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Rezension zu
Die Diplomatenallee

Zeig mir, wie du schreibst und ich sage dir, wer du bist

Von: katikatharinenhof
15.03.2022

Heike hat sich bewusst dafür entscheiden, den Schreibwarenladen ihrer Familie weiterzuführen und ihre Tätigkeit als Graphologin an den Nagel zu hängen. Zumal die Kundschaft im Laden alles andere als langweilig ist, denn die Politprominenz geht bei ihr ein und aus, um edles Büttenpapier oder elegante Füllfederhalter zu kaufen. Aber als ihr ehemaliger Uni-Professor Buttermann im Laden steht, ahnt Heike nicht, dass sie zum Spielball der Geheimdienste wird... Annette Wieners blättert im Geschichtsbuch der deutsch-deutschen Vergangenheit und schlägt ein sehr interessantes Kapitel auf, dem bisher noch nicht wirklich viel Aufmerksamkeit gewidmet worden ist. Die innerdeutschen Beziehungen zur Zeit des Kalten Krieges, die Tätigkeiten von BND und Stasi und dem damit verbundenen Anwerben von vertrauenswürdigen Mitarbeiter:innen ist bis heute weitestgehend unbekannt und daher umso begehrter als Romanstoff. Der Schreibstil der Autorin ist ruhig, zurückhaltend und sehr geradlinig und passt somit perfekt zur Story. Sie vermittelt mit ihren sehr mit bedacht gewählten Worten nämlich schon eine gewisse Habacht-Stellung ihrer Protagonist:innen, die sich im Verlauf des Handlung als wachsam und weise herausstellt. Zwar braucht das Buch gut hundert Seiten, um so richtig in Fahrt zu kommen, aber ist die erste Hürde mit all den fachlichen Informationen zum Thema Graphologie genommen, läuft die Erzählung fast von alleine. Die Hintergründe zur Thematik sind interessant und bieten gute Einblicke in die Welt der damals agierenden Geheimdienste. Die Graphologie ist ein wichtiges Mittel, um Stärken, Schwächen und Zuverlässigkeit der anzuwerbenden Personen herauszufinden, eine Deutung des Charakters vorzunehmen und aufgrund dessen Entscheidungen zu treffen. Es gelingt der Autorin , das Verwirrspiel um Gut und Böse, Vertrauen und Misstrauen, Ehrlichkeit und Lügen durch die facettenreichen Charaktere sehr lebendig zu gestalten, damit hier die innere Zerrissenheit von Heike noch deutlicher hervorkommt und zum festen Bestandteil der Handlung wird. Überhaupt besitzt Heike eine Schlüsselfunktion - sie führt nicht nur durch das Hier und Jetzt, sondern gibt auch erschütternde Einblicke in ihre Kindheit frei, die nicht auf Rosen gebettet gewesen ist. Ihre tragische Rolle als Spielball von Politik und Macht ist sehr gut ausgearbeitet und zieht die Lesenden mitten hinein ins Geschehen. Buttermann ist ein echter Windhund, mit allen Wassern gewaschen und er verkörpert seine Rolle als Agent mit Bravour. Wie er Menschen manipulieren und für seine Zwecke einsetzen/missbrauchen kann, ist erschreckend und faszinierend zugleich. Seine Rolle in der deutsch-deutschen Geschichte steht stellvertretend für all die Menschenverführer:innen im damaligen System. Ein sehr gut recherchierten Roman, der mal nicht eben so schnell nebenbei gelesen ist. Trotz Anfangsschwierigkeiten stark im Aufbau und mit überzeugenden Darsteller:innen versehen.

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