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Rezension zu
Wo die Geister tanzen

Auf den Spuren der Großeltern

Von: roomwithabook
07.02.2024

Joana Osman, Tochter eines Palästinensers und einer Deutschen, begibt sich mit diesem halb fiktionalen Roman auf die Spuren ihrer Großeltern väterlicherseits. Anhand von alten Tagebuchaufzeichnungen und den Erzählungen der weit verstreuten Familie imaginiert sie, wie es hätte sein können. Die Großeltern Sabiha und Ahmed Osman sind in Jaffa zu Hause, sie haben ein kleines Kino und eine große Familie, und auch mit den neu angekommenen jüdischen Nachbarn verstehen sie sich gut, obwohl sie keine gemeinsame Sprache haben. Doch mit der Gründung Israels und dem darauffolgenden Krieg ändert sich alles, die Familie muss fliehen, erst in den Libanon und später in die Türkei. „Flohen sie, wurden sie vertrieben, oder gingen sie freiwillig? Die Antwort darauf ist so bedeutsam wie komplex, denn von genau dieser Antwort hängt nahezu jeder Friedensplan, der je erdacht wurde, ab. (…) Fragen Sie meine Familie, so ist die Antwort eindeutig, aber sie wird meist nicht mit Worten gegeben, sondern mit Tränen.“ Joana Osman beschreibt das Leben im Exil, die Armut und das Nichtankommen, das Heimweh und die Suche nach Wurzeln. Sie bleibt dicht bei ihren Figuren und erzählt in einem lockeren und humorvollen Ton von deren Schicksal. Dabei schafft sie es, in einem versöhnlichen Ton über die Erfahrungen der einzelnen Familienmitglieder zu schreiben, ohne deren Leid zu relativieren. Das Buch erschien Ende August des vergangenen Jahres und wurde dann von den schrecklichen Ereignissen in Israel und Gaza eingeholt. Anfangs war ich mir nicht sicher, ob mir der Ton angesichts des immer noch andauernden Kriegs nicht zu leicht sein würde, doch diese Befürchtung hat sich nicht bestätigt. Ganz im Gegenteil, gerade jetzt ist es wichtig, Stimmen zuzuhören, die ein Miteinander für möglich halten und den Hass nicht noch weiter befeuern. Trotzdem wird sehr deutlich, welche Auswirkungen das Trauma des Heimatverlusts auch auf nachfolgende Generationen hat und wie wichtig es ist, irgendwo ankommen zu dürfen. Einen Pass zu besitzen war für Joanas Familie ein wichtiges Ziel, und lange Zeit wurde ihnen das verwehrt. Ihr Vater bekam ein Stipendium für ein Studium in Deutschland und heiratete dort ihre Mutter. Für seine Brüder im Libanon war die Situation ungleich schwieriger, da palästinensische Flüchtlinge dort weder Anspruch auf die Staatsangehörigkeit noch auf eine freie Berufswahl haben. Doch auch hierzulande wird die Flüchtlingspolitik immer restriktiver und rechte Gruppierungen wünschen sich Massendeportationen. Dieses Buch bietet einen persönlichen Blick auf die eigene Familiengeschichte, es ersetzt weder eine Auseinandersetzung mit den Hintergründen des Konflikts noch bietet es eine Lösung für den Krieg in Nahost. Das Schicksal der Familie Osman steht aber exemplarisch für viele vergleichbare Fluchtgeschichten und macht deutlich, wie wichtig es ist, sich für sie einzusetzen.

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