habe. Alles ist eben aus erster Hand! Dem Schöffling-Verlag ist es zu verdanken, dass der Roman, der zu seiner Zeit sehr erfolgreich war, in den 50iger Jahren aber ziemlich schnell wieder in der Versenkung verschwand, wieder ans Licht gehoben wurde. Unbedingt lesenswert, sehr unterhaltsam und nachdenklich machend. Leben wir in ähnlichen Zeiten?

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