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Rezension zu
Die Alster-Schule - Zeit des Wandels

Ein Pageturner und Highlight

Von: Katjuschka
18.05.2021

Mit diesem ersten Teil der Alsterschulen-Dilogie hat Julia Kröhn einen absoluten Pageturner geschaffen. Felicitas ist eine Lehrerin aus Leidenschaft, die ihre Schüler mithilfe der Reformpädagogik zu selbstständigem Denken, zu Mut und Fantasie ermutigen möchte. Drill, starre Strukturen und vor allem Gewalt lehnt sie konsequent ab. Sie ist außerdem eine frühe Feministin und strebt ein selbstbestimmtes Leben an: Mit einem Beruf, eigenem Einkommen - und auf keinem Fall einer finanziellen Abhängigkeit zu einem Ehemann, den sie womöglich noch bei allem um Erlaubnis fragen muss! Turnlehrer Emil scheint zuerst ähnlich zu denken, aber geprägt durch einen übermächtigen Vater kann er nicht aus seiner Haut und passt sich immer wieder an. "Zinnsoldat" nennt ihn Felicitas dann auch irgendwann, denn Gefühle kann Emil nicht zeigen. Anneliese ist ein "braves Mädchen". Sie lehrt an der Hauswirtschaftsschule ihren Schülerinnen eine gute Hausfrau und Mutter zu werden. Ein Leben, welches sie auch für sich anstrebt. Emil scheint in ihren Augen der richtige Mann dafür zu sein... Als die Nazis an die Macht kommen und deren "Gedankengut" auch immer mehr den Schulalltag prägt, entwickeln sich die Freundinnen noch stärker auseinander. Felicitas ist nicht nur entsetzt über die vorgegebenen neuen Regeln. Auch die Art und Weise, wie unliebsame oder unbequeme Kollegen behandelt werden, schockiert sie. Als Felicitas Gewalt gegen jüdische Lehrer miterlebt, muss sie hilflos zusehen, denn die Mitläufer und Duckmäuser sind in der Überzahl. Und selbst vermeintliche Freunde werden zu Denunzianten! Ihr Freund und Kollege Levi musste die Alsterschule bereits verlassen und unterrichtet jetzt an einer jüdischen Schule. Emil dagegen hat sich von den Nazis einwickeln lassen und macht Karriere. Seine Gefühle für Felicitas kann er aber nicht abstellen. Zuerst bin ich davon ausgegangen, die Reformpädagogik stünde im Mittelpunkt der Handlung. Aber eigentlich ist dies "nur" der Rahmen für eine Geschichte um Selbstbewusstsein, Aufrichtigkeit und Gradlinigkeit in Zeiten des größten Gegenwindes. Felicitas ist ein Mensch mit Überzeugung und Rückgrat. Ihre empathische Art macht sie gleichermaßen stark und verletzlich! Durch ehemalige Schüler kommt Felicitas nicht nur mit den Swingkids in Verbindung, auch trifft sie die ehemalige Lehrerin Erna Stahl von der Lichtwark-Schule und deren Literaturkreis. Diese Gruppe, der u.a. Traute Lafrenz, die spätere Freundin von Hans Scholl, angehörte, nannte man später die "Hamburger Weiße Rose". Diese Einflechtung in die Handlung fand ich ausgesprochen bemerkenswert! An der Seite von Felicitas habe ich mit ihr mitgelitten und gemeinsam Ängste ausgestanden, denn der Schreibstil ist ungemein fesselnd und atmosphärisch. Ihre Hilflosigkeit ist teilweise mit Händen greifbar und die Ausweglosigkeit scheint übermächtig. Anneliese ist sehr naiv und verschließt dazu vor vielem die Augen. Man möchte sie schütteln! Levi ist ein wunderbarer Mensch. Er sorgt sich um andere - und wissend, was den Juden in Deutschland 1931 noch bevorstand - habe ich Angst um ihn! Bei Emil bin ich zwiegespalten. Er hatte es schwer, sucht Bestätigung und Anerkennung und ist dadurch leichtes Opfer für die Manipulationen der Nazis. Gleichzeitig deckt er Felicitas, hilft sogar dem Nebenbuhler Levi. Ich hoffe seine Gefühle für Felicitas bringen ihn ab von diesem Irrweg, den er eingeschlagen hat, befürchte aber, dass er und Anneliese sich weiter den neuen Machthabern andienen werden... "Die Alsterschule" hat mich, einmal gepackt, nicht mehr losgelassen. Ich will unbedingt wissen wie es weitergeht mit den Lehrern und auch mit den Schülern, die entweder zu Soldaten oder zu Studenten werden. Der Schulalltag mit Fahnenappell, Hitlergruß, und ähnlich historisch verbürgter "Zucht und Ordnung" sind ja überliefert. Ich bin aber sicher, Felicitas bleibt ihren Idealen treu. Aber um welchen Preis? Und was ist mit Levi?

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