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Rezension zu
Rilke. Der ferne Magier

Das neue Sehen

Von: petraellen
01.01.2024

Auch Autoren unterliegen Moden – wie sich am Beispiel Rilkes besonders gut studieren lässt. In den 30er, den 50er und 60er Jahren schien kein Weg an Rilke vorbeizuführen – nicht für Leser/Leserinnen und auch nicht für junge Autoren/Autorinnen, die ihn nachahmten und seine Motive und seine Formensprache weiterentwickelten. In den 70ern, 80ern und frühen 90ern dagegen war Rilke so ›out‹ wie kaum ein anderer Dichter – zumindest was die deutsche Germanistik und das deutsche Feuilleton anbelangt. Ausnahmen bildeten Rilkes Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge und Neuen Gedichte, die nicht in Vergessenheit gerieten. Danach erlangt Rilke eine Renaissance, die zunächst zögerlich einsetzte, aber bis heute anhält. Der Autor Gunnar Decker sendet mit der Biografie keine neuen oder auch wissenschaftliche Erkenntnisse über Rilke aus, sondern schreibt über Rilkes Leben und Werk in verständlicher Form. Er geht dabei chronologisch vor und nutzt Rilkes Ausschnitte aus der Vielzahl seiner Briefe und Werke und setzt diese mit dem Leben und Entstehen seiner Dichtungen zusammen. Decker belegt mit Zitaten seine Aussagen, die ein Bild Rilkes wie bei einem Puzzle entstehen lassen. Rilkes Herkunft und Kindheit nehmen einen breiten Raum ein. Insbesondere das Verhältnis zu seiner Mutter Phia wird oft in Briefen erwähnt. Rilke hat sich im Umgang mit seiner Mutter hauptsächlich in Briefen verständigt, weil er den persönlichen Kontakt vermeiden wollte. Eckpunkte bilden ebenfalls Lou Andreas-Salomé und auch sein Aufenthalt in Paris bei Rodin. Bei François-Auguste-René Rodin lernt er das neue Sehen. Habe ich schon gesagt? Ich lerne sehen. Ja, ich fange an. Es geht nicht schlecht. Aber ich will meine Zeit ausnutzen. Rainer Maria Rilke „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ Gunnar Decker bringt so dem Leser/Leserin das Leben und die Persönlichkeit Rilkes näher. Rilke hat 2500 Briefe selbst verfasst und 6300 sind an ihn adressiert. Diese Briefe sind für Rilke künstlerischer Ausdruck und biografische Mitteilungen, die neben seinen entstandenen Werken sein Leben bilden. Gunnar Decker schafft einen Einstieg für alle, die Rilke näher kennenlernen wollen, aber auch für Rilkekenner eine harmonische Zusammenfassung. Der Panther Im Jardin des Plantes, Paris Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht. Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille – und hört im Herzen auf zu sein. Rainer Maria Rilke, 1903

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