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Rezension zu
Der weite Raum der Zeit

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Der weite Raum der Zeit – Jeanette Winterson erzählt Shakespeare

Von: Chochi Rain
25.06.2018

Shakespeares Wintermärchen ist eines der kompliziertesten Beziehungsdramen. Es fällt in eine Kategorie zusammen mit Goethes Die Wahlverwandschaften was positive Ereignisse angeht. Erzählt wird im Original, sowie in Wintersons Nacherzählung die Geschichte von Leo (Leontes), dessen bester Freund Xeno (Polixenes) einige Zeit bei ihm und seiner schwangeren Frau Mimi (Hermione) lebt. Nachdem die drei einige Zeit glücklich zusammen leben, beginnt Leon zu glauben, dass Mimi und Xeno eine Affaire haben. Er ist sich dessen so sicher, dass er sogar darauf besteht, dass ihr gemeinsames Kind nicht seines ist, sondern eigentlich zu Xeno gehört. Kurz vor der Geburt konfrontiert Leo Xeno mit seinem Verdacht und vertreibt ihn unter Todesdrohungen aus der Stadt. Als das Kind schließlich geboren wird lässt Leo es zu Xeno schicken, doch durch eine Verkettung unglücklicher Umstände gelangt es niemals dort hin. Leos Gärtner, der das Kind überbringen soll, wird auf offener Straße überfallen und ermordet. Die kleine Perdita wird von einem Vater und seinem Sohn aufgenommen und wächst als Teil ihrer Familie auf. Jahre vergehen und Perdita lernt Zel (Florizel) in einer Bar kennen und verliebt sich in ihn. Wie sich herausstellt ist er ausgerechnet Xenos Sohn, der mit ihr gemeinsam ihr Vergangenheit zu entrollen sucht. Poetische Nacherzählung, nah am Original Winterson zeigt mit ihrer Fassung von Das Wintermärchen, dass sich eine Nacherzählung nah am Original bewegen kann ohne unoriginell zu werden. Ihre Figuren sind lebendig und poetisch. Sie spielen mit Worten und schimmern im Neonlicht, welches sie ständig zu umgeben scheint. Sie bewegen sich in unserer Zeit und dennoch dazwischen. „Einer der Arbeite wollte das alles nicht, hielt es für falsch, für unmoralisch, denke ich. Für ein Zeichen der Zeit. Aber die Zeit hat so viele Zeichen, wenn wir sie alle läsen, würden wir an gebrochenem Herzen sterben.“ — Jeanette Winterson – Der weite Raum der Zeit In Der weite Raum der Zeit wird nicht nur Shakespeares Vorlage nacherzählt, es wird durch Hintergrundgeschichten erweitert. Winterson erklärt, weshalb es zu den Spannungen zwischen Leo und Xeno kommt, indem sie ihre Vergangenheit aufrollt und das erste Treffen mit Mimi schildert. Sie belebt Perditas Ziehfamilie zum Leben, indem sie Hintergrundmotive für das komplizierte Familienleben findet. Und sie gibt vor allem Perdita und Zel einen wirklich Grund dafür, weshalb sie zusammen sein wollen. Alles eingebettet in der Frage danach was Zeit ist und wie sie sich auf Beziehungen auswirkt. Dabei fokussiert sich die Geschichte in mehr oder weniger chronologischer Reihenfolge zunächst auf die Ereignisse zwischen Mimi und Leo, dann Leo und Xeno, um schließlich mit Xeno und Mimi zu schließen und den Kreis perfekt zu machen. Winterson gelingt hierbei, woran St. Aubyn bei seiner zu nahen Nacherzählung von Shakespeares King Lear gescheitert ist: Sie macht die Welt zu ihrer eigenen. Die Geschichte bleibt beinahe vollständig erhalten und dennoch schaft sie es die Geschichte in eine neue Zeit, die vollkommen losgelöst von unserer zu existieren scheint, zu transformieren. „In Booten machten wir uns auf den Weg. Die Sterne waren wie Lichter an den Spitzen unserer Masten. Wir wussten nicht, dass Sterne Fossilien sind, Abdrücke der Vergangenheit, und ihr Licht ausstreuen wie eine Botschaft, wie einen letzten Wunsch.“ — Jeanette Winterson – Der weite Raum der Zeit

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