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Rezension zu
STRAFE

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Selbstreflexion

Von: Michael Lehmann-Pape
18.06.2015

Sehr ruhig, sehr langsam entfalten die beiden beteiligten Autoren (deren Anteile am Buch man im Buch durchaus gut grob voneinander abgrenzen kann) ihre Geschichte von Nähe und Distanz, Vertrauen und Enttäuschungen und den Folgen daraus. Mit nicht breiten, aber doch immer wieder je zustechenden Erkenntnissen über sich selbst, über den Wert des eigenen Tuns, über das Leben an sich, die in kurzen Sätzen den Leser immer wieder aufrütteln. „Die Verheißungen sind erloschen, die Visionen geschrumpft“, so bedenkt es Max Schmeling, der erfolgreiche Autor, im Buch einmal. Wie auch, dass sein Schreiben eben auch nichts anderes ist, als das man „ja irgendwas tun müsse, wenn man auf den Tod wartet“. Aber scheinbar wartet auf ihn doch noch eine größere Aufgabe als der neue Roman, der nicht so recht voranschreiten will. Ein alter Schulfreund aus Jugendtagen bedarf seiner Hilfe. Einer, der ihn zweimal vor Unglücken gerettet hat, einer, dem er diesen Wunsch nicht unbedingt abschlagen will. Tibor sucht seine Tochter, nach Jahrzehnten im Gefängnis. Und Max Schmeling kann ihm helfen, denn seine Tochter bewundert den Schriftsteller. Er möge doch Kontakt herstellen, Paula finden. Zunächst widerwillig, dann doch fasziniert durch die sich zeigende Verbindung zu Max alter Jugendliebe, taucht der Schriftsteller ein in die Geschichte Tibors. Und ist zugleich dabei, eine eigene, kürzlich erfahrene Trennung zu verarbeiten. Seine Lebensgefährtin, ebenfalls eine begabte Schriftstellerin, hat ihn verlassen. Mit Grund, wie der Leser erfahren wird. Und mit einer fortschreitenden Auflösung des Bildes des Autors Schmeling. Denn er hat verraten. Auf üble Weise. Und geht zugleich mit seinen Recherchen auch einer Form von Urteil über ihn selbst entgegen. Kein einfacher Stoff mit vielen hintersinnigen Bedeutungen, und auch nicht sonderlich einfach oder gefällig im Ton und Stil, so gehen die Autoren jenem Ereignis nach, steuern auf das zu, das letztendlich der Auslöser von allem sein wird und war, was am Ende des Buches den Leser erwartet. Mit „tiefen Sätzen“, einer melancholischen, teils rachsüchtigen Grundstimmung, einer Egomanie, was Schmeling angeht, welche die beiden Autoren intensiv herausarbeiten und die vielleicht nicht nur den konkreten Autor betrifft, der real hinter den Zeilen gemeint ist, sondern ein Abbild des „Autoren an sich“ vielleicht zudem in sich trägt. Interessant, intelligent zusammengebracht am Ende in den einzelnen Erzählperspektiven, sprachlich ausgereift, mit einer überraschenden Wendung im Finale, aber auch zu ruhig verfasst, zu schwermütig und in Teilen zu langatmig, um durchgehend zu fesseln.

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