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Rezension zu
Dunkelsprung

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Entlockt den Worten ihr Bestes!

Von: WortGestalt
05.03.2015

Wenn ich Euch von einem Wesen berichten würde, das das Licht scheut, die Dunkelheit liebt und dessen Nahrungsgrundlage Blut ist, welches es aus anderen Lebewesen saugt, wer von Euch würde dann an Flöhe denken? Die kleinen, hopsenden Parasiten gehören nicht unbedingt zu den bevorzugten Exemplaren der Tierwelt und entlocken den wenigsten Menschen wohlwollende Reaktionen. Als Romanhelden trifft man sie noch viel seltener. Es sei denn, man liest "Dunkelsprung". „Dunkelsprung“ ist der geheimnisvolle Name des neuesten Werkes von Leonie Swann, die durch ihre Schaf-Krimis „Glennkill“ und „Garou“ bekannt geworden ist. In diesen ließ die Autorin eine Schafherde zu Ermittlern werden, bescherte den Lesern damit aber weder Cosy- noch Comedy-Crime, sondern hob mit ihrem besonderen Talent für ungewöhnliche Betrachtungsweisen nicht nur die Figuren, sondern auch die Worte auf eine ganz neue Erzählebene. Und diese spezielle Note und das Gespür für ungewöhnliche Romanfiguren trägt auch „Dunkelsprung“ in sich. Es ist die Art, wie Leonie Swann Szenen beschreibt, Bilder kreiert, die Gedankengänge ihrer Figuren schildert, die einen in den Bann schlägt. Den Worten zu folgen, ist, wenn auch kein Spaziergang, dennoch ein ganz besonderes Vergnügen, weil sie so unkonventionelle Wege gehen, Dinge zu beschreiben. Als würde man eine Sache erstmal drehen, auf den Kopf stellen, von unten und von hinten beleuchten und dann erst zur Beschreibung ansetzen. Dabei entstehen neue Blickwinkel auf ganz alltägliche Einzelheiten und viele kleine Momente, in denen man staunt, einen Begriff noch nie auf diese Weise betrachtet zu haben. Allein für diese sprachlichen Pralinen lohnt es sich, das Buch zu lesen. Stilistisch auf ganzer Linie ein Gewinn. Auch Idee hinter „Dunkelsprung“ ist schlicht fantastisch ist, fantastisch im Sinne von zauberhaft, wundersam und extravagant. Die Geschichte ist voller Kuriositäten, sie ist abenteuerlich, unwahrscheinlich und außergewöhnlich, dabei auch kauzig und eigenwillig und doch auch klug und poetisch. Es geht im Wesentlichen darum, dass Dinge nicht immer so sind, wie sie auf den ersten Blick scheinen, dass Vernunft und Realität manchmal Verhandlungssache sind und dass man gar nicht so schlecht beraten ist, das Unwahrscheinliche immer als eine Möglichkeit zu betrachten. Im Mittelpunkt der Handlung stehen der Goldschmied und Flohzirkusdirektor Julius Birdwell, die geheimnisvolle Dame Elizabeth Thorn, der verträumte Privatdetektiv Frank Green, eine Meerjungfrau, eine Horde Flöhe (unter ihnen auch Lazarus Dunkelsprung, ein Albinofloh) und der Magier Isaac Fawkes. Die Geschichte, die diese Figuren zusammenführt, kann man eigentlich kaum wiedergeben. Der Klappentext (zu lesen mit einem Klick oben auf das Buchcover) ist in diesem Falle tatsächlich das aufschlussreichste, was man vorab zum Inhalt sagen kann. Und der wird einem wahrlich nicht geschenkt, ich musste der Handlung an einigen Stellen wirklich sehr aufmerksam folgen, da ich mich schnell in der sehr inspirierenden Sprache und der Kreativität der Autorin verlor und selbst ins Träumen und Nachdenken geriet. Hinzu kommt, dass diese Geschichte einem wirklich ruhigem Tempo folgt, ja fast schon zeitlupenhaft an mir vorüberzog und mich in eine sehr gemächliche Stimmung versetzte. Das war zwar sehr entspannend, aber auch ein klein wenig schleppend. Dazu waren die Figuren mitunter sehr rätselhaft und schon so geheimnisvoll, dass ich fast vergaß, neugierig und gespannt zu sein. Auch der Spannungsbogen wusste davon nicht viel, straffte sich zwischendurch zwar anstandshalber immer mal wieder, hing aber doch meist ganz relaxt durch und baumelte so vor sich hin. Mir fehlte hier ein wenig Druck, ein wenig Tempo, oder einfach das Vermögen, mal einen Gang herunterzuschalten und mich der bedächtigen Art des Buches hinzugeben. Fazit: „Dunkelsprung“ ist gleichermaßen extravagant und verträumt, originell und ungewöhnlich, ein Märchen für Erwachsene, die ihre Fantasie gern ein wenig fordern und aus der Reserve locken wollen. Die Sprache von Leonie Swann trägt dazu bei, eine wundersame Geschichte poetisch zu verpacken, Dinge aus neuen Perspektiven zu betrachten und den Worten ihr Bestes zu entlocken. Auch wenn bei Tempo und Spannungsbogen für meinen Geschmack ein wenig zu zart vorgegangen wurde und die Geschichte dadurch ein paar Längen mitbringt, lohnt sich diese kleine Auszeit vom Gewöhnlichen.

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