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Rezension zu
Unterleuten

Mit Leuten - Unter Leuten

Von: Kati
22.05.2017

Beim Titel „Unterleuten“ setzte ich im Kopf zunächst ein Leerzeichen dazwischen – unter Leuten. Der Titel ist bewusst gewählt, denn auch wenn Unterleuten ein fiktives Dorf ist, geht es genau darum. Leben unter Leuten, auf dem brandenburgischen Land. Ein Hipster-Pärchen aus Berlin – er alternder Dozent, sie seine junge Studentin und inzwischen auch Mutter seines Kindes – leben den Traum, den viele Großstadtpaare, die Eltern geworden sind, träumen, und ziehen aufs Land. Ins ehemals ostdeutsche Hinterland, sozusagen. Dort ist man von Neuankömmlingen und generell allem, was neu ist, wenig begeistert, und vor allem eines: skeptisch. Denn: früher war alles besser. Ging seinen gewohnten Gang. Man wusste, wer man war, und wohin man gehörte, hatte einen Job, hatte Familie. Hatte vielleicht nicht die größten Perspektiven, aber einen Platz und einen Nutzen. Dann kam die Wende. Jobs gingen verloren, Familien zerfielen, Traditionen wurden gebrochen und so manch einer der Dorfbewohner hat seinen Sinn im Leben aus den Augen verloren. Der alternde Dozent nimmt eine Stelle als Vogelschützer an, seine Freundin hingegen merkt, dass die anfänglich idyllische Vorstellung vom ruhigen Leben auf dem Land mehr als fragil ist. Zu guter Letzt soll rund um den Ort nun auch noch ein Windpark errichtet werden – der Vogelschützer geht auf die Barrikaden und die Lage im Dorf eskaliert. Genormt, bespaßt und verwaltet – eine Bürgerherde. Die Handlung des Buches ist vielleicht keine ganz neue, keine ganz außergewöhnliche. Bei Zehs Romanen ist das häufig so – sie leben von der detaillierten, auf den Punk gebrachten Beschreibung der Charaktere – so auch in diesem Roman, der aus der Sicht der verschiedenen Bewohner erzählt wird. Hierbei wird keine der Figuren weichgezeichnet, idealisiert oder stigmatisiert, viel mehr beginnt der Leser, Verständnis aufzubauen – für Wendegewinner, Wendeverlierer und gänzlich unbetroffene, zugezogene. Für Bauern und Unternehmer, die ihre fast schon traditionsgewordene Fehde weiter kultivieren, obwohl keiner so Recht weiß, worin diese ihren Urpsprung hat. Für eine Mutter, die nur das Beste für ihr Kind will, und darüber vergisst, was sie eigentlich möchte. Für den Nachbarn einen Zaun weiter, der rücksichtslos in ihren Wohnraum eindringt. Für Affären, für Totgeschwiegenes, für Bürgermeister- und für Bürgerinteressen. War denn der Kommunismus eine so schlechte Idee, wenn ein alteingesessenen Ostdeutschen, der vergangenen Zeiten hinterhertrauert und diese idealisiert, aktuelle Entwicklungen so pointiert kritisiert, dass man kurz stockt und sich denkt: Recht hat er? Unterleuten ist ein wirklich großartiger Roman, dabei aber ganz unaufgeregt. Ein Pageturner, den man aber trotzdem zwischendurch aus der Hand legen kann -und vielleicht auch muss – um die Geschehnisse nachwirken zu lassen. Zwischen den Zeilen wird so vieles angesprochen, wird Kritik an so vielen aktuellen Entwicklungen geübt, dass jeder etwas aus diesem Buch für sich mitnehmen kann. Best-Bewertung dafür von mir und eines der Bücher, das im Regal bleiben darf – auf Lebenszeit.

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