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Rezension zu
Anschlag von rechts

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Dieses Buch sollte Schullektüre sein!

Von: Tanja Mandelt aus Balge
25.05.2017

Im vorliegenden Buch deckt Reiner Engelmann die Hintergründe zu einem tatsächlich stattgefundenen Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft auf, bei dem es glücklicherweise keinen Personenschaden gab. Dieses allerdings nur aus reinem Zufall, bewohnt war das Heim und es hätte genauso gut auch Tote geben können. Der Autor berichtet aus der Sicht verschiedener Beteiligter in erzählender Form, es handelt sich hier also nicht um eine reine Dokumentation, sondern um eine Mischung aus den Geschichten der Personen und harten Fakten. Nach dem Prolog erfährt der Leser die Lebensgeschichten einiger Flüchtlinge. Jede Familie hatte ihren eigenen Grund, sich auf den Weg zu machen. Immer waren es schwerwiegende, die das eigene Leben bedrohten oder wenigstens extrem einschränkten. Bei vielen war die Flucht gefährlich und voll unbekannter Risiken, die meisten hatten keine Ahnung, wohin der Weg sie führen würde. Alle landeten schließlich im deutschen Flüchtlingsheim in dem Ort P. Hier leben auch die drei Protagonisten Robert, Matze und Beate. Im zweiten Teil wird deren Geschichte beleuchtet, ihre Art zu denken, zu handeln und zu leben. Es ist ein naives Denken, geprägt von Perspektivlosigkeit, Wut, dem Wunsch nach Anerkennung, Alkohol und der gegenseitigen Aufstachlung. Die Massen an Fremden, die angeblich ganz Deutschland überschwemmen, bieten sich als Sündenbock hier geradezu an. Der dritte Teil des Buches behandelt dann den Prozess nach dem Anschlag, die Aussagen der Täter und schließlich den Richterspruch samt Reaktionen darauf. Wissenschaftlich fundiert rundet der Autor sein Werk mit einem Glossar und erkenntnisbringenden Fakten ab, sie beziehen sich auf die weltweite Flüchtlingssituation genauso wie auf das Problem des Rechtsradikalismus in Deutschland. Zahlen und Daten werden aufgeführt und Symbole erläutert, einen großen Teil nimmt auch die Musik der rechten Szene ein. Dies zum Inhalt des Buches. Reiner Engelmann hat hier ein Werk verfasst, das von jedem Heranwachsenden gelesen werden müsste, denn dann würden sie vielleicht verstehen, dass ihre Probleme ganz sicher nicht von den Geflüchteten verursacht werden. Sie würden die Menschen dahinter erkennen und durch ihre Geschichten vielleicht etwas wie Mitgefühl, wenigstens Verständnis, lernen. Und begreifen, dass unser reiches Land schlichtweg eine Verpflichtung zum Helfen hat. An keiner Stelle drückt der Autor auf die Tränendrüse, im Gegenteil, sein Schreibstil ist immer sachlich. Er beschreibt lediglich, was passiert, von außen, als unbeteiligter Beobachter. Alles sehr unemotional und gerade deswegen extrem eindrucksvoll. Er erzählt die Geschichte der Menschen, die ihre Heimat aufgegeben haben, ihre Familien, Freunde und Berufe. Was man als Leser daraus macht, bleibt jedem selbst überlassen. Auch die drei deutschen Protagonisten lässt er agieren, ohne ihre Handlungen zu bewerten. Und gerade dadurch kommt ihre bodenlose Dummheit ans Licht. Das Versauern in ihrem Nest, ohne Blick über den Tellerrand, ohne jedes Bemühen um wirkliche Perspektiven, aber voller Hass auf diejenigen, die vermeintlich Schuld daran sind. Sie putschen sich gegenseitig auf, dröhnen sich mit menschenverachtenden Musiktexten zu und verlieren alle Hemmungen, immer in dem Glauben, das Richtige zu tun. Aber, und das wird durch dieses Buch ganz deutlich: Was richtig oder falsch ist, kann man nur erkennen, wenn man alle Seiten betrachtet. Wenn alle Menschen dies tun würden, hätte der Rechtsextremismus in unserem Land keine Chance, was für eine wunderbare, wenn wohl auch utopische Vorstellung. Meine letzten Worte waren nun schon deutlich pathetischer als die des Autors, wie gesagt, er bleibt immer sachlich fundiert. Ich empfehle dieses Buch allen und zwar unbedingt. Dem Geschriebenen kann man leicht folgen, so dass es gut für junge Menschen lesbar ist, aber auch für Erwachsene ist es eine gewinnbringende Lektüre.

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