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Rezension zu
Love Letters to the Dead

Love Letter to Kurt Cobain

Von: Lauretta
26.04.2015

Lieber Kurt Cobain, an die Vorstellung, dir zu schreiben und dabei gerade im selben Alter zu sein, in dem du dein Leben beendet hast, muss ich mich erst noch gewöhnen. Du wolltest deinen 28. Geburtstag nicht mehr erleben, ich hingegen würde das sehr gerne tun. Es ist eines dieser Jahre, in denen der Tag im Kalender steht. Da das im Verhältnis gesehen nicht so oft vorkommt, möchte ich es nicht verpassen. Du hast einiges für diese Welt zurückgelassen, nicht nur deinen Abschiedsbrief. Die Menschen deines näheren Umfelds, deine Tochter, Menschen, die dich verehrten, viele Verschwörungstheorien, Trauer, Unverständnis, deine Musik und vor allem deine Stimme. Die Stimme, die das Sprachrohr einer ganzen Generation war, in der sie sich verstanden fühlten. Noch über 20 Jahre später ist es diese Stimme, die sogar die Menschen beeinflusst, die dich gar nicht mehr als lebende Person kannten. In den Köpfen der Leute blieb die Vorstellung deiner Persönlichkeit haften - als Mensch, der gelebt hat -, die in der Litertaur oft aufgegriffen und interpretiert wird. Ich möchte dir von meiner Begegnung mit Laurel erzählen, du kennst sie bestimmt? Sie hat dir - und einigen anderen wie River Phoenix und Amelia Earheart - in ihrem ersten Highschooljahr Briefe geschrieben. Für mich ist sie so ein Mensch, der sich an dich erinnert, weil du gelebt hast. Ihre Geschichte mitzuverfolgen war wie auf dem Dachboden einen Karton voller alter Briefe zu finden, die von Familienmitgliedern geschrieben wurden, an die man sich nur noch wage erinnert. Sobald man die erste Seite gelesen hat, ist man viel zu neugierig, um dieses Buch wieder zu schließen und unbeachtet wegzulegen. Das verdankt man Laurels liebevoller Art ihre Briefe zu schreiben. Es ist eine Geschichte über das Erwachsen werden; den Weg zu sich selbst zu finden, wenn man sich verloren hat, weil der Mensch, mit dem man alles teilen konnte, nicht mehr da ist. Dieser Mensch war ihre ältere Schwester May, die sie über alles geliebt hat. Es war mir unmöglich das ein oder andere Tränchen zurückzuhalten. Jeder der Adressaten ist mit einer Erinnerung an ihre Kindheit, oder besser gesagt, an die Zeit, in der sie noch eine intakte Familie hatte, verknüpft. Dich wählt sie als Ansprechpartner für ihren ersten Brief, weil du der Lieblingssänger ihrer Schwester warst. Mit der Zeit wird jedoch klar, dass du ihr ebenfalls viel bedeutest. Laurel macht sich Gedanken um die Menschen, so dass man wirklich das Gefühl bekommt, sie schreibt an dich, nicht an irgendeine beliebige, fiktive Person. "Wenn ich deine Musik höre, denke ich manchmal, dass sich einfach zu viel in dir angestaut hatte. Vielleicht hast ja nicht einmal du es geschafft, alles rauszulassen. Und vielleicht bist du daran gestorben. Weil dich das, was in dir war, von innen heraus zerrissen hat." (S.7) Ich hoffe, du verzeihst ihr neben den ganzen verständnisvollen Sätzen die ein oder andere wütende Bemerkung. Sie ist gar nicht wütend auf dich, sondern auf ihre Schwester May. Mit dem ausgedachten Austausch ihrer Gedanken mit dir und den anderen, versucht sie mit ihrem Schicksal klarzukommen. Sie und ihre neuen Freunde suchen Antworten für Fragen, vor denen ihre Angst, dass sie das, was danach kommt nicht ertragen können, sehr groß ist. Nicht nur Laurel ist voller solcher Fragen und Geheimnisse, sondern auch die Anderen werden von dem Gefühl begleitet, vor einem tiefen Abgrund zu stehen. Doch zusammen können sie sich Halt geben, um ihren Kummer und die Wut zu übewinden - und endlich das auszusprechen, was sie wirklich sagen wollen. Damit haben sie sich, anders als May und du, für das Leben entschieden. Nachdem ich schon ein paar Bücher gelesen habe, in denen du thematisiert wurdest, gefällt mir bei dieser Geschichte besonders, dass du für dein Leben geschätzt wirst. Du hast als Persönlichkeit einen festen Platz in diesen Briefen bekommen und wirst nicht nur oberflächlich behandelt. Deine Gedanken und Ängste während deines Lebens unterstreichen die Handlung. Deine Persönlichkeit ist es, die Laurel das Gefühl gibt, sich - genau wie du, indem du dich in der Musik ausgedrückt und alles rausgeschrien hast - dem Leben zu stellen. Damit hast du mit deiner Hingabe mehr als nur dein inneres Monster besiegt. Deine Musik ist ein zentrales Thema der Unterhaltungen, sie verbindet diese kleine Gruppe und unterstützt sie in bestimmten Momenten, in denen sie es am meisten brauchen. Du wirst nicht darauf reduziert, auf welche Weise dein Leben ein Ende genommen hat und wie oft du es vorher schon probiert hattest, so dass die Neuigkeit von deinem Tod nicht mehr überraschend kam - bis auf die Gewissheit, dass man es nie mehr hören würde. "Manchmal ist da nur Stille, nachdem man etwas gesagt hat. Oder bloß ein Echo. Wie Schreie aus unserem Inneren. Und dann fühlt man sich wirklich einsam. Aber das passiert nur, wenn man nicht richtig hinhört. Es bedeutet, dass man noch nicht bereit ist, zu hören. Denn jedes Mal, wenn wir etwas sagen, ist da eine Stimme. Eine ganze Welt, die uns antwortet." (S.317) Du bist immer noch ein Teil von dieser Welt, der wohl nie ganz verschwinden wird. Es ist deine Stimme, die nachhallt. Und die Welt antwortet dir, Kurt, indem sie immer wieder Geschichten mit dir erzählt. Lauretta

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