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SPECIAL zu Anna Vovsova »Josef und Li«

»Es ist ein großes Glück, eine verwandte Seele zu finden!«

Anna Vovsova
© Christopher Schmid
Anna Vovsova wurde am 2. November 1956 in Prag, der Stadt der Geschichten, geboren. Sie studierte Dramaturgie und Drehbuch an der Prager Filmhochschule FAMU. Zunächst schrieb sie ausschließlich Drehbücher für das tschechische Fernsehen und arbeitete als Dozentin an der Filmakademie. Für den Vampir-Actionfilm Blade erfand sie eine Kunstsprache, das »Vampirisch«. Der Roman Josef und Li beruht auf einer siebenteiligen TV-Serie, die das tschechische Fernsehen im Jahre 2004 mit großem Erfolg ausstrahlte. Zu der Geschichte inspiriert hatte sie die oft ausländerfeindliche Haltung der Tschechen den in Tschechien lebenden Vietnamesen gegenüber, die sie selbst, während ihres mehrjährigen Aufenthalts in Frankreich in den Achtziger Jahren, als äußerst freundlich erlebt hat. Nach dem phänomenalen Erfolg der TV-Serie, entschloss sich Vovsova aus der Geschichte rund um Josef und Li auch ein Jugendbuch zu machen. Heute lebt sie mit ihrem niederländischen Lebensgefährten und zwei Kindern in Prag. Ihr Sohn ist genauso alt wie Josef.

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Woran arbeiten Sie gerade?
Ich arbeite im Moment an einem Buch – Bücher haben im Gegensatz zu Drehbüchern den wunderbaren Vorteil, dass sie nur Zeit kosten und bereits ein fertiges Kunstwerk sind, selbst wenn sie nicht von einem Verlag herausgegeben werden und, wie man so schön sagt, für die Schublade geschrieben wurden. Ein Drehbuch ist nur ein halbes Werk, das man im besten Fall aus der Hand geben, es seinem Schicksal überlassen, einem Regisseur anvertrauen muss, im schlimmsten Fall bleibt es liegen und ist ein unfertiges Werk. Das Buch, an dem ich gerade schreibe, heißt Der Klavierstimmer und es geht darum, wie die Geister der Vergangenheit, aus der Tschechoslowakei der Fünfziger Jahre, auftauchen, und Wunden aufgebrochen werden, die die Zeit nicht heilt.

Welche Bücher mochten Sie als Kind gerne?
Als Kind liebte ich den Märchenband Spalicek (dt. etwa: »Bauklötzchen«, eine Sammlung aus Geschichten, Gedichten, Reimen, Bildern) von František Hrubín, Karin Michaelis Bibi, Das doppelte Lottchenvon Erich Kästner, Der Kampf um die Insel und andere Bücher von Arthur Ransom, später dann die französische Schriftstellerin Colette.

Josefs neue Freundin Li stammt aus Vietnam. Waren Sie schon einmal in Vietnam, was fasziniert Sie an der Kultur?
In Vietnam war ich noch nie, doch ich wohnte in Paris in einem Haus, wo unter mir eine vietnamesische Familie lebte. Damals wurde über einen Zeitraum von etwa zwei Wochen der Fußboden gerichtet, so dass zwischen unserer Wohnung und der darunter eine Öffnung entstand – ein Loch im Boden, als ob wir alle in einer gemeinsamen Wohnung leben würden. Einen großen Eindruck machte da auf mich die Tatsache, mit welcher Rücksichtnahme, Diskretion und Anstand sich die Familie die Zeit über verhielt.

Wo würden Sie gerne leben, wenn Sie noch mal weggingen?
Ich hoffe, dass ich nicht mehr weggehen muss, ich bin glücklich zu Hause in Tschechien, allein schon wegen der Sprache, der Familie und den vielen Freunden. Die sechs Jahre, die ich in den 80ern in Frankreich verbracht hatte, waren aus vielerlei Gründen sehr interessant und lehrreich – ich konnte mir beweisen, dass ich in der Fremde gut überleben würde, doch ganz glücklich wäre ich dort wohl nie. Ich hatte dort zwar keine Schwierigkeiten, doch ich wusste sehr genau, dass es womöglich daran lag, dass ich mich äußerlich nicht von der Mehrheit der Franzosen unterscheide. Das Gleiche kann auch mein Mann behaupten, der als Niederländer in Tschechien sehr gut integriert ist, obwohl ihm die Sprache nicht wenig zu schaffen macht.

Ihre Rolle im Filmbusiness?
Die Freiheit und Unabhängigkeit in der Film- und Fernsehindustrie empfinde ich als sehr angenehm. Die meisten Drehbücher von mir wurden von Zuzana Zemanová verfilmt. Es ist ein großes Glück, wenn ein Drehbuchautor in einem Regisseur, einer Regisseurin eine verwandte Seele findet. In letzter Zeit zieht es mich aber zur Literatur, so gebe ich meinen Geschichten einen anderen, neuen Rahmen.

Vielen Dank für das Interview, Frau Vovsova.