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Rezension zu
Das Marzipan-Schlösschen

Ein Buch, so fein und sinnlich wie Marzipan

Von: Christina Boersch
15.10.2021

Das Buch „Das Marzipan-Schlösschen“ von Romy Herold spielt in Lübeck der 1920er Jahre und zeigt den gesellschaftlichen Aufstieg der jungen Marzipan-Verkäuferin Dora. Schwaben im Jahre 1921: Die junge Dora arbeitet als Verkäuferin in Kirchheim unter Teck. Sie ist eine sehr lebensfrohe und freundliche Person, auch wenn sie nicht im Wohlstand aufwächst. Als ihr Vater von einem Tag auf den anderen seine Frau und Tochter verlässt und die Beiden auf hohen Schulden sitzen bleiben, wird Dora von ihrer Mutter nach Lübeck geschickt. Dort findet sie eine Anstellung im Süßwarenladen ihrer Tante. Ihr Talent in Formen kleiner Marzipan-Figuren macht sie schnell in ganz Lübeck bekannt. Auch Johann Herder, der Erbe einer Marzipan-Dynastie, wird auf Dora aufmerksam. Die beiden werden ein Paar, doch das Zuhause der Familie Herder, das Marzipan-Schlösschen, ist nach außen hin ein wunderschöner Ort, Dora gerät aber in einen Strudel aus Geheimnissen und Intrigen. Als das Buch „Das Marzipan-Schlösschen“ von Romy Herold vor einigen Monaten angekündigt wurde, war mein Interesse sehr schnell geweckt. Zum einen, da hinter dem Pseudonym Romy Herold die Autorin Eva-Maria Bast und der Autor Jørn Precht stehen, die mich schon mit ihren Büchern unter ihrem Pseudonym Charlotte Jacobi begeistert haben. Zum anderen verzauberte mich das stimmungsvolle, winterliche Cover und der Klappentext sofort, da ich Marzipan sehr gerne mag und auch die Stadt Lübeck ein absoluter „Da-muss-ich-unbedingt-mal-hin-Ort“ ist. Über das „Bloggerportal“ fragte ich den Titel als Rezensionsexemplar an und bekam das Buch daraufhin zugeschickt. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Blanvalet-Verlag für die Bereitstellung und Zusendung des Buches. Am Anfang des Buches befindet sich eine dreiseitige Übersicht der wichtigsten Figuren des Buches. Mein erster Gedanke war, dass das einige sind und ich war gespannt, ob ich mir all die Figuren und ihre Geschichten merken könnte. Eines vorweg: Ich hatte keine Probleme damit. Eine der Hauptfiguren des Buches ist die junge Dora: Wie oben schon erwähnt, wächst sie in eher bescheidenen Verhältnissen auf, trotz allem ist sie eine lebensfrohe und heitere Persönlichkeit. Zu ihren Eltern, bei denen sie noch lebt, hat sie ein gutes und offenes Verhältnis. Es trifft sie und ihre Mutter aus heiterem Himmel, als sich der Vater plötzlich aus ihrem Leben absetzt. Dora ist äußerst kreativ, sagt anderen ihre Meinung, wirkt aber doch manchmal etwas naiv und begeht auch Fehler, welche sie aber später einsieht. Dora war mir ab der ersten Seite sympathisch, da sie für andere einsteht, dabei aber ihre eigenen Träume und Wünsche nicht aus den Augen verliert. Doras Cousine Babette ist ein sehr impulsiver Charakter. Sie weiß was sie will, scheitert aber des Öfteren an den Konventionen der Zeit. Anfangs fand ich Babettes Verhalten etwas anstrengend, da sie oft eingeschnappt ist. Doch sie verändert sich im Laufe des Buches sehr zum Positiven und geht ihren Weg. Auch sie verliert das Wohl anderer Menschen nicht aus den Augen und ist immer für ihre Lieben da. Siegfried, genannt Siggi, ist der Adoptivbruder von Babette und einer meiner Lieblingscharaktere des Buches. Er hat eine schlimme Kindheit im Kinderheim hinter sich, welche ihn für sein Leben geprägt hat. Trotz allem hat er eine so liebenswerte Ausstrahlung, dass man ihn einfach gerne haben muss. Er hat ein Gespür für das Befinden der Menschen in seiner Umgebung und lässt diese nie im Stich. Iny und Einar sind die Eltern von Babette und führen den Süßwarenladen in Lübeck. Mit ihrer freundlichen und herzlichen Art gegenüber Siggi und Dora, habe ich die Beiden sofort ins Herz geschlossen. Einar ist schwer gezeichnet von den Erlebnissen an der Front des Ersten Weltkrieges. Doras Mutter Hedwig ist eine gute Seele, die stets in den Menschen das Gute sucht und findet. Kommen wir nun zu der Familie Herden, die Marzipan-Dynastie: Hier möchte ich zuerst Johann nennen, der ein sehr undurchsichtiger Charakter ist. Er sprüht geradezu vor Elan, die Marzipan-Fabrik zu übernehmen, wirkt aber nie richtig glücklich. Er sammelte bei mir nicht nur Sympathie-Punkte, teilweise stieß mich sein Verhalten Dora gegenüber sehr ab. Sein Bruder Felix ist da ganz anders: Er sprüht vor Lebensfreude und hat ganz andere Lebenspläne als sein Bruder Johann. Von Anfang an mochte ich seine offene, ehrliche Art und seine Sicht auf die Dinge. Neben diesen Figuren agieren noch eine Vielzahl anderer Figuren, die mich alle überzeugen konnten. Sie sind facettenreich und lebensecht gezeichnet und vermitteln ein gutes Bild der Zeit und der Gesellschaft zu Beginn der „Goldenen Zwanziger“. Jede Figur hat in diesem Buch seinen Platz und bringt die Geschichte voran, sie entwickeln sich authentisch und machen auch Fehler. Ganz besonders erwähnenswert ist, dass auch historische Persönlichkeiten am Rande mitspielen (z.B. Thomas Mann)und ich das Gefühl hatte, diese ein Stück weit persönlich kennenzulernen. Durch den lebendigen und mitreißenden Sprachstil von Eva-Maria Bast und Jørn Precht konnte ich von der ersten Seite in die Handlung abtauchen. Die beiden haben zum Thema Marzipan akribisch recherchiert und bringen den einzigartigen Zauber dieser Süßigkeit wunderbar zum Leser/ zur Leserin. Mit viel Sinn für Lokalitäten und Geschichten in und um Lübeck hat mir das Autoren-Duo die Stadt näher gebracht und meinen Wunsch gefördert, diese unbedingt bald zu besuchen. Doch es geht nicht nur um die Herstellung der süßen Verführung durch Marzipan. Teilweise wurde die Story so spannend, dass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen wollte. Die Handlung nimmt auch immer wieder ganz andere Verläufe, wie ich es vermutet hatte. Der geschichtliche Hintergrund des Buches ist der Beginn der 1920er Jahre. Das „Goldene Jahrzehnt“, welches zu Beginn alles andere als golden war: Der rapide Wertverlust des Geldes, Hungersnöte und der Versailler Vertrag prägten und spalteten die Gesellschaft. Auch die Gleichberechtigung der Frau ist ein großes Thema des Buches: Frauen durften seit 1918 wählen, und auch das Studium stand ihnen theoretisch offen – sie waren aber in den Hörsälen noch immer in der Unterzahl. Auch wenn die Frau noch immer unter dem Mann stand, gab es immer mehr Frauen, die ihren Weg gegangen sind – allen Hürden zum Trotz. Eva-Maria Bast und Jørn Precht, alias Romy Herold, haben diese geschichtlichen Hintergründe perfekt recherchiert, ihre Geschichte wunderbar in diese Hintergründe hinein gebettet und damit Fiktion und Historie meisterhaft miteinander verbunden. Fazit: Das Buch ist so köstlich wie feinstes Marzipan. Einmal angefangen, kann man nur noch schwer aufhören und man wünscht sich, dass es nie endet. Mit authentischen Charakteren und einer spannenden Handlung hat mich dieses Buch von der ersten bis zur letzten Seite überzeugt. Absolute Leseempfehlung!

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