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Rezensionen zu
Vom Ende des Punks in Helsinki

Jaroslav Rudiš

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Punk is dead!

Von: Leserstoff

15.04.2015

Über den Autor Jaroslav Rudis wurde 1972 geboren. Er lebt derzeit in Prag, hat in Prag, Zürich und Liberec Germanistik, Geschichte und Journalismus studiert. Sein erster Roman entstand in Berlin, "der Himmel unter Berlin". Punk ist tot Punk ist tot - jedenfalls bei Ole. Es ist inzwischen schon einen Sommer her, dass ich das Buch gelesen habe. Aber ich gebe mein Bestes einen guten Eindruck von dem Werk zu vermitteln. Es ist mir nachhaltig im Gedächtnis geblieben. In dem Roman geht es um Ole. Ole ist ca. vierzig Jahre alt und lebt in einer ostdeutschen Provinzstadt, die ich vom Gefühl her irgendwie zwischen Leipzig und Dresden einordnen würde. Dort betreibt er eine Bar, das "Helsinki". Das Ende des Punks spielt also nicht etwa in Finnland, sondern in einer Bar in Deutschland. Ole, war früher Punk und hat eine lebhafte Vergangenheit hinter sich. Heute ist er zwar nicht unbedingt gutbürgerlich, aber er kommt zurecht und hat bereits eine Tochter. Aktuell schwört er allen Frauen ab, obwohl immer wieder Lena in seiner Bar auftaucht und Ole nicht so Recht weiß, ob er etwas mit Lena hatte. Im Tal der Hohlköpfe Der Roman ist in zwei, eigentlich drei, Erzählperspektiven gegliedert. (Die dritte Perspektive ist ein kurzer, farblich schwarz gekennzeichneter Abschnitt aus der Sicht von Oles Tochter.) Ein Teil des Geschehens wird aus Oles Sicht berichtet. Der andere große Teil wird aus der Perspektive eines Punkmädchens, Nancy, aus dem Altvatergebirge in Tschechien geschildert. Nancys Erzählung findet in Form von Tagebucheinträgen statt. Ich fand diesen Teil des Buches persönlich am spannendsten und interessantesten geschrieben. Nancy ist eine ehemalige Bekannte/Freundin von Ole aus den 80ern. Sie lernten sich auf einem Konzert der Toten Hosen kennen und Ole versucht Nancy bei der Flucht über die westliche Grenze zu helfen. Leider ist die Aktion nicht von Erfolg. Deshalb versucht Ole in der Gegenwart einen Weg zu finden mit der Vergangenheit klar zu kommen. Warum das Buch im Gedächtnis bleibt.. "Das Ende des Punks in Helsinki" ist ein Buch, das im Gedächtnis bleibt - jedenfalls in meinem. Ich fand die verschiedenen Perspektiven spannend zu lesen. Gerade weil ich bereits wusste, dass es mit Nancy kein gutes Ende nimmt, habe ich mich immer gefragt was nun wie schief geht und wann sie eigentlich Ole kennenlernt. Das geschieht nämlich erst nach langer Zeit. Der Stil der Tagebucheinträge hat mir gut gefallen. Außerdem habe ich mich in meiner Abschlussarbeit an der Uni mit dem Thema Punk in der DDR beschäftigt und fand die Thematik daher sehr ansprechend. Vom Leben in der Tschechoslowakei in den 80ern mit Tschernobyl und poliischer Repression habe ich in dem Buch viel erfahren. Außerdem fand ich auch die grafische Gestaltung sehr ansprechend. Nicht nur das Titelbild, auch den Teil z.B. der komplett schwarze Seiten hatte und mit weißer Schrift geschrieben wurde, haben mir gefallen.

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Von: Matthias Hey

16.09.2014

"Er wirft eine Tablette gegen den Tod ein, zieht den Reissverschluss an seiner Jacke bis zum Kinn steckt sich eine an und marschiert los. Die Straße liegt menschenleer und öde vor ihm, wie eine Wüste." Jaroslav Rudiš’ Buch »Vom Ende des Punk in Helsinki« ist eines der Bücher, das einen bis zur letzten Seite in seinen Bann zieht, das man mit einem Seufzen beiseite legt und das unheimlich nachhallt. Rudiš erzählt die Geschichte zweier Antihelden, Ole und Nancy, die sich 1987 zufällig auf einem Konzert der Toten Hosen begegnen und beschließen, gemeinsam in den Westen zu fliehen. Nancy stirbt bei diesem Versuch und Ole wird dies sein Leben lang nicht vergessen können. Rudiš erzählt die Geschichte aus zwei Perspektiven: Zum einen aus der Sicht von Nancy in Form von Tagebucheinträgen, die bezeichnenderweise alle mit »Aus dem Tal der Hohlköpfe« überschrieben sind: "Absolut tote Hose. Nix Los. Einfach nur Scheiße. Wenn ich darüber nachdenke gilt das für das ganze Land. Wenn man das Radio anmacht quillt nur Scheiße heraus oder Karel Gott. Wenn man die Glotze anmacht läuft Scheiße oder Karel Gott. Man geht raus und auch da Scheiße…" Durch Nancys Tagebucheinträge reist man in die Tschechoslowakei ’86/’87, in eine trostlose, graue Welt ohne Antrieb und Zuversicht. Endzeitstimmung, Tschernobyl und das Aufbegehren einiger weniger im Zeichen des Punk – das ist Nancys Realität. Sie und ihre Freunde Funus, Chaos, Maruna etc … wollen sich nicht an die Konventionen der Gesellschaft halten und müssen mit deren Repressalien leben. Schulverweis, Polizeiverhöre und Schläge sind die Konsequenzen. »Der Westen« im Allgemeinen oder auch schon das nur wenige Kilometer entfernte Polen mit seiner etwas offeneren Gesellschaft werden zum Fluchtpunkt und zum Sehnsuchtsort der Freiheit. Nancy rafft sich als einzige der bunten Truppe auf, zu einem Konzert der Toten Hosen nach Pilsen zu pilgern. Und an diesem Ort werden sich Nancys und Oles Wege schicksalhaft kreuzen. In einem zweiten Erzählstrang begegnet man Ole, etwa 20 Jahre später. Ole ist inzwischen etwa 40 Jahre alt und immer noch Punk, ständig schlecht gelaunt und genervt. Er hat beschlossen, nichts mehr mit Frauen anzufangen, weil das Leben ohne sie einfacher ist. In Rückblicken erzählt Ole seine Geschichte zwischen Vergangenheit, Jugend und rebellischem Erwachsenwerden im Osten. Oles Lebensinhalt ist seine Bar, das »Helsinki«, »die letzte heruntergekommene Kneipe der Stadt«. Schräge Typen wie Frank, Wasserleiche, Selbst-ist-der-Mann oder die junge Studentin Lena, die in der Bar ein und aus gehen, sind so etwas wie Oles Familie, auch wenn er ständig so tut, als sei er genervt von allen. Anhand der tragikkomischen Geschichte schafft es Rudiš, den Generationskonflikt einer rebellierenden Jugend im ehemaligen Ostblock mit all ihren Hoffnungen und Träumen, ihren Ängsten und ihrem Aufbegehren gegen die sichtbaren und unsichtbaren Mauern des Sozialismus zu beschreiben. Aber das ist Rudiš nicht genug: Mit Lena und Oles Tochter Eva bringt er außerdem eine Generation ins Spiel, die das Leben im Ostblock nicht mehr unmittelbar selbst erfahren hat und deren Verlorenheit im neuen System seltsam an dasjenige von Ole oder Nancy erinnert. All die bunten und grellen Einzelheiten der Geschichte, all die Möglichkeiten vermengen sich zu einem beklemmenden Gefühl, das nicht weit entfernt ist von der lähmenden Lethargie des Ostblockgrau! »Vom Ende des Punks in Helsinki« ist ein Roman, der unter die Haut geht. Er lässt einen den eigenen Standpunkt im Leben hinterfragen und ist wie ein Schlag in die Magengrube wohlstandsschwangerer Bäuche und politischer Schlafwandler.

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