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Rezension zu
Neujahr

Juli Zeh - Neujahr

Von: Esthers Bücher
11.10.2018

Es ist der erste Januar 2018. Henning steht früh auf und fährt mit seinem Leihfahrrad los. Er ist mit seiner Familie auf Lanzarote zum zweiwöchigen Urlaub, und er hat sich vorgenommen, im neuen Jahr einiges zu ändern, so zum Beispiel wieder mehr Zeit auf dem Fahrrad zu verbringen. Er ist untrainiert und fährt ohne Proviant los. Sein Ziel ist der Atalaya-Vulkan mit dem Dorf Femés. Während er all seine Kraft darauf verwendet, auf dem Berg hochzukommen, erfahren wir in Rückblicken immer mehr über Henning und seine Familie. Er ist ein junger Vater mit zwei Kindern, Jonas und Bibbi. Er liebt seine Frau Theresa, mit der sie die Erziehung der Kinder und die Hausarbeit teilen. Da Theresa mehr verdient als Henning, übernimmt er mehr Hausarbeit. Er findet das in Ordnung so und er liebt seine Familie über alles, aber… Aber etwas stimmt mit ihm nicht. Er hat immer wieder Panikattacken, die es ihm manchmal unmöglich machen, die Nacht durchzuschlafen. Es war seine Idee, Weihnachten und Silverster auf der Insel zu verbringen. Es war eine plötzliche Idee, er wollte unbedingt hier sein, obwohl er noch nie auf der Insel gewesen ist. Oder doch? Nach und nach kommt eine Geschichte zur Oberfläche, die längst in Vergessenheit geraten ist. Eine dunkle Episode seiner Kindheit, die er verdrängt hat. Was ist damals passiert? Ist das damals Geschehene der Ursache für seine heutigen Albträume? Für mich die interessanteste Facette der Geschichte war dieses noch immer als unkonventionell geltende Familienleben, in dem der Vater mehr Verantwortung trägt und die klassische Mutterrolle übernimmt. Auch wenn Henning das völlig in Ordnung findet, ändert das nichts daran, dass er sehr genau weiß, wieviel er geleistet hat, wieviel Zeit er für seine Familie geopfert hat (und zum Beispiel nicht mehr Fahrrad fährt). Und wenn dann die Kinder lieber nach Mutti schreien als nach ihm, fühlt er sich natürlich auch ein wenig betrogen. Er will für seine Familie sorgen, aber darf er manchmal auch an sich selbst denken? Eine Frage, die wahrscheinlich in seiner Kindheit wurzelt. Er und seine Schwester sind ohne Vater aufgewachsen, dieser verließ sie, als Henning erst fünf Jahre alt war. Seitdem trägt er die Verantwortung für seine kleine Schwester, die auch jetzt noch, wo sie beide erwachsen sind, noch auf die Hilfe des Bruders zählt, und diese auch immer wieder bekommt. Die Geschichte aus Hennings Kindheit, die sich ihm ganz plötzlich auf Lanzarote offenbart, ist spannend und beängstigend. Sie zieht den Leser in den Sog, gleichzeitig möchte man am liebsten gar nicht weiterlesen. Für mich war sie aber auch eine vereinfachte Antwort auf Hennings Situation, seine Ängste, seine Probleme. Es hätte mich interessiert, welche Antwort Juli Zeh auf dieses Familienkonzept hat, wenn da kein Kindheitstrauma im Hintergrund steckt. Aber trotzdem eine insgesamt sehr spannende, interessante Lektüre. Der Anfang war für mich etwas schleppend, was aber durchaus zu Hennings körperlicher Anstrengung gepasst hat. Umso rasanter ging es dann weiter, sobald er den Gipfel erreichte.

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