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Rezension zu
Eingefroren am Nordpol

Zwischen Polarnacht und eweigem Eis

Von: EvaKrafczyk
17.02.2021

Ein Jahr in der Arktis, mit einer Eisscholle driftend, eine Forschungsstation auf dem Eis – kein Zweifel, die „Mosaic“-Expedition an Bord des Forschungseisbrechers Polarstern war nicht nur eine Gelegenheit, wissenschaftliche Daten aus der unzugänglichen und extremen Region um den Nordpol zu erhalten. Sie war auch ein großes Abenteuer, bei aller Vorbereitung, Sicherheitsmaßnahmen und –technik. Die meisten Menschen können nur davon träumen, in ihrem Leben einmal so etwas zu erleben. Expeditionsleiter Markus Rex, der schon auf zahlreichen Forschungsreisen war, nimmt Leser mit dem nur wenige Wochen nach der Rückkehr veröffentlichtem Logbuch von der Polarstern mit auf die Reise ins – wie sich zeigt – gar nicht mehr so ewige Eis. Dabei tritt er auch in die Fußstapfen der ersten Entdecker und Reisenden, allen voran Fridtjof Nansen. Rex leitet die Atmosphärenforschung des Alfred Wegener-Instituts und ist Professor für Atmosphärenphysik an der Universität Potsdam. Mit „Eingefroren am Nordpol“ hat er allerdings nicht Fachwissenschaftler im Sinn, sondern Menschen, die sich für den Alltag auf einem Forschungsschiff interessieren, schon immer mal wissen wollten, wie eine wissenschaftliche Expedition abläuft und sich fragen, welchen Erkenntnisgewinn die Reise in die Arktis abgesehen von spektakulären Eindrücken von Eisbergen, Eisbären und Polarnacht bietet. Die Antworten werden nicht nur allgemeinverständlich formuliert, zahlreiche Bilder und Darstellungen nehmen die Leser mit auf die Reise. Und auch die ganz besonderen Probleme, die die Corona-Pandemie selbst dem Forscherteam bescherte, werden anschaulich geschildert. Das Jahr in der Arktis erlaubte den Wissenschaftlern, Landschaft, Klima und Ökosystem kennenzulernen wie nie zuvor. „Wir haben ihren Herzschlag verfolgt und unsere Scholle durch alle Phasen ihres Lebenszyklus begleitet“, schreibt Rex in seinem Buch. Die Proben und Messdaten der Expedition dürften noch in den kommenden Monaten und Jahren analysiert und ausgewertet werden. Doch manche Erkenntnis konnten die Wissenschaftler bereits während ihrer Reise gewinnen: So habe sich das Eis im Frühsommer und Sommer 2019 und 2020 schneller zurückgezogen als jemals zuvor, schreibt Rex: „Die Eisausdehnung war im Sommer nur noch gut halb so groß wie vor Jahrzehnten und die Dicke kaum noch mehr als halb so dick wie zu Nansens Zeiten.“ Während des Winters seien fast durchgehend etwa zehn Grad höhere Temperaturen gemessen worden als während der Nansen-Expedition vor rund 125 Jahren. Es klingt vielleicht wie ein Paradox, doch gerade die Arktis, die als Welt ewigen Eises gilt, erwärmt sich schneller als jede andere Region der Erde. Und das ist nicht nur ein Problem der Eisbären, deren Jagdterritorien und Lebensgrundlagen schrumpfen. Denn die Arktis, so erläutert Rex, ist eine Art Wetterküche auch für Mitteleuropa. Zwischen der Erwärmung der Arktis und den heißen Sommern der vergangenen Dekade gebe es einen Zusammenhang. Allein 150 Terrabyte an Daten haben die Polarstern-Forscher von ihrer Expedition zurückgebracht. Mehr als 100 komplexe Klimaparameter wurden ganzjährig aufgezeichnet. „Wir können die Prozesse jetzt in unseren Klimamodellen nachbauen und damit besser abschätzen, welche Menge an Treibhausemmissionen welche Auswirkungen auf das Klima der Arktis und weltweit haben werden.“ Das so erhaltene Wissen sei auch eine wichtige Voraussetzung für politische Entscheidungen über anstehende Klimaschutzmaßnahmen. Die Begeisterung für die Sache, die Neugier auf die Erlebnisse in der Arktis auch nach vielen vorangegangenen Expeditionen ist beim Lesen deutlich zu spüren. Hier schreibt kein blasierter oder abgehobener Experte, sondern ein Wissenschaftler, der sich auf der Brücke des Forschungsschiff ebenso heimisch fühlt wie im Lehrsaal. Das Zusammenleben von Experten unterschiedlicher Nationen auf engem Raum, die Forschungsstadt auf der Eisscholle, mit der die „Polarstern“ sich den Strömungen überließ, gemeinsames Arbeiten und Feiern, aber auch Einsamkeit und Weite lassen ahnen, wie faszinierend und lebensverändernd so eine Expedition sein muss.

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