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Rezension zu
Heumahd

Zeitreise ins Oberland vor 140 Jahren

Von: Stage Reptiles
12.02.2023

Eine fast 140-jährige Reise in die Vergangenheit wird angetreten, wenn man Heumahd aufschlägt und sich in den Roman vertieft. Das Leben der jung verwitweten Bäuerin Vroni Grasegger im Werdenfelser Land ist nicht einfach. Nicht nur die eigene Magd ist neidisch auf sie, auch die Bewohner des kleinen Dorfes beäugen die junge Frau argwöhnisch. Schließlich will sie den Hof nun alleine bewirtschaften, mit einer Magd, einem Knecht, dem alten Onkel und dem Idiotenkind, dem Bankert des Verstorbenen. Aber Vroni setzt sich durch. Liebevoll kümmert sie sich um das kleine mongoloide Rosl, was Ende des 19. Jahrhunderts nicht selbstverständlich war. Aber sie bringt der Kleinen Liebe und Geduld entgegen, beschützt sie vor dem Spott und den Angriffen der Kinder aus dem Dorf und bringt ihr das Sprechen bei. Nur heiraten, das will sie nicht mehr. Der Grasegger-Bauer war ein rauer Mann, älter als sie, nicht treu, trank gerne und schlug sie, wann er wollte. Das war kein Einzelschicksal zur damaligen Zeit, macht das Leben aber nicht weniger bitter. Susanne Betz ließ sich zu diesem Roman durch ein Bild von Wilhelm Leibl inspirieren. Den Maler gab es wirklich und er ist bekannt für seine realistischen Werke, das Leben ungeschönt darstellend. Oft sind seine Motive Bauern und das einfache Volk, das gezeichnet ist vom harten Leben, der Sonne, der Arbeit und der Abhängigkeit vom Wetter. So schonungslos, wie seine Bilder, ist Betz' Erzählung des Lebens auf dem Grasegger-Hof. Die Historikerin beschreibt sehr genau die so wichtige und gleichzeitig so kräftezehrende Heumahd, die über Wochen das ganze Dorf beschäftigte und danach einzig abhängig vom Wetter war. Und als es regnete und das gesamte Heu verschimmelte, musste man entweder zukaufen oder einfallsreich sein. Vroni ist letzteres, besinnt sich auf alte Traditionen und Wissen und steht ihre Frau. Der Maler Wilhelm Leibl findet hingegen seinen eigenen Platz in der Geschichte, als guter Freund und Stadtmensch, der etwas Weitsicht auf den Hof und in das Dorf bringt. Auch wenn seine Anwesenheit nicht immer gern gesehen ist, ist er für die Protagonistin bald eine wichtige moralische Stütze - und die braucht sie auch. Wer gerne wandern geht, kann viele Örtlichkeiten aus dem Roman zu Fuß erkunden und heute noch die Schönheit von damals entdecken. Das Oberland, die Freiheit, die Erholung, die Natur - aber auch die Mühen einer mittlerweile längst vergangenen Zeit. Das ausklingende 19. Jahrhundert ist realistisch eingefangen und die Erzählung entführt den Leser in das idyllische, aber auch sehr harte Bayern - wie ein Urlaub auf der Couch.

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