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Die bayerische Seele

Thomas Grasberger
© privat
Herr Grasberger, wenn wir als Erstes mit dem Letzten anfangen und den Flins von hinten aufschlagen, stoßen wir auf ein stolzes Literaturverzeichnis mit so einigen kuriosen Quellen. Brauchten Sie beim Flins womöglich mehr Zeit fürs Lesen als für das Schreiben?

Ja, das war wohl so. Aber ich glaube, das ist auch nicht außergewöhnlich, zumindest wenn man ein gut recherchiertes Buch schreiben will. Mal abgesehen von ein paar Genies, die alles aus sich selbst zu schöpfen in der Lage sind, bedienen sich wohl die meisten Autoren verschiedenster Quellen – das können Aufsätze sein, Romane, Archivalien oder auch mündlich überlieferte Geschichten. Lesen ist jedenfalls bestimmt keine ganz verkehrte Kulturtechnik für Leute, die schreiben. Und gerade beim Thema Flins gibt es reichlich Material. Ganz ähnlich wie beim Geld gilt dann auch beim Schreiben: Es kommt drauf an, was man draus macht.

Wie unter den Grantlern und den Stenzen gibt's auch im Flins wieder schwer schillernde Gestalten. Haben Sie unter diesen Vertretern des Homo oeconomicus bavaricus einen Favoriten?

Da gibt´s mehrere. Zum Beispiel das 13-jährige Marei, das fernab der Heimat eine Lehrstelle antreten muss und immer nur Kartoffeln zu essen bekommt. Aber auch skurrile Figuren wie jene bayerischen Bauern, die ihr Geld vergraben, um es vor dem Fiskus zu schützen. Oder der Millionenbauer aus München, der die Sau raus lässt und sich so redlich wie vergeblich bemüht, sein Erbe zu verprassen. Das sind recht unterschiedliche Charaktere. Und nicht alle sind als Menschen gleichermaßen sympathisch. Aber als Figuren im Buch schon. Da ist ein Bazi ja oft mehr wert als ein kreuzbraver, netter Langeweiler.

Gibt es denn eine Eigenart der Seele des Bayers, die man gleichermaßen in seinem Verhältnis zu Grant, Stenz und Flins wiederfindet?

Nicht nur eine, sondern viele. Der Baier besteht ja bekanntlich nur aus Eigenarten, alles an ihm ist eigentlich eigen. Vom Eigen-Sinn über seinen ausgeprägten Sinn für Eigen-Tum oder seiner Sehnsucht nach Eigen-Ständigkeit bis hin zu den Eigen-heiten im Umgang mit dem jeweils anderen – oder auch dem eigenen – Geschlecht. Was den Flins angeht, kann man sagen: Er oszilliert zwischen einem rigiden »Sach zamhalten« und »Nix hergeben” einerseits und einem legeren »Leben und leben lassen« bzw. »Nur der Not koan Schwung lassn« andererseits. Dazwischen ist Vieles möglich. Oder anders formuliert. Die einen sind so und die andern so! Eigenartig, gell! Aber das macht die Sache für einen Autor reizvoll. Und für den Leser hoffentlich auch!

Für Ihre Radiofeatures beim Bayerischen Rundfunk sind Sie viel auf Reisen. Werden Sie im Ausland auch als Bayer statt als Deutscher erkannt?

Selbstverständlich, aber nur so lang ich den Gamsbart auf meinem Trachtenhut trage. Doch im Ernst: Anders als Oskar Maria Graf, der in seinem New Yorker Exil dauernd in Lederhosn herumgelaufen ist, pflege ich weder in Tracht zu reisen noch sie im Alltag zu tragen. Man könnte mich also allenfalls an meiner schönen bairischen Hochsprache erkennen. Was gelegentlich auch passiert. Nur in München wird es von Neu-Zugereisten gelegentlich mit Österreichisch verwechselt. Aber damit kann ich gut leben.

Ist nach Grant, Stenz und Flins das Wesen des Südens ergründet, oder gibt es noch ein anderes wichtiges Thema zu recherchieren?

Nein, der Bayer an sich ist hiermit endgültig und ein für allemal erforscht; die Produktion bavaristischer Literatur kann mit dem heutigen Tag eingestellt werden, es sei denn, es hätte noch einer eine Idee, was ich absolut nicht ausschließen möchte, auch für mich nicht. Wir dürfen also gespannt bleiben.