Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Neue Irre - Wir behandeln die Falschen

Wer sind denn nun die Irren? Heiteres Psycho-Geplappere, aber dennoch schwere Psycho-Kost

Von: M.
13.10.2020

Neue Irre - Wir behandeln die Falschen: Eine heitere Seelenkunde MANFRED LÜTZ Kösel Verlag Wer sind denn nun die Irren? Heiteres Psycho-Geplappere, aber dennoch schwere Psycho-Kost Zugegeben, ein bisschen "komisch" könnte einem schon werden, wenn man davon ausgeht, dass die wirklich Gefährlichen draußen rumlaufen und die, die in Behandlung sind, eher harmlos sind, weil einsichtig. Normalerweise. Aber was ist schon normal? Wer hier ein Trump-/ Kim Jong-un-/ Bolsonaro-/ oder Bohlen-Bashing erwartet, der wird schon nach den ersten Seiten enttäuscht werden. Auch wenn Herr Lütz sich mit diesen "zutiefst bösen Normalen" auseinandersetzt bzw. seine heitere Psycho-Lektüre beginnen lässt, so geht es am Ende natürlich schon in erster Linie um die Psychowissenschaften. Und Herr Lütz verpackt das alles in lustige, launige, spaßige Worte. Warum auch nicht! Er erklärt, dass Trump & Co zwar zutiefst böse sind, aber sich eben frei entschieden haben, böse zu sein, sie könnten auch gut sein. Deshalb sind das keine armen Kranken, sondern zutiefst böse Normale. Kriege, sagt er, werden nie von psychisch Kranken geführt. Ob das nun beruhigend ist, weiß ich nicht. Es geht um den ganz normalen Wahnsinn und um die wahnsinnig Normalen. Die "wahnsinnig Normalen" können unberechenbar sein. Und da können wir einen Blick auf bestimmte Politiker werfen, aber auch auf "Stars und Sternchen". Der Autor geht zwar anfangs unter der Rubrik "Blödsinn" auch auf Leute wie Bohlen, Paris Hilton, Naomi Campbell, die Kardashians, Heidi Klum, Oliver Pocher und den Wendler ein, aber das ist tatsächlich nur ein klitzekleiner Teil des Buches. Vermutlich für die meisten der interessanteste. Er erklärt, dass die zwar alle Egozentriker sind, aber daran nicht leiden. Der Großteil der Lektüre beschäftigt sich mit der Geschichte der Psychiatrie und mit interessanten neuen Aspekten. Stets launig und lustig erzählt. So, denke ich, ist dieses, an sich schwere Thema, für viele einfach zugängiger. Und man versteht schon alles, dennoch ist es schlussendlich keine leichte Kost. Und er hält auch für "Blödsinn" und „mangelnde Bildung“, was viele anders sehen mögen, z.B. Horoskope, Wünschelruten, den Glauben an die Wiedergeburt oder "esoterische" Ansätze wie z.B. das Kontaktieren von Menschen im Jenseits. Er kontert hier ziemlich von oben herab und mit launigen Kommentaren, wie: "Wer Menschen im Jenseits kontaktiert, hält sich für normal, während im psychiatrischen Krankenhaus Medikamente erhöht werden, wenn Patienten Stimmen hören!" Abgesehen davon, dass man diesen Vergleich für „blödsinnig“ halten könnte, zeugt das aber auch von einer gewissen medizinischen Arroganz, könnte man zumindest behaupten. Aber natürlich – so begreift man – ist der Grat schmal, sehr schmal. Und bei solchen Ansätzen könnte es einem schon ein wenig Angst und Bange werden, denn das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass viele, die sich für normal halten, das eigentlich gar nicht sind. Beruhigend klingt das für mich jedenfalls nicht wirklich. Er erklärt Therapien und Psychopharmaka und dass die Therapie die Wahlfreiheit des Patienten wieder herstellt. Denn z.B. Sucht ist die Erkrankung der Wahlfreiheit. "Jemand hat sich entschieden, zu trinken!". Aber was frei entschieden wird, ist nie krank, es ist entweder gut oder böse. Und er hat auch immer interessante Beispiele parat – stets humorvoll erzählt. Bei all‘ dem heiteren Psycho-Geplappere ist die Lektüre trotzdem etwas schwierig und schwer. Und man bleibt auch ein bisschen ratlos und unsicher zurück, denn wer sind denn nun die Irren? Laufen die alle draußen rum? Wie erschreckend. Und man sollte sich auch in erster Linie für die Psychologie und Psychiatrie interessieren und darf auch nicht beleidigt sein, wenn hier im humorvollen Plauderton darüber gesprochen wird. Vielleicht beruhigend die Schlusssätze, dass die Psychowissenschaften auch keine Wege zum Glück haben und dass wir uns aber nicht dauernd mit der eigenen Psyche beschäftigen sollen. Mein persönlicher Zusatz wäre hier: Auch nicht mit der Psyche anderer! Aber nicht beruhigend ist, dass z.B. Trump und Wendler ja in der Zwischenzeit uns noch ganz andere seltsame Charaktereigenschaften präsentiert haben und wir sie nicht als "krank" einstufen können, weil sie eben nur "wahnsinnig normal" sind. Irgendwie, so scheint es, müssen wir mit dem „normalen Irrsein“ ganz alleine fertig werden. Irre! Danke! c) M. / 13.10.2020 _______________

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.