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Rezension zu
Im Unterland

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Robert Macfarlane: Im Unterland

Von: Esthers Bücher
21.09.2019

Dieses Buch mit wenigen Worten zusammenzufassen und einem Genre zuzuordnen ist eine Sache der Unmöglichkeit. Es ist ein Reisebericht, es ist ein philosophisches Werk, es hat eine lyrische Sprache, befasst sich oft mit dem Klimawandel… es ist so Vieles in einem – genau, wie sein Autor. Robert Macfarlane, dessen unbändige Abenteuerlust von seinem schüchternen Lächeln sehr gut getarnt wird, ist Literaturwissenschaftler und Bergsteiger. Zehn Jahre hat er für dieses Buch recherchiert, in dem er in die Tiefe steigt. „Wir wissen so wenig über die Welt unter unseren Füßen“, sagt er, und will das ändern. Dabei begibt er sich in Karsthöhlen, in die Katakomben unter Paris, in Bergwerke und unterirdische Labore, sogar unter das Eis. Unterwegs findet er immer wieder Freunde, die ihn begleiten. Denn anders als beim Bergsteigen, braucht man unter der Erde immer Führer, die sich auskennen und ihm den Weg zeigen. Von einem Freund, der ihm sonst Socken zu Weihnachten schenkt, bekommt er zwei Gegenstände für seine unterirdische Wanderungen. Das eine ist eine Eule, aus dem Knochen eines Wals geschnitzt. Sie soll ihm helfen, in der Dunkelheit zu sehen. Das andere ist ein kleines, aber doch schweres Kästchens. Sein Freund schrieb alle schlimmen Dinge, die ihn verfolgten, auf ein Papier, verbrannte es, packte die Asche in ein Kästchen. Dann überzog er dieses Kästchen mit einer Bronzeschicht. Und zur Sicherheit schlug er auch noch ein paar Nägel hinein. Macfarlane soll nun dieses Kästchen an einem Ort loswerden, wo es niemals gefunden werden kann. Zwei interessante „Begleiter“, aber nicht minder interessant sind die Reiseführer, die Macfarlane auf seinen Erkundungen unterstützen. Da wäre zum Beispiel Merlin Sheldrake, ein junger Pilzforscher. Er beschäftigt sich mit den Netzwerken, die Pilze untereinander und mit anderen Pflanzen ausbauen. In seiner Freizeit braut er Apfelcider… den Apfel dafür holt er sich allerdings nicht unbedingt nicht immer auch die übliche Weise. So hat er mal von Newtons berühtem Apfelbaum sich was geklaut, und auch aus Darwins Garten. Dann die „Lina“ genannte junge Frau, die natürlich nicht so heißt. Das ist nur ihr Deckname, denn sie erkundet regelmäßig und verbotener Weise die Pariser Katakomben. Sie kennt jeden Weg auswendig und Macfarlane folgt ihr auch dann noch mit vollstem Vertrauen, als er an so engen Stellen herumkriecht, wo er nicht mal mehr seinen Kopf drehen kann. Die Reisen und die Erlebnisse würden das Buch schon zu einer interessanten Lektüre machen, Macfarlane macht aber immer wieder gedankliche Abstecher. Mal, um die historischen Hintergründe zu beleuchten, mal um darüber zu sinnieren, was wir Menschen mit der Erde getan haben und noch immer tun. Er kehrt immer wieder zu der Frage zurück, ob man das Zeitalter, in dem wir leben, tatsächlich Anthropozän nennen kann. Und ob wir gute Vorfahren für kommende Generationen sind. Was mir die Kehle zugeschnürt hat, waren seine Ausflüge in verlassene Gegenden, wo kein Mensch lebt, und wo er doch immer auf menschliche Spuren stößt. Wie zum Beispiel auf den Lofoten: "Die orangen Kugeln liegen über den gesamten Strand verteilt. Es sind, wie ich jetzt sehe, hohle eiserne Schwimmer von Fischernetzen – unzählige sind hier gestrandet und verrostet, wie Alien-Eier. Dazwischen und rundum ein dichtes Gewebe aus angespültem Plastik, das an dieser wilder Küste besonders abscheulich wirkt: Plastikflaschen, Fäden von Nylonnetzen, Bretter von Fischkisten." (Seite 312) Dieses Buch hat mich von der ersten Seite an gefesselt, beziehungsweise bereits mit dem Cover – das übrigens das Gemälde einer seiner Freunde ist. Hier passt für mich alles, das Thema ist spannend und bringt mich zum Nachdenken, der Schreibstil ist mitreißend, sachlich, aber auch lyrisch. Und der Autor scheint eine faszinierende Persönlichkeit zu sein. Falls jemand die Möglichkeit hat, ihn bei einer Lesung zu erleben, kann ich das auch nur empfehlen.

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