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Rezension zu
Ich und die Walter Boys

Ich fühlte mich, wie ein Teil der Familie

Von: Madame Lustig
24.08.2016

Als ich das Buch zum ersten Mal sah und den Titel las, haben mir meine Augen einen kleinen Streich gespielt. Anstelle der Walter Boys sendeten sie nämlich die „Walton Boys“ an mein Gehirn und für einen klitzekleinen Augenblick dachte ich dann, dass diese berühmte Familie aus Kindheitstagen hier ihre Wiedergeburt erleben würde und applaudierte in Gedanken bereits kräftig vor mich hin. Aber auch ich, Schussel Nummer 1 der Familie, bin nie dauerhaft, sondern immer nur über einen kurzen Zeitraum schusselig, weswegen ich meinen Fehler dann doch recht schnell bemerkte, meine Vorfreude wieder hinter Schloss und Riegel verbannte und mich erst einmal dem Klappentext widmete. Und die Vorfreude ganz schnell wieder herauskramte. Aber worum geht es eigentlich? Nachdem Jackie alles verloren hat, ist sie gezwungen, von New York nach Colorado umzuziehen und dort gemeinsam mit den zwölf Kindern ihres neuen Vormunds unter einem Dach zu leben. Als wäre ein Dutzend Kinder nicht schon Grund genug, in Panik auszubrechen, sind es auch noch (fast) alles Jungs! Dass Jackie bis dahin absolut noch gar keine Erfahrung mit Jungs gemacht hat, macht die Sache auch nicht besser und so begegnet sie den Walter-Boys mit einem recht mulmigen Gefühl in der Magengegend. Schnell wird Jackie klar, dass es unter dem Dach der Walters keine ruhigen Minuten gibt und dass sie es schwer haben wird, von den Jungs akzeptiert zu werden, denn diese haben nichts anderes im Sinn, als ihr Streiche zu spielen oder sie mit blöden Kommentaren im Regen stehen zu lassen. Doch dann findet Jackie einen Weg, einen Draht zu ihnen aufzubauen und als sie Hilfe am nötigsten hat, lehren sie die Jungs zu leben … Direkt auf den ersten Seiten der Geschichte … lernen wir als Leser sehr schnell zwei ganz wichtige Sachen über Jackie: Erstens: sie glaubt nicht an die alles verzehrende Liebe, bei der man die Kontrolle über seine Gefühle verliert und Romeo & Julia sind in ihren Augen einfach nur unglaubwürdig. Zweitens: Sie ist ein Kontrollfreak und Listenfan. Mit diesem Wissen im Hinterkopf lassen wir uns von ihr mit auf das Abenteuer Walter-Boys nehmen und ahnen bereits, dass Jackies Ernsthaftigkeit für die ein oder andere witzige Situation sorgen könnte. Ich hatte wahnsinnigen Spaß, ihren lockeren und mitreißenden Erzählungen zu folgen, sodass es mir tatsächlich sehr schwer fiel, das Buch aus der Hand zu legen. Dieser allseits bekannte Nur noch ein Kapitel-Effekt stellte sich ein, was hier zu später Abendstunde doch zum Problem werden konnte, denn die Kapitel sind nicht gerade die kürzesten. Zitat: Ich wollte nicht die Neue sein – ich wusste nicht, wie! (S. 68) Wie der Titel schon deutlich macht, geht es hier vor allem um Jackie und ihr Leben mit den Walter Boys. Besonders gelungen fand ich dabei, dass tatsächlich jeder seine eigene Persönlichkeit, seine eigene Geschichte und Wiedererkennungswert bekam. So gelang es mir auch bald, die Jungs anhand von Benehmen und Aussagen einzuordnen und sie irgendwann auch einzuschätzen. Natürlich kann bei so vielen Charakteren nicht jeder jederzeit im Mittelpunkt stehen und natürlich git es den ein oder anderen Walter Boy, dem neben Jackie eine etwas größere Rolle zuteil wurde, doch hatte ich dabei zu keiner Zeit das Gefühl, irgendjemand anderes wäre deswegen stiefmütterlich behandelt worden. Im Gegenteil, es passte perfekt so, wie es war, hatte doch jeder seinen Platz und seine Daseinsberechtigung innerhalb der Handlung. Vom Wesen her sind die Walter-Boys grundverschieden und doch wieder gleich. Jeder hat seine eigenen Interessen und Vorlieben. Wo der eine ruhig und musikalisch ist, ist der andere ein Zocker, der nächste Steven Spielberg oder Autoschrauber. Sie können sich streiten, prügeln oder ignorieren, doch wenn es darauf ankommt, sind sie eine Einheit die gemeinsam Pläne schmiedet, die Suppe auslöffelt oder sich gegenseitig unter die Arme greift. Als Mädchen aus der Großstadt, das bislang immer nur ein reines Mädcheninternat besucht hat und auch ansonsten eher weniger Erfahrung mit dem anderen Geschlecht vorzuweisen hat, hat es Jackie besonders am Anfang ziemlich schwer zwischen den Jungs, die sie belauern wie ein Rudel Wölfe ihre Beute. Für sie bedeutet das in erster Linie, die Sprache der Jungs zu lernen, Ernsthaftigkeit und Perfektionismus abzulegen und sich anzupassen und zu leben, was Jackie allerdings gar nicht so leicht fällt, denn jedes Fünkchen Glück, das sie empfindet, beschert ihr ein schlechtes Gewissen. Zitat: Wie konnte ich die Gefühle vergessen haben, die so schmerzlich waren, dass sie sich anfühlten wie Narben, die ständig wehtaten? (S. 227) Als Jackie zu den Walters zieht, ist das Chaos natürlich vorprogrammiert. Die Jungs haben große Freude daran, ihr Streiche zu spielen und sie in den Wahnsinn zu treiben und diese Szenen gehörten tatsächlich zu meinen Liebsten, waren sie nicht nur witzig, sondern auch absolut glaubwürdig und passend, so dass ich jeden Moment davon während des Lesens bildlich vor Augen hatte. Leider gab es von diesen Streichen weitaus weniger, als man vielleicht meinen mag, denn schon bald steht nicht mehr das chaotische und turbulente Zusammenleben mit einem Haufen Jungs, sondern vielmehr die chaotischen Gefühle für einander im Vordergrund, was mir zwar gefallen hat, doch fehlten mir auf der anderen Seite dabei einfach die Streiche, die für mich zu einer Großfamilie mit lauter Jungs schlicht dazugehören. Bei so vielen Walter Boys unter einem Dach war Verwirrung für mich als Leser vorprogrammiert und gerade während der Kennenlernphase stand ich so einige Male auf dem Schlauch. Gut für mich und jeden anderen Leser, der sich nicht gleich auf einen Schlag ein Dutzend Namen, Charakterzüge und Interessen merken kann, dass es sowohl vorne als auch hinten jeweils kleine Steckbriefe gibt, auf die man schnell zurückgreifen kann. Ohne diese Spickzettelchen wäre mir das Abtauchen in diese Geschichte wahrscheinlich nicht einmal annähernd so gut gelungen, wie es schlussendlich der Fall war. Zusammengefasst heißt das … Spätestens seit dem Camden-Clan (bekannt aus „Eine Himmlische Familie“) wollte ich Teil einer Großfamilie sein und mit Ich und die Walten Boys bin ich es tatsächlich für kurze Zeit geworden. Jackies Erzählungen, die einzelnen Szenen, die Farben, die Gefühle – einfach alles an diesem Buch wirkte echt und lebendig, wodurch ich mich durchgehend wie mittendrin statt nur dabei gefühlt habe und zum Ende hin, als sich alles zusammengefügt hatte, sogar das ein oder andere Tränchen geweint habe, denn damit näherte sich meine Zeit in dieser tollen, chaotischen, lauten, frechen und liebevollen Familie im rasendem Tempo dem Ende. Ich wünsche mir wirklich selten eine Fortsetzung zu einem Buch, aber die Waltens würde ich mich allergrößter Freude noch einmal besuchen.

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