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Rezension zu
Böse Lügen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Intensiv, spannend und hervorragend erzählt

Von: Michael Lehmann-Pape
05.11.2015

Einen Thriller um mehrere verschwundene Kinder, ein dramatisches, herzzerreißendes und lebenszerfetzendes Unglück und das Ringen einer Mutter um ihr aktuell verschwundenes Kind samt intensiver und, später, hin- und herwogender Tätersuche überhaupt erstmal auf den Falklandinseln anzusiedeln, ist ebenso originell, wie, letztendlich, ungeheuer passend. Eine kleine Zahl von Einwohner, von denen jeder jeden zu kennen scheint, eine Gemeinschaft, in der „das Neue“, Klatsch und Tratsch immer hoch im Kurs stehen. Eine Landschaft, die so dünn besiedelt, so weitläufig und, was die Strände angeht, so gefährlich ist, dass die Suche nach einem kleinen Kind wie die nach der Stecknadel im Heuhaufen stattfindet und die klamme Hand der Sorge zu Recht nach den beteiligten Familien greift. Zudem ein Unglück, dass drei Jahre zurückliegt, dass eine Lebensfreundschaft ebenso zerstört hat, wie eine Ehe und wie das Herz der meisten Beteiligten. Eine Mutter, die nicht mehr Mutter ist und deren Mund alles Lächeln verlernt hat, deren Leidenschaft nun dem Hass und der Rache zu gelten scheint. Ein ehemaliger Liebhaber, der als Soldat im Falklandkrieg diente, den die Bilder von damals nicht loslassen und der sich selbst nicht wirklich trauen kann. Außer in seiner Liebe zu einer Frau. Eine (noch) Mutter, deren Fahrlässigkeit (falls es das wirklich war) andere Leben gekostet hat und sie ihre „zweite Hälfte“, ihre engste und beste Freundin von Kindesbeinen an. Drei Personen, drei Perspektiven im Buch, in denen späterhin alles in Frage gestellt werden wird, was die ersten zweidrittel des Thrillers ausmacht. Eine Welt von Lügen, Selbstbetrug, Schuld, voll von Versuchen, Schuld abzutragen, die nicht abzutragen ist und dabei Leben zu bewahren, die aktuell gefährdet sind. Inmitten einer Landschaft und Atmosphäre, die Sharon Bolton intensiv zu zeichnen versteht. Dieses öde Land, diese enge Lebensweise und doch der Stolz auf die Heimat (wehe, einer oder eine der jungen kommt nicht umgehend nach der Ausbildung zurück auf die Inseln), das vertraute Miteinander und doch das einander auch fremd sein in all der Nähe. Mit drei Hauptpersonen bestückt, die, jeder und jede für sich, den Leser umgehend in den Bann ziehen, sobald sie beginnen, aus ihrer Perspektive die Ereignisse jener Tage im November zu erzählen, die hochdramatisch verlaufen werden, die aber ganz anders dann ausgehen, als zuvor beim Leser gedacht. Und die jeweils starke Empathie beim Leser erwecken, ein „Mitleiden“ in zerstörten Seelen, welches Bolton dicht in Szene setzt. Mit einem Finale, dass nicht sich in einer „Lösung“ erschöpft (außer ganz am Ende, in den letzten Zeilen des Buches), sondern den Leser ebenso wie die beteiligten Polizisten hin- und herwirft. Mehr sei aber von den turbulenten Enthüllungen im letzten Viertel des Buches nicht verraten, denn ähnlich wie bei „Gone Girl“ liegt der Reiz der Lektüre gerade darin, den Ereignissen emotional beteiligt in ihrer raschen Abfolge unvermittelt zu folgen. Intelligent, sprachlich hervorragend, flüssig und spannend erzählt, mit einem tiefen Blick für die „Untiefen“ der Personen und einem präzise getroffenen Lokalkolorit legt Sharon Bolton einen hervorragenden Thriller vor, der das Lesen überaus lohnt.

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