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Rezension zu
Das Adelsgut

Ein wahrhaftiger Klassiker der russischen Literatur.

Von: MarcoL
26.07.2022

Fjodor Lawretzki zieht es zurück in seine Heimat. Nachdem er turbulente Zeiten in Paris und Italien erlebte, möchte er sich gerne wieder zu Hause niederlassen. Ruhe und Beschaulichkeit, ja sogar russische Traditionen, sollen wieder mehr Platz in seinem Leben finden. Nach den Reisen durch die Städten bevorzugt er den Aufenthalt auf dem Land. Ein besonders verwahrlostes Landgut in seinem Besitz hat es ihm besonders angetan. Es wird wieder hergerichtet und wohn- und auch herzeigbar gemacht. Und eine neue Liebe, sehnsüchtig, verzehrend, unerfüllt, bemächtigt sich seiner. Lisa ,die junge, sehr tugendhafte Tochter seiner Cousine, hat ihm den Kopf verdreht, zumindest glaubt er das. Ob er, als weltgewandter Herr, sich den strengen Regeln des keuschen, erzkatholischen Russlands unterordnen kann, sei dahingestellt. Zudem ist er immer noch verheiratet, auch wenn diese Bindung nicht von Glück und Überschwang gesegnet ist. Im Prinzip klingt der Inhalt, der ganze Rahmen dieses im Jahr 1842 spielenden Romans wie eine leidvolle Lovestory (quasi älterer Herr verliebt sich in junge Frau). Doch dem ist nicht so. Es ist nur ein Konstrukt für den Autor, um all das zu erzählen, was ihm wohl wichtig erschien. Turgenjew malt mit seinen Worten unglaubliche Bilder der damaligen Zeit. Auch wenn die Handlung selbst dahin weht wie ein laues Lüftlein, so merkt man, welcher Sturm der schreibenden Leidenschaft sich in den Zeilen verbergen mag. Das leidende „Ich“, charakteristisch für seine Protagonisten, wird eingebaut in eine Welt des russischen Landadels mit allem was dazu gehört. Manchmal kommt es einem vor wie eine ruhige Kamerafahrt durch die Landgüter, lauscht Gesprächen, bestaunt deren Leben zwischen russischer Tradition und dem Wunsch, am aufblühenden Wandel Europas teilzunehmen, und nimmt als Leser in gewisser Art selbst daran Teil. Ruhig, ohne Hektik, entsteht so ein fein skizziertes, oftmals kritisch beleuchtetes Portrait der damaligen Gesellschaft. Die russische Wehmut plätschert sanft an die Ufer, ohne zu überfluten. Und selbst eine gewisse Ironie, besonders in den Dialogen, fehlt nicht, spiegelt sich gar in versteckter Kritik wider. Ein ganz großes Lob geht an die Übersetzerin für diese sehr wundervolle Arbeit. Meine Leseempfehlung richtet sich an alle Freunde klassischer und russischer Literatur, oder jene welche es noch werden wollen. Das Buch selbst ist, wie immer beim Manesse Verlag, ein Fest für Haptik und Optik.

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