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Rezension zu
Die Verlobten des Winters

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Faszinierende Neukreation

Von: Artangelhunter
30.09.2020

Von einem Tag auf den anderen sieht sich Ophelia mit ihrem zukünftigen Ehemann Thorn konfrontiert. Die junge Frau, die versteckt hinter ihrem dicken Schal Gegenstände lesen und durch Spiegel reisen kann, kommt nicht nur von einer anderen Arche, sondern ihre gesamte Welt unterscheidet sich grundlegend von Thorns. Ohne eine andere Wahl zu haben, folgt Ophelia ihrem zukünftigen Gatten auf die Arche des Pols und muss sich plötzlich in einer verwirrenden und gefährlichen Welt behaupten. Die Personen, die ihre neue Familie sein sollten, scheinen ihre größten Feinde zu sein. Wem kann sie noch trauen? Etwa dem Ehemann, den sie doch gar nicht kennt? Die Geschichte geht ohne viele einführende Worte los und man wird direkt ins Geschehen geworfen. Das ist zwar auf der einen Seite sehr erfrischend, kann aber gerade bei diesem komplexen Fantasyuniversum sehr verwirrend für den Leser sein. Relativ schnell wird klar, dass die Welt räumlich in verschiedene Archen unterteilt wird, deren Bewohner je verschiedene besondere Fähigkeiten besitzen. Diese Fähigkeiten lernt man mit Ophelia gemeinsam erst nach und nach kennen und es bleibt einem selbst überlassen, sich daraus ein Gesamtbild zu machen, um nicht den Überblick zu verlieren. Gerade weil die präsentierten Fähigkeiten vielfältig und komplex sind, wäre es vielleicht besser gewesen, den Leser etwas mehr an die Hand zu nehmen und einen kleinen, kompakten Überblick über das Grundlegendste am Anfang geboten zu bekommen. So hätte man eine Orientierung gehabt und es wäre insgesamt weniger verwirrend gewesen. Das Universum selbst ist jedoch einzigartig und sprüht geradezu vor Kreativität. Mit viel Liebe zum Detail werden die Fähigkeiten wie die Träger eben dieser beschrieben und auch die Orte sind ebenso kontrastreich wie faszinierend. Auch Ophelias Charakter ist nicht das, was man erwarten würde. Zwar ist sie leise, aber nicht schüchtern und erst recht nicht ohne Rückgrat. Von außen mag sie relativ gebrechlich und tollpatschig wirken, aber dennoch arbeitet ihr Verstand auf Hochtouren und sie sieht und vermag mehr, als man ihr zutraut. Anders als viele andere weibliche Hauptcharaktere muss sie nicht erst lernen, für sich einzustehen, sondern sie tut es. Das Ganze schafft sie ohne das Zutun eines Mannes und gerade das macht sie mir unheimlich sympathisch. Wir haben hier einen Charakter, dem unheimlich viel Charme und Wärme anhaftet und der noch dazu eine willensstarke Frau mit Sinn für Moral verkörpert. Im diesem ersten Band der Saga lernen wir sie vor allem Kennen und der Fokus liegt in meinen Augen weniger auf der Weiterentwicklung oder Veränderung ihrer Charakterzüge. Für eine Einführung finde ich das in Ordnung, aber in den Fortsetzungen erwarte ich dann auch Veränderungen. Was ihren Gatten angeht, so ist auch er eine ganz besondere Art von Charakter: Absolut undurchschaubar. Den ganzen Roman über ist es mir nicht gelungen hinter die kalte, hölzerne, beinahe einer rationalen Maschine gleichenden Fassade von ihm zu schauen. Lediglich ein paar Einblicke werden dem Leser gewährt, die aber noch lange nicht ausreichen, um sich wirklich ein Bild von ihm zu machen. Man kann erahnen, dass mehr in ihm steckt, weiß aber noch nicht genau, was es ist. Auf jeden Fall macht seine mysteriöse Figur neugierig auf mehr. Was mir außerdem sehr gut gefällt, ist, dass keine Liebesbeziehung zwischen ihm und Ophelia an den Haaren herbeigezogen wird. Das macht die Geschichte gleich viel realistischer als so manch andere in dem Genre. Die Nebencharaktere, die uns am Pol begegnen, sind teils sehr skurril gestaltet und ebenfalls sehr undurchschaubar. Es ist nicht ganz einfach ihre Absichten und familiären Beziehungen aufzudröseln und zu erfassen. Manchmal hat man sich wie bei Alice im Wunderland gefühlt, so abstrakt waren geschaffene Charaktere mit Handlungsspielräumen. Und mittendrin steht man als Leser und versucht zu entwirren, was sich hinter welcher Maske verbirgt. Das bringt ein wenig Spannung mit sich, die das ganze Buch über anhält. Allerdings haben wir bei dieser Geschichte keine besonders stark anregenden Spannungsverlauf, wenn man das Werk insgesamt ins Auge fasst. Man möchte zwar immer wissen, wie genau alles zusammenhängt, was eine Art Grundspannung erzeugt, aber man hat nur kleine und eigentlich keinen sehr großen Ausschlag nach oben, was den Spannungsverlauf angeht. Allerdings hat mich dies nicht besonders gestört, weil die Grundspannung alleine mich schon fesseln konnte. Was Emotionalität angeht, so gibt es hier aber noch deutlich mehr Spielraum, denn alles ist zur Einführung relativ oberflächlich und ohne wirkliche Tiefgründigkeit (vor allem bei zwischenmenschlichen Beziehungen und Darstellungen der Gefühle) geblieben. Was die Sprecherin des Hörbuchs angeht, finde ich ihre Stimme angenehm und das Lesetempo angemessen. Nur ein wenig mehr Lebendigkeit durch ausdrucksstärkere Darstellung von Gefühlen wäre schön. Insgesamt finde ich den Roman für eine Einführung zwar etwas zu verwirrend und nicht allzu tiefgreifend, aber dafür auf jeden Fall wahnsinnig faszinierend, innovativ und kreativ. Die Neugier, wie Ophelia sich weiterhin schlagen wird, was genau aus ihr und Thorn wird und auch, was aus dem ein oder anderen interessanten Nebencharakter wird, lässt einen sofort weiterhören wollen.

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