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Rezension zu
Dallmayr. Der Glanz einer neuen Ära

Packende Familiensaga. Und ein ROMAN, keine Biographie!

Von: Edith N.
13.04.2023

„Als Geschäftsmann darfst du nicht immer nur auf die Zahlen schauen. Du musst auch Visionen haben, sonst bist du lediglich ein Verwalter des Status quo und irgendwann des Stillstands.“ (Seite 105) München 1905 bis 1920: Visionen hat Theresa Randlkofer, die verwitwete Chefin des Feinkostgeschäfts Dallmayr, genügend. Sie träumt davon, die Nachbargebäude dazuzukaufen, das Geschäft zu erweitern und ihrer Kundschaft das Lebensgefühl der modernen Warenhäuser zu bieten: leicht, elegant, weltmännisch und luxuriös. Sie ist schon so lange „Alleinherrscherin“ in ihrem Unternehmen, dass sie nicht einmal auf die Idee kommt, ihre erwachsenen Kinder um Zustimmung zu bitten oder sie auch nur über ihre Pläne zu informieren. Sie hat eine Idee, plant, organisiert und stellt den Rest der Familie vor vollendete Tatsachen. Tochter Elsa ist das egal. Sie ist Juristin, lebt in Zürich und will mit den Familienangelegenheiten nicht behelligt werden. Paul, der jüngste Sohn, macht eine Ausbildung in Frankfurt und hat eigene Probleme, Stieftochter Balbina hat sich von der Sippe losgesagt. Als uneheliche Tochter des verstorbenen Patriarchen Anton Randlkofer ist sie nie wirklich akzeptiert worden und fühlt sich ungerecht behandelt. Der älteste Sohn Hermann ist es, der sich über Thereses geschäftliche Alleingänge am meisten aufregt. Er fühlt sich übergangen und ist vom Mut und der Unternehmungslust seiner Mutter überfordert. Sie riskiert gerne was, um ihre Ziele zu erreichen, Hermann dagegen ist ein vorsichtiger Kaufmann. Mutter gibt Gas, Sohn bremst. Kein Wunder, dass das zu Problemen führt! Onkel Max, Anton Randlkofers jüngerer Bruder, ist der neidische Intrigant aus Band 1 geblieben und schreckt vor keiner Gemeinheit zurück, um einen Fuß in die Tür vom Dallmayr zu bekommen oder, wenn das schon nicht klappt, wenigstens seiner Schwägerin maximal zu schaden. Den interessantesten Umgang hat wohl Elsa Randlkofer. Als Schülerin schon ins Künstlermilieu hineingerutscht, umgibt sie sich jetzt mit verwegenen Revolutionären, Sozialisten und Friedensaktivisten wie z.B. Sonja Lerch (Sarah Sonja Rabinowitz) und dem Russen Alexej Droschin. Elsa ist finanziell und auch sonst unabhängig, in Zürich weit weg von den kontrollierenden Blicken ihrer Angehörigen und kann tun und lassen was sie will. Der Leser ahnt natürlich, dass die Randlkofers und die Firma Dallmayr bald Rückschläge erleiden werden, denn im Ersten Weltkrieg ist es vorbei mit luxuriöser internationaler Importware und zahlungskräftiger Kundschaft und Paul gerät in Kriegsgefangenschaft. Da es den Dallmayr heute noch gibt und er immer noch im Besitz der Familie Randlkofer ist, werden sie sich wohl irgendwie durchgewurstelt haben. Nur wie? Politische, gesellschaftliche und technische Entwicklungen sind elegant in die Familiensaga eingeflochten. Ja, und natürlich möchte man die Köstlichkeiten, die Lisa Graf so beschreibt, dass man sie zu sehen, zu riechen und zu schmecken meint, am liebsten an Ort und Stelle verkosten! Gibt’s eigentlich einen dritten Teil der Saga? Oder steht und fällt die Reihe mit der starken Führungspersönlichkeit Therese Randlkofer? Die Söhne wirken ja weit weniger charismatisch als die Mutter. Und die Töchter, Elsa und Balbina, sind weitgehend aus dem Familienbusiness raus. Ich würde dieser Familien- und Firmengeschichte gerne noch ein Weilchen folgen. Natürlich ist mir bewusst, dass das keine Biographie ist, sondern ein Roman, der sich an reale Personen und Ereignisse anlehnt. Therese und Anton Randlkofer gab‘s wirklich, genau wie ihre Kinder Hermann, Elsa und Paul. Halbschwester Balbina dagegen ist eine fiktive Figur. Ich habe mich dann bei jeder Nebenfigur, von der ich noch nie zuvor gehört hatte, gefragt, ob die nun real oder erfunden ist. und habe mich in den unendlichen Weiten der Internetsuche verloren. Das sind die bekannten Nebenwirkungen eines Romans, in dem historische und fiktive Menschen und Ereignisse vorkommen. Als historischer Roman ist die Dallmayr-Saga unterhaltsam, spannend und man lernt noch was dazu.

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