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Rezension zu
The Hunger - Die letzte Reise

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Appetitlicher Siedlertreck

Von: NiWa
27.08.2018

USA. 1846 brechen 90 Menschen auf den Weg nach Kalifornien auf. Es sind Männer, Frauen und Kinder, in einem Siedlertreck, wie er damals üblich war. Diese Reise geht als ‚Donner Party‘ mit all ihrer blutrünstigen Grausamkeit in die Geschichte ein. Grundlage dieses Romans ist eine wahre Begebenheit. Die sogenannte ‚Donner Party‘, an die man schaurig gebannt denkt. Damals ist ein Treck Siedler in Richtung Kalifornien aufgebrochen. Sie verschätzten sich bezüglich Dauer und Wetter der Reise, und wurden in den Bergen ohne Lebensmittel eingeschneit. Dennoch haben einige Menschen überlebt, weil sie sich angeblich mit Kannibalismus geholfen haben. Alma Katsu erinnert an diese Siedler und hat ihnen ihren eigenen Horror-Roman geschenkt. Dabei hat sie die realen Figuren geschickt mit einem fiktiven Hergang versehen, der für mich packend zu lesen war. Diese Version der ‚Donner Party‘ wird aus den Perspektiven der Reisenden erzählt. Ich gehe hier auf die wesentlichen Figuren ein: George Donner ist der Namenspatron der ‚Donner Party‘. Als Leiter der Reise in den Goldenen Westen trägt er die Verantwortung für fast hundert Menschen. Schnell merkt man, dass er dafür wenig geeignet ist. Er weist weder Führungsqualitäten auf, noch hat er einen Plan, wie sie über die Gipfel der bedrohlichen Berge kommen. Dennoch tut er sein Bestes, damit diese Reise gut ausgeht. Ich habe Donner als unbeholfenen, grobschlächtigen Mann wahrgenommen, der sich schon mal selbst im Weg steht, obwohl er nur das Beste will. Tamsen Donner ist die Attraktivität in Person, und nicht nur deshalb als Hexe verschrieen. Sie sammelt Kräuter, fertigt Amulette, und hat sich schon manches Mal mit anderen Männern anstatt des ihrigen hingelegt. Tamsen ist eine undurchsichtige Frau, die mir lange Zeit überhaupt nicht sympathisch war. Dennoch war es faszinierend, in ihre Perspektive einzutauchen, weil sie einen wesentlichen Teil der Geschichte enthält. Edwin Bryant ist Journalist. Es treibt ihn in den Westen, wo er seine ethnologische Wissbegier stillt. Er ist an Sagen und Glauben der Indianer interessiert. Eine spezielle Überlieferung findet er äußerst bedeutungsschwer. Seine Passagen sind großteils in Briefform festgehalten, was der Erzählung eine mythische Aura verleiht. Man stelle sich vor, wie er im Wald herumirrt, und versucht, am Leben zu bleiben, und dabei Briefe schreibt! Charles Stanton steht am Rand des Trecks und übernimmt schon einmal die Führung, wenn die Situation danach drängt. Geplagt von seiner Vergangenheit, sieht er die Gegenwart als Buße für frühere Vergehen an. Für mich hatte er etwas von einem Clint-Eastwood-Typ. Er ist der Lonely-Rider der Runde, mysteriös, charmant und vernunftbegabt. Handlungstragende Charaktere sind meinem Empfinden nach Charles Stanton und Tamsen Donner, denen viel Raum in der Geschichte zugestanden wird. Speziell Stantons Part hat mich richtig gepackt. Wahrscheinlich, weil er ganz dem Bild des einsamen Cowboys entspricht. Alle Figuren haben eines gemeinsam: Sie werden von ihrer Vergangenheit gequält. Manche wollen sie auf dem Weg nach Kalifornien abschütteln, andere sehen in der beschwerlichen Reise eine Art Buße dafür. Dabei sind sämtliche Charaktere grauschattiert, sie wirken real, und Alma Katsu hat ihnen deutlich Leben eingehaucht. Die Atmosphäre der Reise hat mich vom ersten Moment an für sich eingenommen. Dieses Treck-Gebaren, wie sich die Menschen mühsam in den Goldenen Westen quälen. Sie schwitzen in der Hitze, starren vor Dreck, hungern still vor sich hin, und gehen den täglichen Arbeiten nach. Bisher habe ich nie von so einer Siedler-Reise gelesen, und allein diese Beschreibungen fand ich sehr mitreißend. Die Horror-Elemente sind beunruhigend und einigermaßen glaubwürdig - so weit es einen Horror-Roman betrifft. Abgesehen davon hätte der Roman ohne sie vielleicht besser funktioniert. Die Situation an sich - ausgelaugt, ohne Lebensmittel, eingeschneit am Pass auf sich allein gestellt - ist schon dramatisch genug. Meiner Meinung nach hätte es künstliches Grauen nicht gebraucht. Obwohl es der eintönigen Reise Thrill-Momente gibt. „The Hunger. Die letzte Reise“ ist für mich ein faszinierendes Buch, das den Staub der Prärie ins Wohnzimmer weht und die Kälte der Berge einfängt. Es bringt den Weg der Siedler in Richtung Westen näher, veranschaulicht das Leben im Treck und schildert die Existenzen dieser mutigen Menschen. Letztendlich ist es trotz ruhiger Handlung, dafür dank blutrünstiger Elemente und realem Hintergrund, schaurig-spannend zu lesen, und für Interessierte bestimmt empfehlenswert.

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