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Rezension zu
Roboterland

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

havetoreads

Von: havetoreads
08.10.2021

Wie wir morgen lieben, leben, essen und sterben werden Inhalt: Kleeman gewährt uns einen Blick in die Zukunft und stellt neben innovativen Erfindungen die damit einhergehenden Gefahren dar. Das Buch ist in vier Kapitel aufgeteilt, was dem Untertitel des Buches sehr gerecht wird: Wie wir lieben/essen/uns fortpflanzen/sterben werden. Grosse Konzerne arbeiten bereits an menschenähnlichen Sexpuppen, welche einen menschlichen Partner oder eine menschliche Partnerin auch auf emotionaler Eben ersetzen sollen, damit Einsame glücklicher werden oder zumindest alle Menschen ihre Sexualität ausleben können. Doch die Objektivierung und Herabsetzung der Frau und ihrer Rolle scheint nur Kleeman aufzufallen, da die meisten Puppen «weiblich» sind. Darauffolgend erzählt sie von dem sogenanntem «sauberen Fleisch», also Fleisch, das im Labor gezüchtet wurde, wozu vorgängig nur eine Stammzelle des jeweiligen Tieres entnommen werden musste – ohne es zu töten! Fleischverzehr ohne schlechtes Gewissen, so könnte man meinen. «Ja, sauberes Fleisch könnte das Übergangsprodukt sein, das es uns abgewöhnt, Tiere zu töten – wie Sexroboter das Methadon für Pädophile sein können. Es könnte die Sucht aber nur in die Länge ziehen und unsere Grundversorgung von gesichtslosen Multis abhängig machen» (S. 211). Ebenfalls im Labor sollen schon bald menschliche Babys hergestellt werden können. Kinder kriegen, ohne schwanger zu werden. Das käme vielen Menschen zugute: Frauen müssten ihre Jobs nicht aufgeben oder auch schwule Paare können Kinder kriegen. Bereits heute können Föten danke dieser fortschrittlichen Wissenschaft gerettet werden. Und obwohl die Herstellung eines Fötus von Grund auf noch nicht möglich ist, kritisiert die Autorin, wie auch hier die Frau ihrer Natur und damit einhergehend ihrer Macht beraubt wird. «Doch der Preis für die Gleichstellung wird der Verzicht auf einen ganz grundlegenden Machtbereich sein – den einzigen, in dem Männer bisher stets eine untergeordnete Rolle gespielt haben» (S. 313). Das letzte Kapitel behandelt, wie Menschen selbstbestimmt sterben können, indem sie Ort und Zeitpunkt selbst wählen können. Dies gibt es schon heute, vor allem in der Schweiz ist dies gesetzlich erlaubt. Oft sind es von Alter oder Krankheit geplagte Menschen, die zu Exit gehen, immer mehr aber auch junge gesunde Menschen. Werden wir künftig in einen HighTech-Sarg steigen und einen Knopf drücken? «Wenn wir zulassen, dass Essen, Sex, Geburt und Tod an Maschinen ausgelagert werden, um uns die Illusion von Kontrolle zu verschaffen, riskieren wir, unsere Empathie, unsere Unzulänglichkeiten, unsere Handlungsfreiheit und die Kontingenz unseres Daseins zu verlieren» (S. 399). Kommentar: Das Buch liest sich wie eine Reportage mit dokumentarischen Elementen. Kleeman nimmt die Leserschaft mit auf eine Reise, und trotzdem handelt es sich um ein Sachbuch, in welchem sie ihre Gespräche und ihre Eindrücke festhält. Ich habe sehr viel gelernt und einen breiten Blick in die jeweiligen Themen erhalten. Obwohl viele dieser Erfindungen schon heute umgesetzt werden, habe ich mir bisher nur wenige Gedanken darüber gemacht und war mir den möglichen (schrecklichen) Folgen nicht bewusst. Der Schreibstil war einfach und angenehm zu lesen, jedoch waren mir manche Kapitel etwas zu lang (z.B. das Fleisch-Kapitel). Am Schreibstil und Aufbau gibt es ansonsten nicht zu bemängeln, doch inhaltlich habe ich Kleinigkeiten zu kritisieren: Gerade im Kapitel «Wie wir sterben werden» schildert Kleeman es so, als ob es ein Leichtes wäre in die Schweiz zu fliegen und von Exit Gebrauch zu machen. Der professionelle Aufbau der Organisation und die vorherigen Kontrollen, Absprachen usw. werden dort aussenvor gelassen, weshalb die Szenerie etwas überspitzt dargestellt wurde. Ich kritisiere zudem, wie sehr Kleeman die Männer angreift, besonders im Kapitel «Wie wir uns fortpflanzen werden». Denn alle Erfindungen stammen von Männern und die Autorin kritisiert deren Gewinn- und Ruhmorientierung. Dies ist natürlich erlaubt, aber alle Männer in einen Topf zu werfen, fand ich dann doch etwas unreflektiert. Trotz allem ist dieses Buch eine echte Leseempfehlung! Ich würde es nochmals lesen, obwohl es nicht zu den Jahreshighlights gehört. Ziemlich genau 400 Seiten (ca. 100 Seiten pro Thema) voller Innovation, Leistungsdruck, Ideen, aber auch Entmenschlichung.

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