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Rezension zu
Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit

Detailreich und bildgewaltig - ein besonderes Werk

Von: Nicoles Bücherwelt
28.03.2023

Von Vergangenheit, Gegenwart und den Ewigkeitswölfen… Von Karl Ove Knausgård ist mir noch gut sein Buch „Der Morgenstern“ in Erinnerung geblieben, das im April 2022 erschienen und der Auftakt eines neuen Romanzyklus ist. „Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit“ ist der zweite Band, aber keine direkte Fortsetzung, da hier einige Geschehnisse zu einem früheren Zeitpunkt angesiedelt sind. Später aber werden aber Zusammenhänge spürbar. Die Handlung erstreckt sich auf über 1.000 Seiten und schnell wird wieder der bildgewaltige Schreibstil und die präzise Figurenzeichnung des Autors sichtbar. Neben weiteren Nebenfiguren stehen besonders zwei im Mittelpunkt, die man nach und nach immer besser kennenlernt: Syvert und Alevtina. Nach einem kurzen Kapitel, das im Jahr 1977 angesiedelt ist, beginnt die Geschichte im Jahr 1986 in Norwegen. Der damals neunzehnjährige Syvert Løyning kehrt nach seinem Militärdienst zu seiner Mutter und seinem zwölfjährigen Bruder Joar zurück. Noch unsicher, wie es für ihn weitergeht, lebt er sich langsam wieder Zuhause ein. Gleichzeitig ist er rastlos, verfolgt mit Sorgen die Tschernobyl-Katastrophe und die Unruhen in der norwegischen Politik. Auch Erinnerungen an seinen verstorbenen Vater werden wieder stärker, nachdem er von ihm geträumt hat. Als er in der Scheune in dessen Nachlass einige Briefe in einer fremden Sprache findet, fragt er sich, wie das Leben seines Vaters wirklich aussah – wohn führten ihn seine beruflichen Reisen? Nach und nach erfährt er einiges über das andere Leben seines Vaters, das bis in die Sowjetunion führt. „Ich las sämtliche Briefe mehrere Male. Es war wie ein Wind, der mich durchwehte und alles, was stabil schien, durcheinanderwirbelte. Ich wusste nicht, was ich glauben, was ich denken sollte.“ (Syvert) – Seite 301, eBook Viele Jahre später in Russland: Die Wissenschaftlerin Alevtina fährt zusammen mit ihrem Sohn Seva in ihre Heimatstadt Samara – zum achtzigsten Geburtstag ihres Vaters. Dieses Wochenende ist gleichzeitig auch eine Reise voller Erinnerungen in die Vergangenheit. Auch ihre Freundin Vasilia spielt eine Rolle, sie arbeitet an einem Essay, in dem sie sich mit dem Tod, dem Leben und der Ewigkeit auseinandersetzt… Dieses ist nur ein kleiner Einblick in das umfassende Werk, das mehrere Jahrzehnte umspannt und dessen Ereignisse sich nach und nach immer mehr miteinander verweben. Mal deutlich sichtbar, mal nur leise im Hintergrund. Das Buch ist in der Ich-Perspektive aus der Sicht von fünf verschiedenen Figuren geschrieben, die mit jedem Abschnitt wechseln. Mal nur wenige Seiten lang, mal mehrere hundert Seiten am Stück. Die längsten Abschnitte sind über Syvert und Alevtina – es wird sehr ausführlich: Von kleinsten Details aus dem Alltag der einzelnen Charaktere, über den Tagesablauf bis hin zu deren Ängste, Gedanken und Träume. Obwohl manchmal gar nicht viel passiert, ist es doch auf besondere Weise fesselnd: Knausgård schreibt so atmosphärisch dicht, dass man unbedingt wissen will, wie es weitergeht. Großartig sind auch die immer wieder einfließenden Beschreibungen der Natur. „In der Ferne ging, gelbrot und verschleiert, die Sonne unter und nach und nach verschwand das Licht von den Feldern, hing noch eine Weile weit oben auf den Höhen zu beiden Seiten, ehe es auch dort losließ und die Dunkelheit langsam die Leere füllte, die es hinterlassen hatte.“ – Seite 221, eBook Und über allem kreisen Fragen zum Leben und der Ewigkeit – besonders im Abschnitt der „Ewigkeitswölfe“ wird es philosophisch. Wie schon beim Vorgänger bleibt manches offen und man überlegt, was genau nun damit gemeint ist. Wie ich festgestellt habe, gehört das aber irgendwie dazu. Durch die sehr gute Figurenzeichnung wird vieles sichtbar im Leben der Einzelnen – es wird mal bedrückend und traurig, mal nachdenklich und berührend, aber auch glückliche Momente tauchen auf. Nach und nach verwebt sich vieles miteinander – ganz langsam und anders als zu nächst gedacht – aber sehr gelungen. Auch der mysteriöse Stern bleibt nicht unerwähnt. „Er hatte die empfindsamsten Augen, die ich jemals gesehen hatte, von allen Menschen. Sie standen weit offen zu seiner Seele, und wenn er sich selbst vergaß, wie er es jetzt tat, war er vollkommen wehrlos, nichts stand zwischen ihm und der Welt.“ – Seite 415, eBook Das Buch ist sehr umfangreich, man sollte sich etwas Zeit dafür nehmen – auch braucht man etwas Geduld. Es wird auch mal sehr ausschweifend mit langen Schilderungen von eher nebensächlichen Sachen. Wenn man aber genau diese Romane mag, dann ist es die perfekte Lektüre. Mir hat es sehr gut gefallen und die letzten Sätze am Ende machen neugierig auf weitere Romane. Mein Fazit: Ein beeindruckendes Werk, das durch seine bildgewaltige Schreibweise und der starken Figurenzeichnung überzeugt. Atmosphärisch dicht und mehrere Jahrzehnte umspannend werden bei den einzelnen Charakteren Verbindungen sichtbar – mal deutlich und mal nur am Rande. Dieses ist auf besondere Weise spannend zu verfolgen. Man sollte etwas Geduld und Ausdauer für diesen 1.056 Seiten umfassenden Roman haben. Es wird sehr detailliert, ausführlich und auch mal etwas philosophisch. Ein außergewöhnliches und sehr lesenswertes Buch!

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