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Rezension zu
Kein Freund außer den Bergen

unbedingte Leseempfehlung!

Von: überalldiewörter
26.10.2020

Dieses Buch wurde auf einem Handy geschrieben. Nicht, weil es ein cooles innovatives Projekt eines Digital Native war, sondern weil der Autor keine andere Möglichkeit hatte: Als Behrouz Boochani dieses Buch schreibt, ist er Gefangener auf der Insel Manus. Über sechs Jahre lang sitzt er dort in Haft und schmuggelt währenddessen in Tausenden von Textnachrichten seine Berichte aus den Mauern des Lagers. Aber worum geht's eigentlich? Im Jahr 2013 flieht der kurdisch-iranische Journalist Boochani aus dem Iran. Sein Ziel: Australien, ein Land, in dem er nicht mehr fürchten muss, wegen seiner Texte verfolgt zu werden. Seine Flucht dauert Wochen, mehr als einmal entgeht Boochani nur knapp dem Tod. Schließlich greift ein australisches Kriegsschiff das Boot auf, auf dem Boochani mit vielen weiteren Asylsuchenden die Überfahrt nach Australien angetreten hat. Die Behörden bringen Männer, Frauen und Kinder nach Manus Prison, in ein sogenanntes Internierungslager auf der Insel Manus in Papua-Neuguinea, nicht weit vor Australien. Niemand der Geflüchteten bekommt ein Verfahren, niemand von ihnen weiß, was nun passiert; die Zustände im Lager sind mehr als schlecht. Bald beginnt Boochani, alles, was dort vor sich geht, schriftlich festzuhalten und via Nachricht an seine Kontakte außerhalb des Gefängnisses zu schicken – zum einen, weil er Menschenrechtsorganisationen auf die unerträglichen Verhältnisse im Gefängnis aufmerksam machen möchte, zum anderen, weil das Schreiben ihm die Kraft verleiht, die er dort zum Überleben braucht. „Kein Freund außer den Bergen“ ist irgendwie ein Tatsachenbericht, ja, aber es ist noch so viel mehr als das. Boochani hat diese journalistische Beobachtungsgabe, beschreibt nicht nur das Lager, sondern auch die Gefangenen so detailliert, dass man glaubt, das Ganze vor sich zu sehen; und gleichzeitig findet er irgendwo in all der Grausamkeit die Kraft für eine poetische Sprache, die so richtig anʼs Herz geht. Es geht um Gemeinschaft und Einsamkeit, um Menschlichkeit und um das, was bleibt, wenn sie verloren geht. Um es kurz zu machen: In diesem Buch steckt so viel mehr, als in eine Rezension passt. Aber wenn ich euch in diesem Jahr nur ein Buch ans Herz legen dürfte, dann wäre es wohl dieses hier. [Manus Prison wurde 2017 endgültig geschlossen. Behrouz Boochani hat 2019 ein Visum für Neuseeland erhalten und lebt zurzeit dort.]

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