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Rezension zu
Eine ganz dumme Idee

Absolut lesenswert

Von: Bodhi
21.03.2023

MEIN Fazit: Ich hab hier eher eine lustige Geschichte erwartet - zwar gespickt mit einigen philosophischen Botschaften, wie ich es aus "Ein Mann namens Ove" gewöhnt bin, aber vor allem mit einer skurrilen Verkettung von Ereignissen und amüsanten Lebensgeschichten, die hier mit Tiefe, aber Augenzwinkern erzählt werden. Einerseits, ja, war es das. Schon auf den ersten Seiten hat mich der witzig, leichte Stil eingefangen, der über den missglückten Bankraub und die Geiselnahme berichtet und wie das Verhör bei der Polizei nach dem ganzen Drama abläuft. Erzählt wird nämlich in zwei bzw drei Zeitebenen. Zum einen das, was danach passiert: die Geiseln sind frei, werden verhört, um das Geschehene rekonstruieren zu können und dabei lernen wir die beiden Polizeibeamten kennen: Jim und Jack. Der eine ist schon etwas älter, erfahrener und hat einen gewissen Beschützerinstikt entwickelt zu Jack - einem noch recht jungen Kollegen, der auf seine eigene Art an die Sache herangehen will. Zum anderen lernen wir durch die Dialoge in den Verhören die Geiseln kennen. Ein bunt gemischter Haufen an Menschen, die sich alle zufällig bei der Wohnungsbesichtigung getroffen haben, in die der Bankräuber auf seiner Flucht hineingeplatz ist. Und außerdem werden nach und nach diese Personen beleuchtet, Momente aus ihrer Vergangenheit, aber auch die Beziehungen untereinander in der Gegenwart, ihre Gefühlswelt - ihre Ängste, ihre Hoffnungen, ihre Träume. Das alles hängt mit einer Brücke zusammen. Und da wären wir an einem Punkt, der einen Schatten wirft auf den Humor, mit dem der Autor die Schwere der Themen etwas auflockern will. Psychische Probleme und Selbstmordgedanken sind hier nämlich immer wieder präsent, womit ich hier gar nicht gerechnet hätte. Die Einzelschicksale, die Backman beschreibt, mögen teilweise konstruiert wirken - aber oft ist es ja auch so, dass ein Schlag nach dem anderen folgt und man so in eine Abwärtsspirale trudelt, dass man keinen Ausweg mehr sieht. Doch man sucht ihn sich, das Leben findet seine Hintertürchen, seine Verstecke, seine Mauern - aber hier können wir hinter die Fassaden schauen. Sie war der Überzeugung, dass man freundlich zu seinen Mitmenschen sein muss, auch zu den unangenehmen, weil man nie weiß, welch schwere Last sie tragen. Zitat Seite 144 Wir erleben mit unseren Mitmenschen viele Momentaufnahmen, aber vieles bleibt auch verborgen und während jeder versucht, gutes zu tun und seinen Prinzipien gerecht zu werden, gibt es immer wieder Ereignisse, die uns völlig aus der Bahn werfen können. Es geht um Einsamkeit, Verlorenheit, Unsicherheit und Hilflosigkeit - aber auch Mitgefühl, Akzeptanz und die Chance auf eine Zukunft, ein Licht am Ende des Tunnels, wenn man genauer hinschaut, genauer zuhört und selbst verzweifelte Entscheidungen oder "dumme Ideen" einen Weg ebnen, den man vorher gar nicht wahrgenommen hat. Jede der Personen wird sehr gut beleuchtet, die eine mehr, der andere weniger, aber man bekommt ein ziemlich gutes Bild und ich hab mit einigen von ihnen sehr mitgelitten. Während die Dialoge bei den Verhören mich nicht so angesprochen haben, war alles andere ein Sammelsurium an Botschaften, die die vielen Fehleinschätzungen und Vorurteile aufzeigen, die Menschen gegenüber anderen Menschen entwickeln, ob bewusst oder unbewusst. Ich musste manches erstmal etwas sacken lassen, da mir hier vieles recht nahe ging. Am Ende sind sogar Tränen geflossen, was mir beim Lesen wirklich selten passiert und mich hat schon lange kein Buch mehr emotional so mitgenommen. Ich lese sowas auch eher ungerne, hab aber hier - wie gesagt - gar nicht damit gerechnet. Ein für mich äußerst aufwühlendes Buch, dass mich aber auch zum Schmunzeln, zum Nachdenken und zum Lachen gebracht hat und das sicher noch einige Zeit nachklingen wird. So viele Menschen hadern mit den Steinen, die ihnen in den Weg gelegt werden und bauen damit Mauern, um sich zu schützen, statt einen Weg, der sie mit anderen zusammenbringt. Das folgende Zitat mag ich besonders, da Sicherheit oder das Gefühl von Kontrolle, eine Illusion ist. Es gibt keine Kontrolle über das, was passiert - natürlich kann man es lenken, kann Entscheidungen treffen, auf sich acht geben und andere beschützen etc. aber man muss auch wieder lernen, zu leben und Freude zuzulassen, ohne die ständige Sorge im Hinterkopf, die jeden schönen Moment schon im Vorfeld erstickt und die spontanen, impulsiven Augenblicke gar nicht mehr möglich werden lässt. Dabei sind es meistens die, die man im Gedächtnis und Herzen behält: "Schiffe im Hafen sind sicher, mein Junge, aber dafür sind Schiffe nicht gebaut." Zitat Seite 284 Und auch das letzte Zitat ist ein schöner Spruch für all die Unsicherheit, die uns bei den täglichen Entscheidungen begleitet und die unseren Alltag zupflastern mit unendlich vielen Möglichkeiten und dem ständigen Abwägen zwischen "richtig" und "falsch", dem Zweifel, der an uns nagt und uns dabei alles offenlässt und jede Chance bietet: "Etwas nicht zu wissen ist ein guter Ausgangspunkt." Zitat Seite 434

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