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Rezension zu
Der Tag, an dem die Hummer schwimmen lernten

Großartig, hintergründig und humorvoll

Von: Vanessas Bücherecke
06.08.2016

Klappentext: Es bringt den ganzen Ort in Aufruhr: ein Aquarium voller Hummer, das urplötzlich im örtlichen Lebensmittelladen von Klippisfontein, Südafrika, steht. Kinder und Erwachsene beäugen gebannt die faszinierenden Krustentiere. Dabei will der verheiratete Ladenbesitzer Oom Marius eigentlich nur seine Angebetete Missies Patty beindrucken, indem er endlich die Haute Cuisine nach Klippisfontein holt. Doch dann erkrankt seine Frau Tattie und soll in Kapstadt behandelt werden. Jemand muss den Laden weiterführen. Und der Einzige, der sich auf die Schnelle finden lässt, ist Marius‘ schwarzer Assistent Petrus. In einem Dorf, das seit Urzeiten nach den gleichen Regeln funktioniert, ein Skandal! Neid und Argwohn brechen sich Bahn. Doch dann haben Marius und einige Dorfbewohner eine wunderbare Idee – und die hat mit viel Liebe und einigen Hummern zu tun. Meinung: Als ich dieses Buch entdeckte und die Inhaltsangabe las, war ich direkt begeistert und hoffte auf eine amüsante, vergnügliche Liebesgeschichte. Amüsant ist das Buch schon und eine Liebesgeschichte bekam ich auch, darüber hinaus ist dieses Buch aber noch so viel mehr, womit ich nicht gerechnet habe. Aber von Anfang an: Im Buch lernen wir Oom Marius kennten, der seit Jahrzehnten im Örtchen Klippiesfontein in Südafrika einen Gemischtwarenladen betreibt und die örtliche Bevölkerung mit allem versorgt, was diese benötigt. Da Marius eine Schwäche für die schöne Patty hegt und seinen Laden mondäner machen will, kauft er kurzerhand vier Hummer und ein dazugehöriges Aquarium. Schließlich ist Patty doch aus der Stadt wo man solche Delikatessen ja isst, oder? Doch Patty ist entsetzt über die Hummer und bittet Marius, diese wieder zurückzugeben, denn schließlich werden Hummer lebendig gekocht, das geht gar nicht! Gleichzeit erfährt Marius, dass seine Frau Hettie erkrankt ist und für eine Behandlung nach Kapstadt muss. Doch wer soll sich in der Zwischenzeit um den Laden kümmern? Kurzerhand, und aufgrund von Mangel an Alternativen, betreut Marius den seit 22 Jahren im Laden arbeiteten Petrus damit, den Laden in der Zwischenzeit zu führen. Ein Skandal im Ort, denn Petrus ist schwarz. Die Zeiten der Apartheid sind zwar eigentlich Geschichte, aber in den Köpfen der Bevölkerung immer noch präsent. Und deshalb entspinnt sich unter den Einwohnern von Klippiesfontein ein Kampf zwischen denen, die den Laden boykottieren, und denen, die dem Laden und Marius Familie die Treue halten. Im Mittelpunkt dieses Romans stehen mehrere Personen. Da wäre z. B. Marius und seine Frau Hettie, die seit vielen Jahren miteinander verheiratet sind und deren Leben festen Bahnen folgt. Dabei wünscht sich Hettie sehr, dass Marius sie mehr wahrnehmen würde. Doch Marius nimmt Hettie und ihre Gegenwart als selbstverständlich hin, was ihm erst richtig bewusst wird, als Hettie erkrankt. Zum anderen ist da Petrus, der in den Townships bei seiner Mutter lebt und zwar sehr fleißig ist, sich aber auch sehr unterwürfig den Weißen gegenüber verhält, haben diese doch seinen Vater auf dem Gewissen. Petrus schwärmt für die hübsche Schwarze Precious, traut sich aber nicht, ihr näher zu kommen. Und Precious, die dank einer glücklichen Fügung einen Buchhalterkurs machen konnte, würde gerne etwas weniger Ungerechtigkeiten zwischen den Bevölkerungsgruppen sehen. Insgesamt haben mir Colette Victors Charaktere wirklich gut gefallen, denn alle sind authentisch mit ihren Hoffnungen, Träumen und Ängsten, aber auch in ihren negativen Charaktereigenschaften. Das Buch zeigt sehr schön, wie schwierig es ist, vorgefasste und anerzogene Meinungen und Einstellungen aus den Köpfen der Menschen zu bekommen und ein Umdenken einzuläuten. Ich war erschüttert, wie sehr das Rassendenken immer noch in Südafrika vorherrscht, besonders in den etwas ländlicheren Ecken. Aber trotz der schweren und ernsten Thematik hat das Buch auch viele heitere Momente, die die Geschichte auflockern und somit die Hauptthemen nicht an den Pranger stellen, sondern subtil zum Nachdenken anregen, ohne eine Meinung vorzugeben. Die Hummer sind natürlich nicht unwichtig im Roman und machen das Buch erst richtig rund. Ute Brammetz hat Colette Victors Schreibstil wundervoll flüssig und kurzweilig ins Deutsche gebracht und das Buch entpuppt sich als Pageturner, dessen Ende zwar ein wenig traurig, aber auch ein wenig hoffnungsvoll zurück lässt. Zwar hat das Buch letztendlich weniger Liebesgeschichten zwischen den Protagonisten enthalten, als ich annahm, dafür aber sehr viele menschliche Momente, die mich berührt haben. Erzählt wird die Geschichte in der dritten Person, wobei die Blickwinkel zwischen den verschiedenen Protagonisten wie Marius, Petrus, Precious oder auch Patty wechseln. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und der Spannungsbogen kann bis zum Ende hin mühelos gehalten werden, so dass keine Längen im Buch entstehen. Fazit: Der Tag, an dem die Hummer schwimmen lernten bietet so viel mehr, als nur eine Liebesgeschichte. Es ist unterhaltsam, witzig, berührend und erschütternd. Es zeigt die Umstände und Nachwirkungen der Apartheid in Südafrika, ohne den mahnenden Finger zu heben und ist letztendlich ein Buch voller menschlicher und zwischenmenschlicher Momente, die zu Herzen gehen und länger nachklingen. Von mir gibt es 5 von 5 Punkten.

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