Rezension zu
Die Verlockung des Autoritären
Wichtige Lektüre zur richtigen Zeit
Von: Alexander PreußeWarum rennen so viele Menschen den Rechten hinterher? Die Frage bewegt sicher viele Zeitgenossen, die sich Sorgen über den Fortbestand der Demokratie machen. Ein paar Antworten, Hinweise und Analysen liefert das vorzügliche Buch »Die Verlockung des Autoritären« von Anne Applebaum. Deutschland kommt in diesem Buch nicht vor, was alles andere als ein Nachteil und eine Warnung ist. Was Polen, Ungarn, die USA und England hinter sich haben oder gerade erleben, steht uns vielleicht auch noch bevor. Man sollte nicht vergessen, dass 2010 weder Tories noch die US-Republikaner von dem Brexit- und MAGA-Wahnsinn beherrscht wurde, wie wenige Jahre später. Man kann also den Versuch unternehmen, die geschilderten Entwicklungen auf Deutschland zu übertragen. Allzu optimistisch wird man durch die Lektüre nicht. Dafür erhält man eine Reihe von Erklärungen an die Hand, etwa zu der spezifischen Persönlichkeitsstruktur, mit der Menschen ausgestattet sind, die dem Totalitarismus anhängen. Die Bedeutung intellektueller "clercs", jener gruseligen Ideenschmiede, oder der "restaurativen Nostalgiker" ist hochspannend! Wie die Sozialen Medien die Tendenz befeuern, wird auch dargestellt, Lügenkaskaden ohne Folgen gehören auch in Deutschland zum Instrumentarium machtbeflissener Politiker. Ganz wichtig ist für mich, dass Totalitarismus nicht ideologisch ist und gewohnte Begriffe »rechts« und »links« sinnlos sind. Es handelt sich um eine Machterhaltungs-Mechanik, eingeführt von keinem Geringeren als Lenin. Keine angenehme, aber eine hochspannende, gut geschriebene und erhellende Lektüre.
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