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Rezension zu
Die Chroniken von Alice - Finsternis im Wunderland

2,5*: Alice im Land der sexualisierten Gewalt – für mich trotz guter Ansätze leider eine Enttäuschung!

Von: Seitenseglerin
03.05.2020

Christina Henrys Neuerzählung von „Alice im Wunderland“ hat mich leider enttäuscht. Das große Potential der Idee konnte nicht genutzt werden. Trotz meiner Kritik hat „Die Chroniken von Alice – Finsternis im Wunderland“ aber durchaus seine starken, düsteren, albtraumhaften, gelungenen und magischen Momente, die mich packen, faszinieren und begeistern konnten. Obwohl Christina Henry in manchen Momenten atmosphärisch, filmisch und bildlich schreibt, fand ich irgendwie keinen Zugang zu ihrem holprigen und oft distanzierten Schreibstil. Alice war mir von Beginn an sympathisch. Es gibt aber auch einiges, was mir nicht so gut an ihr gefallen hat: Da war immer eine gewisse Distanz zu ihr, mir fehlte Tiefe und manchmal wirkte sie schwach und wie die berühmte „Jungfrau in Nöten“. Bezüglich der anderen Figuren habe ich gemischte Gefühle. Einige sind ganz gut gelungen, sind authentisch und dreidimensional, andere bleiben sehr blass. Die Autorin erzählt, was nach Alice traumatisierender Reise ins Wunderland geschieht, wodurch sie sich weit von der Quelle entfernt. Nur einzelne Elemente und Figuren aus Lewis Carrolls Kinderbuch tauchen auf. Diese Momente haben mir am besten gefallen. Nach dem unglaublich starken, atmosphärischen Beginn in der düsteren Psychiatrie geht es leider kontinuierlich bergab. Die gleichförmige Handlung ließe sich am besten so zusammenfassen: Sie gehen von A nach B – Gemetzel. Sie gehen von B nach C – Gemetzel. So geht es bis zum unerwartet lahmen und enttäuschenden Showdown weiter. Das Wunderland im Buch wirkt (bis auf vereinzelte Figuren und Orte) wie ein ganz normales Armutsviertel. Ich hätte mir eine magischere, faszinierendere Welt mit mehr Tiefe erhofft. Auch „düster“ habe ich mir ganz anders vorgestellt. Christina Henrys "Wunderland" ist voller brutaler, meist sexualisierter Gewalt gegen Mädchen und Frauen. An jeder Ecke warten Vergewaltiger auf ihr nächstes Opfer, werden junge Frauen gestohlen, wie Waren behandelt, misshandelt, gefoltert, gequält und in die Prostitution gezwungen. Wie groß wäre wohl der Aufschrei gewesen, wenn diese Geschichte ein Mann geschrieben hätte? Ich bin nicht prinzipiell dagegen, dass schwierige Themen wie sexualisierte Gewalt und Vergewaltigung und deren Folgen in Büchern behandelt werden. Allerdings wird hier nicht angemessen auf das Thema eingegangen, sondern es wird als billiges Mittel genutzt, um eine möglichst gefährliche und angeblich düstere Welt zu kreieren. Ich sehe Christina Henrys Version des Wunderlandes jedenfalls als höchst problematisch an. Das Buch bräuchte dringend eine Triggerwarnung und einen Hinweis, dass es erst ab 18 Jahren gelesen werden sollte, denn das Cover könnte auch jüngere LeserInnen ansprechen. Ich kann dieses Mal leider keine Leseempfehlung aussprechen. In der Fortsetzung, die wohl an einem anderen Ort spielen wird und in der zwei Königinnen im Mittelpunkt stehen werden, wird es hoffentlich weniger sexualisierte Gewalt geben. Ob ich sie oder eines der nächsten (durchaus sehr interessant klingenden!) Bücher der Autorin lesen werde, weiß ich im Moment noch nicht.

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