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Rezension zu
Walkaway

Cory Doctorow: “Walkaway” (Heyne)

Von: Christian Funke
29.06.2018

Wie weit würdest du für eine bessere Welt gehen? Der kanadische Science-Fiction-Autor, Journalist und Blogger Cory Doctorow wuchs laut Wikipedia in einem Aktivisten-Haushalt auf, der einen stark prägenden Einfluss auf ihn gehabt zu haben scheint. Anfang der 1990er Jahre war er Teilnehmer des renommierten Clarion Workshops für angehende Science-Fiction- und Fantasy-Autoren, der ihn ebenfalls massiv beeinflusste. Nachdem er seinen eigenen Erzählfluss, beziehungsweise „das pochende Herz einer Erzählung“, wie er es nennt, gefunden hatte, begann er Anfang der 2000er seine Karriere als Blogger und Schriftsteller. Gleichzeitig engagiert er sich für eine Liberalisierung des Urheberrechts, gegen Digitale Rechteverwaltung und für den Datenschutz. In den letzten 15 Jahren veröffentlichte er zahlreiche, oftmals preisgekrönte Romane, Sachbücher und Essays, die seinen Ruf als kritischer, scharfzüngiger Denker untermauerten, der gerne querdenkt und neue Ansätze und Ideen beleuchtet. Sein neuster Roman Walkaway spielt in der Mitte des 21. Jahrhunderts und beschreibt das Leben auf einem Planeten, der massiv vom Klimawandel gezeichnet ist und deren moderne Gesellschaft von Ultra-Reichen regiert wird, deren Entscheidungen und Vorgaben sich die Politik beugt. Eine weit fortgeschrittene Technologie bietet die Möglichkeit, Essen und Alltagsgegenstände mittels 3D-Druckern herzustellen, gleichzeitig jedoch werden die Menschen ihrer Freiheit immer verlustiger. Demgegenüber stehen die sogenannten Walkaways, deren Ziel es ist, wirtschaftliche Zwänge vollends aufzulösen. Die Protagonisten des Buches begeben sich auf den Weg, ihrem bisherigen Gesellschaftssystem zu entfliehen und Unabhängigkeit und Glück zu finden. Doch was sie wirklich entdecken, ist etwas so bahnbrechendes, dass es die Grundfesten der Menschheit erschüttern wird… Cory Doctorow möchte mit seinen Geschichten nicht eine mögliche Zukunft vorhersagen, er möchte auch nicht prophezeien oder warnen, sondern vor allen Dingen möchte er inspirieren. Auch in Walkaway zeichnet der Autor mit seinem bewussten Verzicht der klassischen dystopischen Stilmittel ein erfrischend optimistisches, komplex angelegtes Bild einer möglichen Zukunft, bei der die Idee, dass die materiellen Güter im Überfluss vorliegen würden, jedoch noch unklar sei, wie eine Gesellschaft darauf reagieren würde, detailliert und glaubhaft weitergedacht wird. Dabei erweist sich der Autor als ein pointierter Dialogist, der seine Protagonisten herrlich scharfzüngige Debatten ausführen lässt, in welchen sie das Für und Wider einer These von allen Seiten intensiv betrachten und erörtern. Dies ist faszinierend, intellektuell anregend, aber manchmal auch ein wenig über das Ziel hinaus schießend. Denn der Autor nährt sich seiner utopischen Vision weniger von der klassisch-literarischen Spannungsseite, als viel mehr der intellektuell-analytischen. Dadurch kann man sich einer durchdachten Utopie erfreuen, muss sich aber gleichzeitig auch durch einige eher ausufernde Passagen kämpfen, eher die Geschichte dann wieder an Fahrt aufnimmt. Erste Tage, bessere Nationen. Wir kämpfen weiter. Walkaway (Originaltitel: Walkaway, USA 2017) erscheint als Paperback mit Klappenbroschur in einer Übersetzung aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski bei Heyne (736 Seiten, €16,99). Im Anhang befinden sich eine Danksagung des Autors und ein Glossar mit Begriffserklärungen. Cory Doctorow ist ein so kritischer wie innovativer Querdenker, der seine Ideen in einem utopischen Roman zu bündeln versucht. Dabei erweisen sich viele seiner Ideen und Gedankenspielereien als nicht so fern der Realität. Ob dies positiv oder negativ ist, mag jeder für sich selbst entscheiden, Walkaway bietet auf jeden Fall viel Stoff, über den es sich nachzudenken lohnt. Christian Funke

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