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Rezension zu
Der Store

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Spannende Idee, Umsetzung mit Schwächen

Von: ricysreadingcorner
10.11.2019

Und schon wieder hat sich eine Dystopie in mein Regal verirrt. Erschreckende, düstere und doch oft sehr wahrscheinliche Zukunftsszenarien haben immer sofort meine Aufmerksamkeit. So auch Der Store von Rob Hart. Hier trägt die wirklich aufwändige Aufmachung natürlich noch dazu bei! Die Hardcover-Ausgabe kommt wie ein Paket mit einem knallroten Buchschnitt daher. In diesem Roman verarbeitet der Autor die Idee von einem übermächtigen Online-Store, der langsam, aber sicher alle anderen Händler vom Markt verdrängt, seine Mitarbeiter in allen Lebensbereichen beeinflusst und nicht nur immer mehr wirtschaftliche sondern auch politische Macht erhält. Zum Inhalt Paxton und Zinnia lernen sich während des Bewerbungsverfahrens für den wohl größten Arbeitgeber kennen: Cloud – ein gigantischer Online-Store, der bereits unzählige andere Unternehmen vom Markt gedrängt hat – so auch das von Paxton. Beide schaffen es: Paxton erhält eine Stelle in der Security, während Zinnia im Lager schuften soll. Die beiden kommen sich näher und leben sich langsam in dieser neuen Welt ein, dabei verfolgen beide ihre ganz eigenen Ziele. Ein Job bei Cloud bedeutet auch, am Arbeitsplatz zu leben. Daher wurden riesige Unternehmensstandorte – sogenannte MotherClouds – gebaut, die Lager und Büros sowie ganze Ausgeh- und Einkaufsmeilen und eben auch Wohnheime beinhalten. Alles scheint perfekt geregelt zu sein. Das Unternehmen läuft offenbar reibungslos, schafft Arbeitsplätze und scheint zudem noch die besten Lösungen für eines der größten Probleme der Menschheit zu haben: den Klimawandel. Natürlich hat das ganze auch seinen Preis… Meine Meinung Ein riesiges Unternehmen, dass langsam die Weltmacht an sich reißt und zwei sehr unterschiedliche Protagonisten, die beginnen, hinter dessen Kulissen zu blicken. Der Stoff für eine ziemlich spannende Dystopie. Doch leider konnte mich die Umsetzung nicht ganz überzeugen. Wir haben in diesem Roman drei Erzählperspektiven. Paxton versucht einen Job bei Cloud zu finden, da sein eigenes Unternehmen, von dem Online-Giganten zerstört wurde und ihm nun nicht viel anderes übrig bleibt. Zinnia hingegen hat einen ganz anderen Grund für ihre Bewerbung bei Cloud, sie hat einen Auftrag. Und dann gibt es noch Gibson Wells, der Gründer von Cloud, der sich nun im Angesicht seiner tödlichen Erkrankung in Form eines Blogs an seine Mitarbeiter, seine Kunden, ja, die ganze Welt wendet und von den Anfängen seines Unternehmens und seinen Beweggründen berichtet. Während Zinnia und Paxton, nun also zunehmend die Schattenseiten des Unternehmens kennenlernen, werden immer wieder Blogbeiträge eingeschoben, in denen dessen Gründer sich selbst beweihräuchert für seinen wunderbaren Dienst an der Menschheit und aus rein wirtschaftlicher Sicht plausibel erklärt, warum Cloud die beste Lösung für alles ist. Die Zukunft, die der Roman zeigt, scheint nicht allzu weit entfernt zu sein, doch die Welt ist eine vollkommen andere. Durch den Klimawandel, ist ein Leben in nicht klimatisierten Räumen fast nicht mehr möglich, niemand hält sich mehr freiwillig im Freien auf. Nach Massakern in Einkaufshäusern am Black Friday, trauen sich die Menschen kaum noch einkaufen zu gehen, die Einkaufsstraßen sind ausgestorben. Da kommt ein Unternehmen, das durch die Verbindung von Wohnung und Arbeitsplatz ein klimabelastendes Pendeln unnötig macht und das Onlinebestellungen mit Hilfe von Drohnen in kürzester Zeit und klimaneutral zustellt, nun auch wirklich wie gerufen. Dass riesige Unternehmen, die Menschen trotz niedriger Löhne täglich zu Höchstleistungen treiben, aber auch Schattenseiten haben, lässt sich hingegen auch fast schon vermuten. Soviel zur Story, die mir von der Idee her wirklich gefällt, aber auch immer wieder sehr an andere Dystopien wie zum Beispiel The Circle oder auch QualityLand erinnerte. Auch wenn man als Leser erwartet, dass in dem Unternehmen nicht alles so perfekt läuft, wie es die Cloud-Werbefilme die Menschen glauben lassen wollen, ist es spannend dies mit den Protagonisten herauszufinden. Die “schreckliche Entdeckung”, die schon im Klappentext angekündigt wird, war tatsächlich unerwartet, aber letztendlich für meinen Geschmack auch etwas weit hergeholt. Das Ende wirkte insgesamt holprig und wurde meiner Meinung nach dem Thema und der zuvor aufgebauten Geschichte nicht ganz gerecht. Obwohl ich dank des Spannungsaufbaus wissen wollte wie es weitergeht, blieben die Charaktere für mich irgendwie farblos, sodass ich nicht wirklich mit ihnen mitfiebern konnte. Wir erfahren fast nichts über ihre Vorgeschichte. Außer ihrem Job bei Cloud, scheinen sie keine Interessen, kein Leben, ja keine wesentlichen Charakterzüge zu besitzen. Auch ihre Beziehung zueinander sowie die Bekanntschaften, die sie mit anderen Menschen in der Cloud machen, wirken oberflächlich und lieblos. Wirklich gut gefallen hat mir hingegen, wie der Gründer des Unternehmens zu Wort kommt. Auf seinem Blog erzählt er der Welt seine Lebensgeschichte und erklärt – vor allem im Hinblick auf zahlreiche Kritiker – was sein Unternehmen alles geleistet hat und dass er damit nur auf wirtschaftlich sinnvolste Weise die Nachfrage bedient und damit auch noch etwas Gutes für die Menschen und die Umwelt tut. Und genau das zeigt wie gefährlich und wie wahrscheinlich diese Entwicklung ist, die man schon heutzutage immer mehr beobachten kann, immerhin ist Cloud offensichtlich an ein bereits existierendes Online-Versandhaus angelehnt. Denn natürlich hat ein großes Unternehmen, das unzählige Arbeitsplätze schafft, das etwas gegen den Klimawandel tut und dann auch noch die Nachfrage der Konsumgesellschaft am günstigsten deckt, seine Vorteile. Aber wollen wir dafür die ganze wirtschaftliche Macht in die Hand eines Unternehmens legen, dass dadurch auch immer mehr politische Macht erhält? Wollen wir geisterhaft verlassene Innenstädte haben? Möchte man dafür ein Unternehmen unterstützen, das seine Mitarbeiter ausbeutet und die tatsächliche Unternehmensstruktur verschleiert? Der Store zeigt, wohin die Entwicklung gehen kann – wahrscheinlich gehen wird. Fazit "Der Store" beinhaltet eine interessante, erschreckend reale Zukunftsvision. Es gibt einen Spannungsbogen, der einen zum Weiterlesen treibt, doch die etwas lieblose Charakterzeichnung und die groß angekündigte Enthüllung am Ende konnten mich leider nicht ganz überzeugen.

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