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Rezension zu
Ich will doch bloß sterben, Papa

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Beklemmend, emotional, aufrührend - die Geschichte eines schizophrenen Kindes

Von: Bianca81
13.03.2015

Zum Inhalt: Jani war schon immer ein besonderes Kind. Herausragend intelligent, aber auch extrem anstrengend. Ihre ständigen Wut- und Gewaltausbrüche machen Familie Schofield das Leben schwer. Jani lebt in ihrer eigenen Welt Calilini und spielt lieber mit ihren unsichtbaren Freunden als mit echten Kindern. Als ihr kleiner Bruder Bodhi auf die Welt kommt, leben die Eltern Michael und Susan in ständiger Gefahr, dass Jani das Baby verletzt oder tötet. Langsam reift die Erkenntnis, dass Jani an Schizophrenie leiden könnte, und so beginnt für die Schofiels eine schwere Odyssee durch Arztpraxen und Krankenhäuser, die alle an ihre Grenzen bringt. Meine Meinung: Eins vorweg: Es fällt mir wirklich schwer, dieses Buch zu bewerten. Und ich entschuldige mich schonmal für die ermüdende Länge dieser Rezension, aber bei diesem Buch kann ich mich leider nicht kurzfassen. Janis Verhalten ist einfach nur – wow... Mit Schizophrenie kenne ich mich nicht wirklich aus, und wie es letztendlich Jani dabei ergeht, die an Halluzinationen und Gefühlsausbrüchen leidet, wird nicht ganz klar, da die Geschichte ja nicht von ihr erzählt wird, sondern vom Vater. Aber auch die Erlebnisse der betroffenen Eltern sind schon sehr beklemmend. Auf über 200 Seiten wird permanent erzählt, wie Jani ausflippt, kreischt, kratzt, beißt, schlägt. Und das alles in so einem Ausmaß, dass nichtmal die Eltern das kleine Mädchen davon abhalten können. Wie lange ich es mit diesem Kind ausgehalten hätte, weiß ich nicht, denn allein beim Lesen ist man regelrecht erschöpft von den nicht endend wollenden Ausbrüchen. Wie die Eltern das jahrelang aushalten, ist mir ein Rätsel, sie werden von ihrer eigenen Tochter regelrecht kaputt gemacht und funktionieren nur noch als Blitzableiter, haben kein eigenständiges Leben mehr. Ab einem bestimmten Punkt verstehe ich dann auch nicht mehr, dass sie das so lange mitgemacht haben, ohne in Erwägung zu ziehen, das Kind in eine psychiatrische Klinik zu geben. Denn Jani geht nicht nur mehrmals täglich auf ihr Eltern los und verletzt diese teilweise richtig, sie versucht auch die ganze Zeit, ihren Baby-Bruder Bodhi zu verletzen. Diese hochaggressiven Ausbrüche finden täglich ca. 10 Mal statt. Das geht so weit, dass die Kinder nicht in einem Raum sein können, wenn nicht beide Elternteile anwesend sind, und dass die eigene Mutter Angst vor ihrer Tochter hat. Während der Vater Jani festhält und sich verprügeln lässt, versucht die Mutter, das Baby zu beschützen. Ich war wirklich baff, dass zwei Erwachsene sich von einem (Klein-)Kind auch physisch so fertig machen lassen. Die psychische Belastung ist natürlich nochmal was ganz Anderes. Aber manchmal war ich so gemein und habe mich gefragt, inwieweit manche Verhaltensmuster auch vielleicht hausgemacht waren? Vater Michael, Autor des Buches, leidet selbst an Depressionen und nimmt Medikamente. Er kam mir oft sehr suspekt vor. Er ist College-Dozent und hat hohe Ansprüche an seine Tochter, die schon als Baby herausragend intelligent ist und z. B. mit zwei Jahren schon lesen und schreiben kann. Lange Zeit sieht er in Janis Krankheitsbild vor allem das Genie, das dahinter steckt. >>> Ich träume davon, dass Jani noch vor ihrem zehnten Geburtstag nach Harvard oder Yale oder aufs Massachussets Institute of Technology (MIT) geht. Mein größter Traum, wenn ich nachts die Augen schließe, ist, dass Jani den Nobelpreis gewinnt. Wofür, weiß ich nicht und es ist mir auch egal. Aber wenn sie mit zwei Jahren zu solchen Leistungen fähig ist, dann muss sie sich ganz einfach als Segen für die Menschheit erweisen. Und dafür kann man ihr schon mal die eine oder andere Unhöflichkeit durchgehen lassen. (S. 19) <<< An ihrem 4. Geburtstag führt der Vater mit der Tochter Gespräche über Dinge wie „Weißt du noch, wie hoch der Luftdruck auf der Venus ist?“ gefolgt von einem Vortrag, wie sich das Gewicht auf diesem und jenem Planeten verteilt und welche Temperaturen dort herrschen. Da frage ich mich schon, ob das immense Wissen von Jani wirklich von ihr selbst gewollt ist oder ob es nicht auch vom gebildeten Vater regelrecht eingeprügelt wird, damit das Kind auch ja ein Genie wird und – wie an späterer Stelle nochmal von ihm forciert wird – für ihn mal den Nobelpreis gewinnt. Als Michael und Susan dann bei einem Intelligenztest erfahren, dass Jani mit 4 Jahren einen IQ von 146 hat, verfallen sie in Schockstarre... denn 146 erscheint ihnen viel zu wenig! Und dieses Herumgehacke der Eltern auf dem ach so hohen IQ der Tochter ging mir irgendwann total auf den Senkel. So schreit die Mutter ständig irgendwelche Ärzte oder Lehrer, die Jani kritisieren, an: „Sie hat einen Intelligenzquotienten von 146!“ Ja doch... Später wird dann nochmal von mehreren Seiten bestätigt, dass Jani außergewöhnlich klug ist. Nur bei ihrem schlimmen Verhalten nützt dies wenig, da sie sich nicht anpassen, nicht benehmen oder in eine Klassengemeinschaft einfügen kann. Und dann Bodhi, der arme kleine Kerl. Der im Endeffekt nur geboren wird, weil die Mutter ihre biologische Uhr ticken hört und der Vater sich seine Anwesenheit als Allheilmittel für Jani erhofft. >>> Doch das war nicht der Grund, weshalb ich einem zweiten Kind schließlich zustimmte. Ich wollte Bodhi aus einem und nur einem Grund: weil Jani sich ein Geschwisterchen wünschte. Bodhi ist das größte Wagnis, das ich in meinem Leben je einging. Seit fünf Jahren fahnden wir nach einem Kind, das Janis Fantasie zu teilen vermag. Vergeblich. Dies ist mein letzter, verzweifelter Versuch. Wenn ich schon kein Kind finden kann, mit dem Jani etwas anzufangen weiß, vielleicht kann ich ja eines erschaffen? „Ich finde es unfassbar, was ich jetzt sage“, flüstere ich im Dunkeln, „aber ich hoffe wirklich, dss Bodhi genau so wird wie Jani.“ (S. 39) <<< Wie bereits erwähnt geht der Plan mit dem Geschwisterchen böse nach hinten los. Michael kann auch keine Beziehung zu Bodhi aufbauen, da er ja nur damit beschäftigt ist, Jani davon abzuhalten, den kleinen Kerl zu töten. So verbringt er eigentlich kaum Zeit mit seinem Sohn. Der Vater ist wirklich auf Extremste auf seine Tochter fixiert, dass es fast schon krankhaft wirkt. Er brüstet sich damit, dass er der Einzige in Janis Leben ist, der genauso viel Fantasie wie sie hat und sich auf ihre eingebildeten Freunde einlassen kann, wenngleich auch er irgendwann an seine Grenzen stößt. Und so ist er auch oft Susan gegenüber sehr unfair, der er meist wütend die Fähigkeit abspricht, sich um ihre Tochter kümmern zu können, wie er es tut. Nur er kann es, nur er versteht Jani, nur er kann auf sie eingehen, nur er erkennt und fördert ihr grenzenloses Genie. Susan ist dann auch diejenige, die Jani zum 1. Mal ins Krankenhaus einweisen lässt, weil sie nicht mehr mit ihr klarkommt. Und von da an ist Jani immer abwechselnd zu Hause oder in psychiatrischen Anstalten. Viele können, manche wollen nicht helfen. Jani ist regelrecht resistent gegen die stärksten Medikamente. Ein Krankheitsbild wie ihres hat noch niemand an einem Kind diesen Alters gesehen, und es dauert lange, bis endlich mal jemand die mögliche Diagnose „Schizophrenie“ ausspricht. Der Leser begleitet also die Familie Schofield ab Janis 4. Geburtstag im August 2006 drei Jahre lang, verzweifelt mit den Eltern und begleitet sie bei ihrer verzweifelten Suche nach einer Heilung. Am Ende erst steht die endgültige Diagnose „Schizophrenie“ im Raum, eine unheilbare Krankheit, deren Symptome lediglich abgemildert werden können. Das Buch ist faszinierend, ich habe es ungern weggelegt, vom Schreibstil her liest es sich sehr flüssig und schnell. Auch wenn ich Janis Ausbrüche unglaublich anstrengend fand und das Verhalten der Eltern nicht immer gutheißen konnte, somit wenig Sympathie für die Familie hervorbringen konnte, so hab ich doch viel aus diesem Buch gelernt und fand die Geschichte der Schofields auf jeden Fall berührend. P.S.: Wer wissen möchte, wie es Jani und ihrer Familie mittlerweile ergeht, der kann sich im Internet eine Doku aus dem Jahr 2014 anschauen mit dem Titel „Born Schizophrenic: Jani and Bodhi's Journey“. Mittlerweile hat sich leider Michaels Wunsch erfüllt, denn Bodhi zeigt die gleichen Verhaltensmuster wie seine große Schwester.

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