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Rezension zu
Gott

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Eine unterhaltsame und kenntnisreiche Geschichte der menschlichen Spiritualität

Von: Astrid H.
28.11.2018

Nach den beiden Bestsellern über den Islam und über Jesus hat sich Reza Aslan in seinem dritten Buch erneut einem Thema zugewandt, das voller (insbeondere religiöser) Herausforderungen steckt: Gott. Der Titel mag den einen oder die andere LeserIn irreführen. Zutreffender könnte man vielleicht von einer „Geschichte der menschlichen Spiritualität“ (S. 193) sprechen. Warum glauben Menschen an Gott, und was genau ist in diesem Kontext mit dem Wort Gott gemeint? Aslan nimmt seine Leserschaft mit auf eine weite Reise, die von der Altsteinzeit bis hinein in die Gegenwart führt. Schon diese gewaltige Zeitspanne über Jahrhunderttausende bedingt, dass der Autor seine Argumente nur in großen Linien skizzieren kann – was er in einem klaren Schreibstil tut. Interessierte können in einem umfangreichen Anhang (ein Drittel des Buches) Argumentationslinien vertiefen und finden dort weiterführende Literaturhinweise. Das Buch gliedert sich in drei etwa gleichgroße Teile. Der erste Teil beginnt mit einer (anthropologisch und psychologisch fundierten) Setzung: Es gibt einen menschlich-universellen Glauben an eine menschliche Seele, die das körperliche überschreitet. Diese je individuelle Erfahrung wird durch zwei Mechanismen in die Welt hineingedeutet: Zum einen durch die „Hypersensitive Akteurerkennung“ (engl. Hyperactive Agency Detection Device), also die Neigung, hinter unerklärlichen Ereignissen menschliche Akteure zu vermuten, zum anderen durch die „Native Theorie“ (engl. Theory of Mind), also die Tendenz, alle Phänomene, die menschliche Merkmale zeigen, in menschlichen Kategorien zu deuten. Dies führt zum Konzept des Animismus, einer beseelten Welt. Im zweiten Teil zeigt Aslan, wie neue Formen der Vergesellschaftung diese religiöse Urvorstellung überformen. Im Gefolge der Sesshaftwerdung rückt in den frühen Hochkulturen Mesopotamiens und Ägyptens der Mensch ins Zentrum der spirituellen Ordnung und beansprucht eine herausragende Stellung als Herrscher über die Natur: das Göttliche vermenschlicht und der Mensch vergöttlicht. Zunehmende Arbeitsteilung führt zu einem wachenden Pantheon an Göttern, die Zentralisierung der Regierung führt zur Idee eines höchsten Gottes. Der dritte Teil schildert die Kulmination dieser Zentralisierung im Konzept des Monotheismus: dem Glauben an den einen und einzigen, allumfassenden und unteilbaren Schöpfer-Gott. Jeweils ein Kapitel ist dem Judentum, dem Christentum (dem mit seiner Dreifaltigkeitslehre der Status einer monotheistischen Religion implizit abgesprochen wird) und dem Islam (der – hier scheint vielleicht das Glaubensbekenntnis des Autors durch – als Höhepunkt der theologischen Idee des Monotheismus gefeiert wird) gewidmet. Das Buch schließt mit der Idee des Pantheismus: Letztlich – so Aslan – sei der Monotheismus nicht allzu weit von den animistischen Vorstellungen der Steinzeit entfernt. So wie im Animismus alle Dinge Anteil haben an der Essenz der (Welt-)Seele, umfasst der monotheisische Gott alle Dinge: der Mensch (wie alles andere auch) ist Gott – oder, um den letzten Satz des Buches zu zitieren: „Sie sind Gott.“ Insgesamt ein unterhaltsames, kenntnisreiches und kurzweilig geschriebenes Sachbuch, das – dem Thema durchaus angemessen – mit persönlichen Wertungen nicht hinter dem Berg hält. Man wird nicht allen Argumenten ungeteilt zustimmen wollen, aber viel Interessantes und Bedenkenswertes finden, um seine eigene Vorstellung von Gott zu bereichern.

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