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Rezension zu
Die Frau im hellblauen Kleid

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Interessante Idee, aber leider nicht ganz überzeugende Umsetzung...

Von: Ruby-Celtic
18.11.2017

"Gastrezension meiner Schwester" Von einem Buch, welches niemand anderen als Franz Kafka selbst als seinen Mottogeber vorgibt, habe ich gerade in Sachen Schreibstil leider etwas mehr erwartet. Beate Maxian schafft es meiner Meinung nach nicht, dem Wien der 1920er Jahre durch ihre Wortwahl Leben einzuhauchen. Zu modern sprechen die Figuren, um einen in die Vergangenheit zu versetzen, zu flach sind die Dialoge zwischen eigentlich interessanten Charakteren. Da hilft es auch nicht, immer wieder Kutschen und Pflastersteine zu erwähnen, wenn sich die selbstbewussten Schauspieltalente der Vorkriegszeit rund um die Hauptfigur Käthe Schlögel wie Großstadtweiber des 21. Jahrhunderts präsentieren. Zudem neigt Maxian leider dazu, die Hintergründe ihrer Figuren platt im Text darzulegen, anstatt diese subtil im Roman zu verstreuen und den Leser Geheimnisse und Gefühle selbst entdecken zu lassen. Die Fehde zwischen den verfeindeten Familien wird stur heruntererzählt, anstatt den schwelenden Hass zwischen den Buchseiten lodern zu lassen. Im Gegenzug bleiben eigentlich interessante Szenen, wie etwa die Reaktion von Käthes Eltern auf die Schauspielambitionen ihrer Tochter und deren spätere Reise nach Prag, oder das erste Treffen zwischen Käthe und Jakob und die Entwicklung der Gefühle zwischen ihnen, außen vor. Maxian täte meiner Meinung nach gut daran, Inhalte nicht zu berichten, sondern in Dialogen und Gedanken der Figuren zu verweben. Eine gute Geschichte möchte nicht informieren, sie möchte erleben lassen. Gerade die Spannungen und Ängste, die der jüdische Jakob ob des steigendes Judenhasses im Europa der 1920er und 30er verspürt, hätten es möglich gemacht, als Autor eine besonders tiefe, emotionale Beziehung mit dem Leser einzugehen. Dies gelang Maxian in meinem Fall gar nicht. Die Defizite im Bereich der Sprachwahl haben es mir bei der Lektüre des Romans sehr schwer gemacht, mich wirklich in die Geschichte hineinzuversetzen und die Figuren lieben zu lernen. Das ist besonders deshalb schade, da der Plot und auch die Charaktere einiges an Potential bergen. Es wird ganz deutlich, dass Maxians Herzblut in diesem Buch steckt. Liebevoll strickt sie eine Geschichte, die sich über vier Generationen und fast 100 Jahre erstreckt und die vom Verlauf her durchaus spannend geschrieben ist. Über manches Klischee täuscht sie geschickt mit kleineren Kniffen hinweg und sorgt somit dafür, dass sich die Familiengeschichte des Schauspielerclans gleichzeitig als realistisch und besonders präsentiert. Zweifelsohne steckt auch ein beachtlicher Teil an geschichtlicher und geographischer Recherche in dem Roman, die den erwähnten Realismus der Geschichte unterstützen. Und nicht zuletzt gefallen mir vor allem die starken Frauenfiguren, die in jeder Generation ganz neue, eigene Hindernisse überwinden müssen und an diesen wachsen. Schlussendlich scheitert hier für mich eine sehr gut geplante und strukturierte Geschichte an Mängeln in der sprachlichen Umsetzung. Wer über dieses Defizit hinwegsehen kann, den erwartet jedoch trotz allem eine interessante Handlung und ein Ensemble vielschichtiger Charaktere.

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