Rezension zu
Die Karte der zerbrochenen Träume
1001 Nacht im Schatten heutiger Kriegsflucht
Eine Fluchtgeschichte aus dem heutigen Syrien mit einer Märchenerzählung in der Tradition von 1001 Nacht zu verbinden, mag auf den ersten Blick als Versuch scheinen, die harte Realität durch diese Einbettung zu verniedlichen. Wer aber die Geschichte von der „Karte der zerbrochenen Träume“ tatsächlich liest, merkt schnell, mit welcher erzählerischen Kunstfertigkeit die Autorin hier mit gänzlich anderer Intention vorgegangen ist. Während sie im auf der realen Erzählebene schmerzlich realistisch die Irrfahrt der Familie aus ihrer zerstörten Heimat nachzeichnet, dabei durch die Wahl einer jugendlichen Hauptfigur einen speziellen, weniger politischen, aber besonders betroffenen und damit emotional nachvollziehbaren Standpunkt einnimmt, bietet die Autorin einen neutralen Blick auf einen sehr akuten Brennpunkt unserer Zeit. Kongenial ergänzt wird diese Erzählebene durch die, im Übrigen mit gekonnt orientalisch angehauchter Erzählkunst erdachte, Geschichte aus vergangenen Zeiten, die subtil aufzeigt, auf welchem kulturellem und historischem Grund jenes Geschehen überhaupt stattfindet, das wir gegenwärtig lediglich als traurige Dauerkatastrophenmeldung in unseren Nachrichtensendungen wahrnehmen. Jennifer Zeynab Joukhadar macht erst durch den, mit Märchenmotiven gestützten Rückgriff auf die Vergangenheit noch einmal ganz deutlich, dass es sich keineswegs um von vornherein sowieso geistig ferne und wüste Orte gehandelt hat, sondern blühende Wiegen von Zivilisation und Kultur (inklusive unserer eigenen).
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