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Rezension zu
Die Augen der Galaxis

Typischer Mittelband

Von: Buecherbriefe
11.03.2023

Das Universum in Aufruhr Nach Jahren des Friedens sind die Architekten zurück! 80 Jahre nach ihrem plötzlichen Verschwinden fahren die mondgroßen Lebewesen mit ihrem zerstörerischen Werk fort und Formen ganze Planeten ohne Rücksicht auf die heimischen Lebensformen zu gigantische Skulpturen um. Doch dieses Mal ist etwas anders: Boten Artefakte der geheimnisumwobenen Originatoren früher noch einen verlässlichen Schutz vor ihren Angriffen, so haben die Architekten dieses Mal einen Weg gefunden, diese zu überwinden. Damit ist keine Lebensform im gesamten Universum mehr vor ihnen sicher und die verschiedenen Völker sind dazu gezwungen zusammenzuarbeiten, um zu überleben. Doch sind sie wirklich dazu in der Lage, ihre Differenzen beiseitezulegen? Einfacher Einstieg Schon der erste Band war überfrachtet mit zahlreichen Figuren, Ideen, Völkern, politischen Gruppierungen und zahllosen Action-Szenen, sodass es als Leser nicht leichtfiel, den Überblick zu behalten. Meine Befürchtung war nun, dass der Abstand (von zugegebenermaßen sehr kurzen vier Monaten) den Wiedereinstieg zusätzlich erschweren würde. Tchaikovsky wirkt diesem Effekt glücklicherweise entgegen, indem er im ersten Drittel des Romans ein recht gemächliches Erzähltempo einschlägt. Die Handlung setzt einige Monate nach dem Ende des ersten Teils an und wir Leser bekommen zunächst einmal (die notwendige) Zeit, um uns in dieser komplexen Welt zurechtzufinden. Als überaus hilfreich erweisen sich dabei die vielen eingestreuten Erklärungen, die dabei helfen, Erinnerungen wachzurufen und Ereignisse einzuordnen, sowie der Anhang, der die wichtigsten Begriffe kurz und bündig erklärt. Hinzu kommt noch die klare, von einfachen Satzkonstruktionen und vielen Dialogen geprägte Prosa des Autors. Angesichts der Weite und Komplexität von Tchaikovskys-Kosmos stellt es eine wahre Wohltat dar, zumindest in dieser Hinsicht vor keiner Herausforderung gestellt zu werden. Positiv hervorheben möchte ich zudem, dass wir mit nur wenigen wirklich neuen Elementen und Charakteren konfrontiert werden. Stattdessen werden viele Aspekte des ersten Teils wieder aufgegriffen und weiterentwickelt. Nachdem wir im ersten Teil im Grunde genommen nur einen Überblick über die komplexen Strukturen bekommen haben, gehen wir mit diesem Band einen Schritt weiter und durchdringen die nächste Schicht. So bekommen wir beispielsweise tiefere Einblicke in die Lebensverhältnisse der nicht menschlichen Lebensformen, allen voran der Schwarmer, der Essiel oder auch der Naeromathi. Dieses Wissen ist auch bitter nötig, hilft es uns doch dabei zu verstehen, warum sich die verschiedenen Gruppierungen so unterschiedlich verhalten und welche Schwierigkeiten der Zusammenarbeit der Völker entgegenstehen. Das im ersten Band noch prägende und immer noch relevante Flüchtlingsthema wird dabei weitestgehend von politischen Ränkespielen verdrängt. Herrschte im ersten Band noch eine brüchige Solidarität ob des gemeinsamen Feindes, so wird nun deutlich, wie unterschiedlich die Vorstellungen zur Lösung des Architekten-Problems im Einzelnen aussehen. Die Auswirkungen dieser Differenzen reichen dabei von einem generellen Misstrauen bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Erschwert wird dieser Konflikt durch die fehlende Möglichkeit der Kommunikation. So gibt es zwar Dolmetscher, doch sind die Lebens- und Denkweisen so unterschiedlich, dass jede Übersetzung nur eine Annäherung an die Wahrheit darstellen kann. Wer schon einmal einen Text in eine andere Sprache übersetzt hat, weiß, wie gravierend die Unterschiede ausfallen können und wie mag sich dies es erst bei unterschiedlichen Lebensformen darstellen? Die Folge ist, dass eine Zusammenarbeit so gut wie unmöglich ist und jedes Volk mehr oder weniger auf sich allein gestellt ist im Kampf gegen die Architekten. Nirgendwo wird die unzureichende Kommunikationsfähigkeit deutlicher als bei den Nachforschungen von Idris. Ohne zu viel verraten zu wollen, gelingt es ihm in diesem Band, neue Erkenntnisse in Bezug auf den Unraum und die Architekten zu gewinnen. Jedoch ist es ihm unmöglich, diese Erkenntnisse adäquat in menschlichen Worten wiederzugeben (an diesen Stellen erinnert der Roman beinahe schon an Lovecrafts kosmisches Grauen), sodass jede Partei dieselben Informationen anders wahrnimmt und unterschiedliche Entscheidungen trifft. Gelungene Action-Szenen Aufgelockert wird diese Problematik durch die abermals hervorragend choreographierten und abwechslungsreichen Action-Szenen. Auch wenn sich ihr Gewicht zugunsten politischer Machtspiele und der Erforschung der Architekten reduziert haben mag, kommen sie womöglich gerade deswegen noch besser zur Geltung. Sympathisches Figurenensemble Eine der großen Stärken des ersten Bandes war das hervorragende Figurenensemble und daran hat sich auch in diesem Band nichts geändert. Wir treffen auf die Überlebenden des ersten Bandes und insbesondere die Crew der Geiergott zaubert uns mit ihrer ruppigen und zugleich charmanten Art immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Erfreut kann man dabei feststellen, dass Tchaikovskys Figuren nicht stehen bleiben, sondern Entwicklungen durchlaufen. Zudem erhalten interessante Charaktere wie Olli oder Kris deutlich mehr Raum, als es noch im vorherigen Band der Fall war. Auch die Hauptfigur Idris durchläuft eine äußerst positive Entwicklung. Stellte er im ersten Band noch einen weinerlichen Schwächling dar, der von allen Parteien hin und her bewegt wurde, entwickelt er sich hier zu einem trotzigen Schwächling (immerhin!), der das hin und her bewegen für sich auszunutzen lernt und seine Rolle innerhalb dieses Konflikts endlich akzeptiert. Typischer Mittelband So gern ich es auch täte – ich kann leider nicht nur Gutes über diesen Roman berichten. Der zweite Band einer Trilogie stellt regelmäßig auch den schwächsten Band dar und Die Augen der Galaxis macht davon (scheinbar/hoffentlich) keine Ausnahme. Es liegt nun einmal in der Natur dieses Konzepts, dass ein Autor hier einen schwierigen Spagat wagen muss. Einerseits muss er den Leser bei Laune halten, andererseits darf er nicht den abschließenden Band obsolet machen. Und hierin liegt auch das Problem: Zwar gewinnen wir durchaus einige Erkenntnisse über die Architekten, aber einer wirklichen Lösung des Konflikts nähern wir uns nicht an – dies bleibt naturgemäß dem abschließenden Band vorbehalten. Vielmehr beschränkt sich Tchaikovsky darauf, uns mit wenigen Informationshäppchen abzuspeisen und die verschiedenen Kräfte für den entscheidenden Band zu positionieren. Was bleibt? Die Augen der Galaxis von Adrian Tchaikovsky ist damit wie auch der erste Band ein hervorragender Science-Fiction-Roman der durch sympathische Charaktere, eine faszinierende Hintergrundwelt und packende Action-Szenen zu überzeugen vermag. Dafür, dass ich sehr selten Space-Operas lese, fühle ich mich hier hervorragend unterhalten. Den Charakter eines Mittelbandes kann er dennoch nicht verleugnen, zu dünn sind im Endeffekt die gewonnenen Erkenntnisse. Nichtsdestotrotz freue ich mich bereits auf den dritten und abschließenden Band der Architekten Trilogie (Lords of Uncreation) der im Original im April/Mai dieses Jahres erscheinen soll und hoffentlich schon bald eine deutsche Übersetzung folgen lässt. Fazit: Die Augen der Galaxis von Adrian Tchaikovsky ist ein hervorragender Science-Fiction-Roman, der die Stärken des ersten Bandes ausbaut, aber auch an den typischen Schwächen eines Mittelbandes leidet. Wer vom ersten Band überzeugt war, wird hier dennoch seine Freude haben!

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