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SPECIAL zu Charlotte Link

Alte Schuld rastet nicht

Buchempfehlung

Als Dave Tanner und Gwendolyn Beckett sich zum ersten Mal begegnen, regnet es wie aus Kübeln in Scarborough. Die schüchterne Gwendolyn, die ganz allein mit ihrem betagten Vater in der Nähe der nordenglischen Küstenstadt auf dem Lande wohnt und eine kleine Pension betreibt, hat den Bus verpasst. Der attraktive Mittvierziger Dave hat nichts Besonderes vor und bietet ihr an, sie im strömenden Regen mit dem Auto nach Hause zu bringen. Die zufällige Begegnung erweist sich für beide als schicksalhaft …

Das ungleiche Paar
Denn nur kurze Zeit später geben Dave und Gwendolyn ihre Verlobung bekannt. Doch gibt die Verbindung Anlass zu allerlei Spekulationen, denn das frischgebackene Paar erscheint allen, die es kennen, auffallend ungleich zu sein. Dave Tanner ist ein charmanter, weltgewandter und gut aussehender Mann, der sich allerdings finanziell mit Sprachkursen nur äußerst notdürftig über Wasser halten kann, während das „späte Mädchen“ Gwendolyn zwar eine ganz gute Partie ist, sich aber vor allem durch ihre farblose Unscheinbarkeit auszuzeichnen scheint.

Ein zerstörtes Fest
Während der Verlobungsfeier im Hause Beckett eskaliert die Situation dann: Fiona Barnes, eine Jugendfreundin von Gwendolyns altem Vater, beschimpft Dave Tanner und wirft ihm vor, diese Verbindung einzig aus Berechnung einzugehen:
„'Ich kann Ihnen sagen, was ich Ihnen unterstelle, Mr. Tanner', sagte Fiona. […] Ich unterstelle Ihnen, Gwen Beckett nicht zu lieben, sie nicht einmal besonders zu schätzen oder zu achten. Ich unterstelle Ihnen, sich mit dieser Heirat die Beckett-Farm unter den Nagel reißen zu wollen […] Die Eheschließung mit Gwen ist für Sie wie ein Treffer im Glücksspiel, und diesen Treffer wollen Sie haben, um jeden Preis. Gwens Gefühle, ihre Zukunft, das ist Ihnen alles gleichgültig.' Fassungsloses Schweigen folgte ihren Worten. Dann verließ Dave Tanner mit schnellen Schritten den Raum. Gwen schluchzte auf.“

Zwei Tote, kein Täter
Tags darauf wird Fiona Barnes am nahen Strand aufgefunden: brutal erschlagen. Ein schreck¬licher Verdacht drängt sich allen Teilnehmern des unglücklichen Festmahls auf: Sollte der ge¬de¬mütigte Dave Tanner etwas mit dieser grausamen Tat zu tun haben? Die kalte und aggressive Art, mit der Fiona ihn auf seiner eigenen Verlobung bloßstellte und so die Feier platzen ließ, hatte schließlich alle Anwesenden in ungläubiger Wut zurückgelassen. Oder ist der Mord demselben Täter zuzurechnen, der wenige Wochen zuvor in Scarborough bereits eine junge Frau brutal getötet hatte?

Eine alte Schuld
Die Polizei ermittelt in alle Richtungen, ohne auf eine wirklich heiße Spur zu stoßen. Seltsam erscheint zumal, dass die resolute alte Dame bereits einige Zeit vor ihrem plötzlichen gewaltsamen Tod durch anonyme Anrufe belästigt wurde. Fiona fühlte sich durch einen Anrufer verfolgt, der immer wieder nur stumm in den Hörer atmete. Diese unheimlichen Telefonate weckten in Fiona die Erinnerung an eine sehr alte Schuld – eine Schuld, die ihr ganzes Leben überschattet hatte. Nach und nach kommt schließlich eine Geschichte ans Licht, deren Wurzeln bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges zurückreichen...

Raffinierte Hochspannung
Charlotte Link ist eine der erfolgreichsten Autorinnen der Gegenwart – zu Recht, wie auch dieser Thriller belegt. Einmal mehr beweist die souveräne Meisterin der Spannung ihr außergewöhnliches Talent für intelligente und psychologisch subtil aufgebaute Plots. Kunstvoll verwebt die Autorin historische Ereignisse, lang verdrängte Jugendtraumata und aktuelle Krimihandlung ineinander, lässt ihre Leser – zusammen mit der ahnungslosen Kommissarin – mehrfach komplett in die Irre laufen, um erst ganz zum Schluss das Bild ganz überraschend völlig neu zusammenzusetzen: mit Hilfe eines allerletzten kleinen Mosaiksteinchens.

Ulrike Künnecke
Literaturtest

Berlin, August 2009